Kreditklemme befürchtet : Neue Stolpersteine für den Aktienmarkt
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Kaum ist die Finanzkrise in den Hintergrund gedrängt, da drohen dem Aktienmarkt neue Hindernisse: der starke Euro und der hohe Ölpreis.
Mancher Anleger wird sich verwundert die Augen reiben. Trotz der schwelenden Finanzkrise liegt der Deutsche Aktienindex Dax schon wieder nahe dem Rekordhoch und gut 20 Prozent höher als zu Jahresbeginn. Doch die Hausse steht auf wackeligen Füßen. Die durch das Misstrauen unter den Banken verursachte Schockstarre auf dem Geldmarkt lässt immer noch eine Kreditklemme befürchten.
Hinzu kommt nun, dass sich zwei weitere Hemmnisse für den Aktienmarkt aufgebaut haben: Der Euro ist mit rund 1,43 Dollar so hoch bewertet wie nie, was die europäische Exportwirtschaft belastet. Zugleich ist der Preis für Rohöl auf ein Rekordhoch gestiegen. Das Barrel zu 159 Litern kostet in Amerika rund 90 Dollar, viermal mehr als zu Beginn des Jahrzehnts.
„Die Preisbewegungen sind nicht abrupt gewesen“
Dennoch geben sich die meisten Experten gelassen. „Natürlich können starke Aufwertungen der Währung und eine rasche Verteuerung des Öls bremsen“, sagt Klaus Wiener, Chefökonom des italienischen Versicherers Generali. „Aber das ist ja gar nicht der Fall. Die Preisbewegungen sind nicht abrupt gewesen.“ Für die Exportwirtschaft sei viel wichtiger, ob auf ihren Absatzmärkten Vermögen und Einkommen wachsen.
Diese Voraussetzung sei insbesondere in vielen Schwellenländern erfüllt. Zudem seien die Vereinigten Staaten längst nicht mehr der alles dominierende Handelspartner für die europäische Wirtschaft. Ihr Anteil an den Exporten von Gütern sei seit dem Jahr 1999 von 16,2 auf 14,6 Prozent zurückgegangen. Im selben Zeitraum sei der Anteil Asiens (ohne Japan, Türkei und Russland) von 17 auf 24 Prozent gestiegen. Dem belastenden Effekt des starken Euro auf die Exportwirtschaft stehe auch eine Entlastung gegenüber. Denn Importe werden billiger.
Genügend Spielraum für Unternehmen
„Die Ölpreisentwicklung und die Stärke des Euro-Kurses gegenüber dem Dollar kompensieren sich“, sagt Andreas Gruber, der für die Kapitalanlage des Lebensversicherers Allianz Leben verantwortlich ist. Deshalb ergäben sich aus beiden Faktoren keine gravierenden Auswirkungen auf die europäischen Aktienmärkte. Gleichwohl glaubt Gruber, dass sich die Risiken für die Konjunktur in den vergangenen Wochen erhöht haben, was die positive Entwicklung der Aktienkurse dämpfen könne.
Auch Christoph Niesel, Fondsmanager bei Union Investment, hält die Aufwertung des Euro und den hohen Ölpreis noch nicht für eine akute Belastung der europäischen Aktien. Noch sei die Nachfrage nach europäischen Produkten wegen des starken Wachstums der Weltwirtschaft groß genug, um diese Faktoren auszugleichen. Es gebe für die Unternehmen genügend Spielraum, die höheren Energiekosten auf die Abnehmer zu überwälzen. Außerdem seien die deutschen Unternehmen im Durchschnitt noch nie so gut auf die Euro-Aufwertung vorbereitet gewesen wie heute. Seit etwa zwei Jahren rechneten sie mit einer Aufwertung des Euro und hätten sich entsprechend mit Derivaten abgesichert.
Gleichwohl wird der hohe Außenwert des Euro für einzelne Branchen schon jetzt zu einer ernsten Belastung. Niesel nennt als Beispiel EADS. Die Gesellschaft produziere ihre Flugzeuge fast ausschließlich im Euro-Raum, verkaufe aber zu einem großen Teil an Abnehmer, die in Dollar bilanzieren. Andere Unternehmen hätten sich zwar gegen einen festen Euro abgesichert, sagt Gerard Piasko, Chefstratege bei der Schweizer Privatbank Julius Bär. Doch sie hätten das zu einem niedrigeren Euro-Kurs getan. „Es wird einige Branchen geben, in denen die schwächeren Einnahmen aus dem Dollar-Raum auf die Resultate durchschlagen“, sagt Piasko. Er rate deshalb zu einer Untergewichtung europäischer Aktien.