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Börse in Italien : Unicredit zieht Italiens Aktien nach oben

Unicredit liegt vor Ferrari: Hauptsitz der Bank in Mailand Bild: Visum

Die Aktienkurse in Italien liegen seit Jahresbeginn zweistellig im Plus. Die Papiere gelten noch als vergleichsweise günstig.

          3 Min.

          Bankenkrise? Welche Bankenkrise? Solche erstaunten Ausrufe kann man derzeit in einem Land hören, von dem man es nicht auf den ersten Blick erwartet: Italien. Das liegt vor allem an einer Bank, der zweitgrößten des Landes – der Unicredi t , zu der auch die Hypovereinsbank gehört. Keine Aktie in Italien hat in diesem Jahr ihren Wert stärker gesteigert. Satte 44 Prozent beträgt das Plus seit Jahresbeginn. Im Zwölfmonatsvergleich liegt der Zu­wachs bei mehr als 84 Prozent und in­nerhalb von drei Jahren bei 184 Prozent. Selbst ein Ferrari kann da nicht mithalten. Die Aktie des italienischen Luxusherstellers ist seit Beginn des Jahres nur der zweitbeste Wert vor dem Rüstungskonzern Leonardo.

          Christian Schubert
          Wirtschaftskorrespondent für Italien und Griechenland.

          Der 2022 angetretene Unicredit-Vorstandsvorsitzende, der Italiener Andrea Orcel, hat die Bank übernommen, nachdem sein französischer Vorgänger Jean Pierre Mustier einen Großteil der Sanierungsarbeiten erledigt hatte. Doch Orcel drückt ihr noch mal seinen eigenen Stempel auf, lässt von kostspieligen Übernahmen ab und macht das Ge­schäft stromlinienförmiger. Dabei führt er die rund zwanzig Märkte, auf denen seine Bank aktiv ist, in einer Mischung aus langer Leine und präziser Fernsteuerung. Und er schüttet aus den satten Gewinnen viele Milliarden an die Eigentümer aus oder kauft Aktien zu­rück. Reihenweise haben die Brokerhäuser ihre Empfehlungen angehoben. Die Berenberg-Bank beispielsweise sieht für die bei rund 19 Euro notierende Aktie ein Potential bis auf 25 Euro. UBS glaubt sogar an 31,50 Euro.

          Überhaupt kann sich der italienische Aktienindex FTSE-MIB in diesem Jahr sehen lassen. Nach einem Minus von rund 13 Prozent im vergangenen Jahr hat er seit Anfang Januar ein Plus von gut 16 Prozent hingelegt, deutlich besser als etwa der Index S&P-500. Banken und Energieunternehmen haben in dem italienischen Index traditionell ein starkes Gewicht. Neben Unicredit sorgen etwa die Energieunternehmen Enel, A2A und Saipem für Auftrieb. Dabei profitieren die Papiere aus Italien von einer vergleichsweise günstigen Bewertung: Nach Angaben von Morgan Stanley liegt das Verhältnis zwischen Kurs und den für 2023 vorhergesagten Gewinnen in Mailand für den Index FTSE-MIB durchschnittlich nur bei 8,9. Dagegen weist der Dax 11,4 auf und der Eurostoxx-50 12,3. Die amerikanischen Indizes sind noch einmal deutlich höher bewertet.

          Dazu passt, dass sich die Aussichten für das Wachstum der italienischen Volkswirtschaft etwas aufhellen. Die EU-Kommission rechnet jetzt mit einem Zuwachs des Bruttoinlandsprodukts von 1,2 Prozent, nachdem sie im Winter noch auf 0,8 Prozent getippt hatte. Damit würde das italienische Wachstum in diesem Jahr knapp über dem EU-Durchschnitt liegen. Nach dem Schub von 3,7 Prozent im Vorjahr erscheint eine Schrumpfung auf nur noch rund ein Drittel zwar unvermeidbar. Doch die vor einiger Zeit noch befürchtete Rezession ist abgewendet. Seit dem Einbruch durch die Pandemie ist die italienische Wirtschaft wieder um 12 Prozent ge­wachsen, wenn die Prognose für 2023 zu­trifft, betonte der italienische EU-Kommissar Paolo Gentiloni und fügte hinzu, dass Deutschland und Frankreich anders als Italien in diesem Jahr wohl keine 1,2 Prozent Wachstum schaffen würden, sondern weniger.

          Sorgen bereitet allerdings das um­fangreiche Hilfsprogramm des europä­ischen Wiederaufbauplans. Italien hat Probleme, die rund 190 Milliarden Euro, die dem Land zustehen, fristgerecht bis 2026 auszugeben. Seit dem zweiten Halbjahr 2022 kommt es zu Verzögerungen, auch wegen der gestiegenen Inflation. Die Regierung arbeitet an einer Revision der Liste für die verschiedenen Infrastrukturprojekte, doch das zieht sich in die Länge. Auch eine Reihe mittelgroßer Unternehmen kann von der Geldflut profitieren, wenn denn die schwerfällige italienische Staatsverwaltung in die Gänge kommt. Darauf verweist die Investmentbank Mediobanca aus Mailand. Sie sieht derzeit den Baukonzern Webuild und den Bahngleis-Konstrukteur Salcef als einen der Gewinner der Finanzspritze aus Brüssel, denn im Bahnsektor tut sich bisher am meisten.

          Bei den von Mediobanca bezeichneten „digitalen Helfern”, die den Digitalisierungsschwerpunkt des europäischen Wiederaufbauplanes abdecken, sind konkrete Aufträge dagegen weniger an­gekommen. Die Investmentbank zählt dazu die Unternehmen Reply, Sesa, Tinexta, Digital Value und Alkemy. In jüngerer Zeit haben die mittelgroßen Unternehmen Italiens an der Börse daher auch schlechter abgeschnitten als die großen.

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