KPMG lehnt ab : Adler steht ohne Wirtschaftsprüfer da
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Markenzeichen von Adler Real Estate auf einem Smartphone: Die deutsche Tochter des Immobilienunternehmens findet keinen Wirtschaftsprüfer. Bild: Picture Alliance
Das kriselnde Immobilienunternehmen ist schlechte Nachrichten gewohnt. Trotz Gerichtsbeschluss keinen Wirtschaftsprüfer zu finden, ist aber selbst für Adler ein ungewöhnlich schwerer Rückschlag.
Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG lehnt es ab, die Bilanz der Adler-Tochtergesellschaft Adler Real Estate für das Jahr 2022 zu prüfen. Darüber hat die Muttergesellschaft Adler Group am Mittwochabend in einer Pflichtmitteilung für die Börse informiert. Anfang Januar hatte ein Berliner Gericht KPMG zum Abschlussprüfer für Adler bestellt, nachdem das Unternehmen eine gerichtliche Bestellung erwirkt hatte. Doch auf diesem juristischen Weg lässt sich das Mandat nicht erzwingen.
Ein Sprecher des Prüfungsunternehmens teilte am Donnerstag dazu mit: „KPMG ist nach eingehender Würdigung des Beschlusses des Amtsgerichts Charlottenburg vom 5. Januar 2023 zur Bestellung der KPMG zum Abschlussprüfer des Einzel- und Konzernabschlusses für das Geschäftsjahr 2022 der Adler Real Estate AG sowie unter Berücksichtigung der gesamten Umstände zu dem Ergebnis gelangt, diese Prüfung nicht anzunehmen.“ KPMG spielt also nicht mit.
Die erfolglose Suche von Adler nach einem Wirtschaftsprüfer ist ohne Beispiel. Der Prüfauftrag ist besonders heikel, weil das Unternehmen schon seit langer Zeit Zweifel an seinen Bilanzen nicht vollständig ausräumen kann. Hinzu kommt, dass der Wirecard-Skandal aus dem Jahr 2020 gezeigt hat, wie hoch Reputationsschäden und Haftungsrisiken für Wirtschaftsprüfer werden können, wenn sie Unternehmen mit undurchsichtigen Bilanzen prüfen.
Adler und KPMG verbindet eine brisante Vorgeschichte. In der Vergangenheit war die luxemburgische Mitgliedsgesellschaft des internationalen KPMG-Netzwerks für die jährliche Prüfung der Bilanzen der Adler-Muttergesellschaft Adler Group mit Sitz in Luxemburg zuständig. Die deutsche Mitgliedsgesellschaft von KPMG wiederum wurde von Adler mit einer forensischen Sonderprüfung beauftragt, um Zweifel an den Bilanzzahlen und schwere Vorwürfe eines Leerverkäufers auszuräumen. Das gelang jedoch nicht im erwünschten Umfang.
Stattdessen versagte KPMG Ende April 2022 das Bilanztestat für die Adler-Gruppe für das Geschäftsjahr 2021 und lehnte es ab, das Immobilienunternehmen weiter zu prüfen. Seitdem suchte Adler händeringend nach einem neuen Wirtschaftsprüfer und zog schließlich vor Gericht, um einen Prüfer bestellen zu lassen. Doch selbst das hat jetzt nicht geklappt. Für Adler stellt sich damit die bange Frage, wie sich unter diesen Umständen künftig noch Investoren und Gläubiger überzeugen lassen sollen, dem Unternehmen dringend benötigtes Geld zur Verfügung zu stellen. Adler gibt sich trotz allem optimistisch und will weiter an einer Lösung arbeiten, wie zu hören ist.
In einer spontanen Einschätzung auf dem sozialen Netzwerk Twitter erwartet der Rechtsanwalt Marc Liebscher von der Anlegerschutzgemeinschaft SdK schwerwiegende Folgen. Er geht davon aus, dass Adler jetzt wohl endgültig ohne Wirtschaftsprüfer dasteht, sodass Banken ihre Darlehen gemäß gesetzlichen Regeln fällig stellen müssten. Auch die Unternehmensanleihen im Milliardenvolumen, auf die Adler einen großen Teil der Finanzierung stützt, verlangen eine geprüfte Bilanz. Mit einigen wichtigen Anleihegläubigern konnte Adler allerdings im vergangenen Jahr eine Gnadenfrist bis Ende Dezember 2023 aushandeln.
Am Donnerstagmorgen teilte die Adler Group zudem mit, dass man sich mit einer „ausreichenden Mehrheit der Anleihegläubiger“ über den Weg zur Umsetzung der Änderungen der Bedingungen einer Anleihe geeinigt habe. Adler hatte dies zunächst auf dem Weg einer Gläubigerabstimmung versucht, aber den erforderlichen Schwellenwert nicht erreicht. Nun habe man sich auf einen Restrukturierungsplan nach englischem Recht geeinigt.