Zalando & Rocket Internet : Mies an der Börse
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Zalando-Börsengang: Jetzt wird der Müll weggeräumt Bild: dpa
Die Aktionäre von Zalando und Rocket Internet müssen an den ersten Börsentagen heftige Verluste hinnehmen. Nun erscheinen die Börsengänge in einem neuen Licht. Nur die Samwer-Brüder sind jetzt Milliardäre.
Die Aktien des Online-Modehändlers Zalando und der Internet-Holding Rocket Internet haben einen wenig erfolgreichen Börsenstart gehabt. Zalando schaffte es am Mittwoch, dem ersten Tag an der Börse, gerade einmal nicht unter den Ausgabepreis von 21,50 Euro zu rutschen. Heute fiel der Kurs um fast 12 Prozent auf nur noch 19 Euro. Rocket Internet hielt noch nicht einmal den ersten Tag durch: Mit 37 Euro schloss der Handel rund 13 Prozent unter dem Ausgabepreis.
Dabei hatte alles so schön ausgesehen. Für jede vorhandene Aktie waren bei Zalando zehn nachgefragt worden, auch Rocket soll mehrfach überzeichnet gewesen sein. Der Medienrummel war gigantisch, die Brüder Samwer, die als Großaktionäre hinter den Firmen stehen, wurden ausführlich porträtiert.
Warum also die schlechte Entwicklung? Anscheinend ließen sich die Anleger nun doch nicht blenden, nur weil Internet auf den Aktien stand. Die Erfahrung hatte ja schon im Mai 2012 Facebook machen müssen: Für 38 Dollar bei starker Nachfrage verkauft, wurde für die Aktien im darauffolgenden September nur noch weniger als die Hälfte bezahlt. Der Grund war die Kombination aus einer hohen Bewertung und der seinerzeit ungeklärten Frage, ob Facebook ein funktionierendes Geschäftsmodell für das mobile Internet habe.
Genau dasselbe trifft auch bei den beiden Firmen der Samwer-Brüder zu. Ein Unternehmenswert von mehr als 5 Milliarden Euro sowohl für Zalando, als auch für Rocket Internet katapultierte zwei Firmen, die gerade der Kinderstube entwachsen waren, unter die Top 50 der deutschen Aktiengesellschaften – vor den Betreiber des Frankfurter Flughafens, Fraport, die Optikerkette Fielmann und den Chemiekonzern Lanxess.
Allein dies reichte schon für Skepsis aus. Zumal Zalando, gemessen an Gewinn und Umsatz, deutlich teurer ist als seine Wettbewerber. Und deren Aktienkurse stehen seit Jahresbeginn unter Druck, obwohl sie im Gegensatz zu Zalando schwarze Zahlen bringen.
Zalando quälte sich im ersten Halbjahr mit Ach und Krach über die Nulllinie – der Nachweis nachhaltiger Profitabilität steht noch aus. Rocket Internet ist davon weit entfernt. Große Sprüche, schrilles Image, rasant steigende Umsätze – für viele Anleger klingt das dann doch eine Spur zu sehr nach dem Neuen Markt.
Die Tatsache, dass Zalando erst am zweiten Börsentag auf Tauchstation geht, dürfte wohl der Kurspflege geschuldet sein. Insider berichteten, die Makler seien mit der ersten Kursstellung zur Eröffnung des Börsenhandels von 24 zu 27 Euro, weit über dem Ausgabepreis, unglücklich gewesen. Sie hielten diese Kurse für zu hoch, weil Anschlussaufträge fehlten, aber sie konnten nicht mehr zurück: Damit hätten sie den Handelsstart verzögert, und dann wären die Probleme erst richtig deutlich geworden.
Auch die wenig nachvollziehbare Entscheidung Zalandos, den Ausgabepreis auf 21,50 Euro unter der Obergrenze der Angebotsspanne anzusetzen, dürfte die Stimmung deutlich abgekühlt haben. Man habe die richtigen Investoren haben wollen, obwohl mehr als genug Aufträge für 22,50 Euro vorgelegen hätten. Was kann das heißen? Kamen die Aufträge für 22,50 Euro von Anlegern, die für ihre kurzfristige Orientierung bekannt waren? Und warum wollten dann Langfristanleger keine 22,50 Euro bezahlen?
Im Nachhinein hätte man auch bei Rocket Internet klüger sein können. Dessen Eigentümer zogen in einem ungewöhnlichen Schritt den Tag des Börsengangs um eine Woche vor, genau auf den Tag nach dem Start der Zalando-Aktie. Jetzt, erscheint diese Entscheidung in einem anderen Licht. Hätte die Zalando-Aktie ihren miesen Börsenstart während der Zeichnungsfrist von Rocket Internet hingelegt, so wäre es womöglich zur massenhaften Stornierung von Zeichnungsaufträgen gekommen.
Eine reine Vermutung, gewiss. Doch dass es die Eigentümer eilig hatten, ist bekannt. Die Tatsache, dass Rocket Internet nur im schwach regulierten Entry Standard notiert wird, wurde damit begründet, dass man für den Prime Standard mehr Zeit gebraucht hätte. Warum aber die Eile?
Es stellt sich abermals die grundlegende Frage nach dem Sinn von Börsengängen: Entweder wird das Geld gebraucht, oder man hat Angst, dass man für das Unternehmen bald schon erheblich weniger bekommt. Bekommen haben die Samwers jedenfalls genug. Ihre Beteiligungen haben einen Wert von knapp drei Milliarden Euro, nachdem ihr Vermögen zuvor auf 350 Millionen Euro geschätzt wurde.
Eine Hoffnung bleibt den Zalando-Aktionären. Als sich bei Facebook herauskristallisierte, dass das Unternehmen auch im mobilen Internet erfolgreich sein kann, gab es kein Halten mehr: Heute kostet die Facebook-Aktie doppelt so viel wie beim Börsengang. Wenn Zalando beweisen kann, dass es mehr drauf hat als schrille Werbung, sondern auch Geld verdienen kann, könnte sich der Kurs wieder erholen.
Die Aktuellen Börsenkandidaten
Deutsche Pfandbriefbank (pb, ehemals Hypo Real Estate)
Zeitpunkt: erwartet Juli 2015
Eigentümer: BR Deutschland
Bewertung: nicht bekannt
Volumen: rund 100 Millionen Aktien (mindestens 75,1 Prozent)
Banken: HRE Citigroup Global Markets, Deutsche Bank, J.P. Morgan, Commerzbank, Joh. Berenberg, Gossler & Co.
Jost
Zeitpunkt: September 2015 erwartet
Eigentümer: Cinven
Bewertung: geschätzt 700 Millionen Euro
Volumen:
Banken: Rothschild, J. P. Morgan, Deutsche Bank und Commerzbank
German Startups
Zeitpunkt: eventuell 2015
Segment: Entry Standard
Eigentümer: Christoph Gerlinger und Nikolas Samios
Bewertung: k.A.
Volumen: 60 bis 70 Millionen Euro, reine Kapitalerhöhung
Banken: Commerzbank, Hauck & Aufhäuser, BHF-Bank, Quirin Bank
Covestro
Zeitpunkt: bis Mitte 2016
Eigentümer: Bayer
Bewertung: geschätzt 8 Milliarden Euro
Volumen: offen
Banken: offen
Edag
Zeitpunkt: 2. Halbjahr 2015
Eigentümer: Aton GmbH (Familie Helmig, Helios-Kliniken)
Bewertung: rund 1 Milliarde Euro
Volumen: offen
Banken: offen
Bombardier Transportation
Zeitpunkt: 4. Quartal 2015
Eigentümer: Bombardier
Bewertung: k.A.
Volumen: Minderheitsanteil
Banken: UBS, Citigroup
Trelleborg-Vibracoustic
Zeitpunkt: eventuell 2015
Eigentümer: Freudenberg, Trelleborg
Bewertung: k.A.
Volumen: offen
Banken: offen
Armacell
Zeitpunkt: eventuell 2015
Eigentümer: Charterhouse Capital Partners
Bewertung: mehr als 600 Millionen Euro
Volumen: rund 300 Millionen Euro
Banken: Deutsche Bank, Bank of America Merrill Lynch
Scout 24
Zeitpunkt: eventuell 2015
Eigentümer: Hellman & Friedman (49 Prozent), Blackstone (21 Prozent), Deutsche Telekom (30 Prozent)
Bewertung: ca. 2 Milliarden Euro
Volumen: rund 500 bis 700 Millionen Euro (für 25 Prozent der Anteile)
Banken: Goldman Sachs, Credit Suisse als Koordinatoren (erwartet)
Siemens Audiologische Technik
Zeitpunkt: offen
Eigentümer: Siemens AG
Bewertung: ca. 2 Milliarden Euro
Volumen: möglicherweise als Spin-off mit Ausgabe von Aktien an Siemens-Aktionäre
Banken: Auswahl in Kürze erwartet
Hapag-Lloyd
Zeitpunkt: Anfang 2016
Eigentümer: Compania Sud Americana de Vapores (34%), Stadt Hamburg (23,2%), Kühne Maritime (21%), Tui (13,9%), andere
Bewertung: ca. 6 bis 6,5 Milliarden Euro
Volumen: möglicherweise als Spin-off mit Ausgabe von Aktien an Siemens-Aktionäre
Banken: Auswahl in Kürze erwartet
Otto Bock
Zeitpunkt: 2017 oder 2018
Eigentümer: Familienunternehmen
Bewertung: k.A.
Volumen: offen
Banken: offen