Sparkassen-Zahlen : Von 3600 Euro netto bleibt jetzt nichts mehr übrig
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Vieles ist deutlich teurer: Kundin im Supermarkt Bild: dpa
Die rasant steigenden Preise für Energie und Nahrungsmittel zwingen viele Haushalte dazu, ihr Erspartes aufzubrauchen. Die Sparkassen haben eine Horror-Zahl dazu ausgerechnet. Auch Firmen leiden.
Die Sparkassen warnen vor den verheerenden Folgen, welche die stark steigenden Preise schon jetzt in Deutschland haben. Bei den aktuellen Preissprüngen vor allem für Energie und Nahrungsmittel benötigten 60 Prozent der privaten Haushalte ihre gesamten monatlichen Einkünfte und mehr, um die laufenden Ausgaben zu decken, sagte Helmut Schleweis, der Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes am Dienstag auf einer Pressekonferenz. Nach Berechnungen der Sparkassen hätten Haushalte mit einem monatlichen Nettoeinkommen von weniger als 3600 Euro derzeit am Monatsende kein Geld mehr übrig und müssten Lücken dann teilweise durch ihre eigenen Ersparnisse schließen.
An die Bundesregierung appellierte der Sparkassen-Präsident daher, bei geplanten Entlastungspaketen insbesondere diese Einkommensgruppen zu bedenken. Denn gerade die Haushalte, die bislang gut mit den eigenen Einkünften über die Runden gekommen seien, müssten nun dringend in mehr Energieeffizienz und Ähnliches investieren. Zudem dürfte sich ein verändertes Konsumverhalten der Privatleute zunehmend auf Wirtschaftszweige wie die Gastronomie, den Einzelhandel und viele Dienstleistungen auswirken.
Unternehmen am Rand der Belastungsgrenze
Welche Folgen die stark gestiegenen Preise insbesondere für Energie im Mittelstand haben dürften, stand im Fokus der Pressekonferenz, für die die Sparkassen die Lage ihrer 300.000 Firmenkunden ausgewertet haben. Schleweis’ Fazit: „Alle deutschen Unternehmen sind jetzt von massiven Steigerungen der Energiepreise betroffen. Besonders für die energieintensiven Betriebe bedeutet das einen massiven und oft allein nicht zu bewältigenden Anstieg bei den Produktionskosten.“ Die stark gestiegenen Preise für Gas und auch Strom brächten auch Unternehmen an den Rand der Belastungsgrenze, die an sich grundsolide aufgestellt seien. „Wenn wir gemeinsam die wirtschaftliche Bedrohung durch Russland bestehen wollen, dann benötigen diese Unternehmen Hilfe.“ Das wirksamste Mittel sei aus seiner Sicht nun eine klare Begrenzung der Energiepreise, allein schon wegen der Vielzahl der Betroffenen.
Knappe Rohstoffe und die unsichere Energieversorgung belasteten bislang vor allem die chemische Industrie, den Maschinenbau, die Baubranche und die Automobilindustrie. Die hohe Inflation dürfte aber auch bald zu einem veränderten Konsumverhalten der Privathaushalte führen.
Eine Branche leidet besonders unter Zinsanstieg
Schleweis betonte, dass er trotz allem den Mittelstand wegen seiner grundsätzlich guten Eigenkapitalausstattung von 40 Prozent gut aufgestellt sehe und dass die Sparkassen die Unternehmen auch weiterhin mit Krediten unterstützen wollten. Allein im ersten Halbjahr hätten die Sparkassen 60 Milliarden Euro an neuen Firmenkrediten zugesagt, was ein Zuwachs von 19 Prozent gewesen sei. Wie sich die Zahl der Insolvenzen entwickele und damit auch die Zahl der ausfallgefährdeten Kredite, sei aber naturgemäß schwer vorherzusehen. „Die Bilanzen bieten immer nur einen Blick in den Rückspiegel“, sagte Schleweis.
Die steigenden Zinsen der Europäischen Zentralbank stellen nach Ansicht von Schleweis für die meisten Unternehmen noch keine allzu große Bedrohung dar. „Schließlich sind über 80 Prozent der Sparkassenkredite an Unternehmen und Selbständige langfristige Kredite mit einer Laufzeit von mehr als fünf Jahren.“ Für einzelne Branchen, etwa die kapitalintensive Immobilienbranche, seien die steigenden Zinsen allerdings durchaus eine „ernst zu nehmende Herausforderung“.