Kryptokrise : „Es tut mir wirklich leid“
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Sam Bankman-Fried, der Gründer der Kryptobörse FTX Bild: Bloomberg
Sam Bankman-Fried wollte die Kryptowelt hoffähig machen. Die jüngsten Turbulenzen zeigen: Sie ist nicht übermäßig relevant. Zum Glück.
Die Woche des dramatischen Niedergangs der Kryptobörse FTX endete an den klassischen Finanzmärkten mit kräftigen Kursgewinnen. Die Aktienbörsen zeigten sich ungerührt von der Kernschmelze in der Kryptowelt. Das ist ein starker Indikator für makroökonomische Irrelevanz. Wie anders war das 2008. Als sich Banken verzockt hatten, brachen die Börsen ein. Regierungen sahen sich zu Rettungsaktionen gezwungen, weil sie zentrale Funktionen der Finanzinstitute in Gefahr sahen: die Versorgung der Wirtschaft mit Kredit für Investitionen und Konsum.
Die Kryptowelt-Krise, die jetzt nach einer Serie von Pleiten im Untergang der milliardenschweren Kryptobörse FTX eskalierte, produziert offenkundig kein Konjunkturrisiko. Es gibt kaum Verschränkungen der Kryptowelt mit der realen Wirtschaft, abgesehen von Millionenausgaben für Werbung, Lobbyismus und Software.
Selbst der große theoretische Vorteil sogenannter Kryptowährungen, dass sie die Kosten für Finanztransaktionen senken, konnte sich bisher nicht zeigen. Gewöhnliche Güter werden nicht in Krypto bezahlt, selbst der experimentierfreudige Unternehmer Elon Musk stellte die Möglichkeit, Teslas mit Bitcoin zu kaufen, nach einem Probebetrieb wieder ein. „So viel in der Krypto-Finanzwelt sind Kredite in Krypto für Anlagen in Krypto“, schreibt der Ökonom und Blogger Joey Politano.
Geldgeber der Demokraten
Und das trotz der unermüdlichen Bemühungen des FTX-Gründers und vermeintlichen Krypto-Wunderkinds Sam Bankman-Fried. Er verfolgte einen zunächst paradox wirkenden Plan, wie das Randfichten-Dasein seines Metiers beendet werden könnte: mit scharfer Regulierung. Sein zentraler Gedanke war, dass Regulierung den Zugang zu den großen Finanztöpfen öffnet: den Pensionsfonds, den Versicherungen, den betrieblichen Wertpapier-Sparplänen vieler Amerikaner.
Seine Motivation legte er in der „Washington Post“ offen: „Wenn man jetzt mit den meisten Institutionen spricht, dann sind sie interessiert, aber nur oberflächlich. Damit sie sich aber sicher und gut aufgehoben fühlen, den großen Schritt in das Ökosystem der digitalen Assets zu gehen, brauchen sie regulatorische Klarheit.“ Anders ausgedrückt: Krypto sollte volkswirtschaftlich relevant werden.
All die verwirrenden Nachrichten um Bankman-Frieds Aktivitäten in Washington bekommen einen neuen Sinn mit dieser Deutung: Er war einer der wichtigsten Geldgeber für die Demokratische Partei in diesem Jahr. Laut Open Secret spendete er 40 Millionen Dollar. Der Großteil davon ging an demokratische Politiker und politische Kampagnen der Partei. Aber auch Republikaner kamen in den Genuss von Bankman-Frieds Zuwendungen. Die politischen Spenden flankierten umfassende Lobbyaktivitäten, die vor allem auf Mitglieder des Agrarausschusses im Kongress zielten, die Einfluss auf Regulierungsgesetzgebung haben. Im Frühling dieses Jahres sagte Bankman-Fried der Zeitung „Politico“, er erwäge, 2024 bis zu eine Milliarde Dollar zu spenden, um im Präsidentschaftswahlkampf zu helfen. Später räumte er ein, er hätte das lieber nicht sagen sollen.