Das Westend gehört zu den teuersten Wohnlagen in Frankfurt. Doch der Preisanstieg ist erst einmal gestoppt. Bild: Wonge Bergmann
Die Preise für Eigentumswohnungen in Frankfurt sinken. Und auch der Immobilienmarkt im Allgemeinen kühlt laut der Schweizer Großbank UBS ab.
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Jahrelang haben die Immobilienpreise in Deutschland und der Welt nur eine Richtung gekannt: nach oben. Doch damit ist nun Schluss: „Der Boom ist vorbei“, sagt Maximilian Kunkel, Chefanlagestratege der Schweizer Großbank UBS in Deutschland, im Gespräch mit der F.A.Z. Kunkel bezieht sich mit dieser Aussage auf den Immobilienmarkt im Allgemeinen sowie auf die Städte Frankfurt und München im Besonderen. Diese beiden Metropolen haben abermals prominent Eingang gefunden in das jährliche Ranking der UBS für das Risiko von Immobilienblasen in internationalen Großstädten, das die Bank am Mittwoch veröffentlicht hat.
Frankfurt liegt in dieser Rangliste hinter dem kanadischen Toronto auf Platz zwei, nachdem die deutsche Stadt im Vorjahr noch den unrühmlichen Spitzenplatz eingenommen hatte. München rangiert unverändert auf Platz vier. Kunkel rechnet damit, dass die Preise für Eigentumswohnungen in diesen Städten im kommenden Jahr sinken. Er erwartet aber keinen abrupten Einbruch um 50 Prozent oder Ähnliches: „Aus der Blase geht nach und nach die Luft raus.“
Abwärtstrend hatte sich angedeutet
Der Abwärtstrend hat sich schon in den zurückliegenden Monaten angedeutet. Erstmals seit Langem sind die zuletzt üblichen zweistelligen Preissteigerungen in Frankfurt ausgeblieben. Zwischen Mitte 2021 und Mitte 2022 stiegen die Immobilienpreise nominal dort nur noch um rund 5 Prozent, heißt es in der Studie. Inflationsbereinigt seien die Wohnungspreise zuletzt sogar schon gesunken, ergänzt Kunkel. Dies sollte Investoren, die Immobilien zum Schutz vor der Inflation kaufen wollen, zu denken geben. Dies funktioniere nur, solange die Mieten in etwa in gleichem Ausmaß wie die Inflation stiegen und solange das Bewertungsniveau nicht stark überhöht sei.
Doch inzwischen hielten die Mieten nicht mehr mit der Teuerung Schritt. „Immobilien sind nicht mehr das Allheilmittel gegen Inflation“, warnt Kunkel. Investoren, die aus Renditeüberlegungen Käufe in Frankfurt oder München erwögen, sollten daher derzeit Vorsicht walten lassen. Eine Familie, die nicht zur Geldanlage, sondern für den Eigenbedarf auf der Suche nach einer Wohnung sei, müsse sich darüber freilich keine Gedanken machen.
Ungesundes Ungleichgewicht auf dem Markt
Kunkel weist auf ein ungesundes Ungleichgewicht hin: „Inflationsbereinigt sind die Preise für Eigentumswohnungen in Frankfurt seit 2010 um 110 Prozent gestiegen, während die Mieten um 28 Prozent und die Einkommen um 10 Prozent nach oben gingen.“ Dies bedeute, dass ein qualifizierter Arbeitnehmer aus dem Dienstleistungssektor für den Kauf einer 60 Quadratmeter großen Wohnung inzwischen acht Jahreseinkommen aufbringen müsse. Und ein Investor müsse seine Wohnung 41 Jahre lang vermieten, um den Kaufpreis für das Objekt wieder reinzuholen.
Auch die steigenden Zinsen, welche die Finanzierungskosten erhöhen, dürften die Nachfrage nach Wohneigentum bremsen. Markt- und preisstabilisierend wirke sich aber das knappe Angebot an Wohnraum aus, sagt Kunkel mit Blick auf die historisch niedrige Leerstandsquote in Frankfurt von weniger als 1 Prozent. Die Tendenz zu kleineren Haushaltsgrößen verschärfe die Wohnungsknappheit noch. Auch der nach wie vor stabile Arbeitsmarkt trage dazu bei, dass die Wohnungspreise derzeit noch nicht stärker zurückgingen. Wenn jedoch die Arbeitslosigkeit und die Angst vor einem Jobverlust stark stiegen, könne das Ganze ins Wackeln geraten. In einem solchen Fall hält Kunkel es für möglich, dass die Preise nominal um mehr als 20 Prozent fallen könnten. In welchem Zeitraum dies geschehen könne, hänge von vielen weiteren Faktoren wie der Zinsentwicklung ab und sei daher nicht vorhersagbar.
Auch in München Überhitzung
Auch der Wohnungsmarkt in München ist nach den Erkenntnissen der UBS stark überhitzt. Dort ist der Kauf einer Immobilie im Verhältnis zum Mieten noch etwas teurer als in Frankfurt. Nachdem sich die Immobilienpreise an der Isar im vergangenen Jahrzehnt mehr als verdoppelt haben, hat sich der nominale Preisauftrieb zuletzt auch dort auf rund 5 Prozent abgekühlt. Der Münchner Wohnungsmarkt sei durch eine niedrige Leerstandsquote und eine zugleich wachsende Anzahl von Erwerbstätigen geprägt.
Die erhöhten Hypothekenzinsen machten es den Einwohnern noch schwerer, eine erschwingliche Wohnung zu ergattern: Im Vergleich zur Zeit vor der Pandemie könne sich ein hoch qualifizierter Arbeitnehmer aus dem Dienstleistungssektor in München heute im Durchschnitt nur noch eine Wohnung mit einem Zimmer weniger leisten.
Unter den neun Großstädten mit einem besonders hohen Blasenrisiko im Immobilienmarkt finden sich vier aus Europa. Neben Frankfurt und München sind dies Zürich und Amsterdam auf den Plätzen drei und sieben.