Im Gespräch: Margeir Pétursson, Vorstandsvorsitzender der isländischen MP Bank : "Wir haben das Vertrauen der Deutschen missbraucht"
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„Die Krise der isländischen Banken war absehbar“, sagt Margeir Pétursson, Vorstandsvorsitzender der MP Bank, des einzigen Kreditinstituts im Land, das ohne staatliche Hilfe durch die schwere Zeit kam.
Als im Oktober 2008 die isländischen Privatbanken innerhalb weniger Tage zusammenbrachen, blieb nur ein einziges nicht-staatliches Geldinstitut übrig: die 1999 gegründete MP Bank. Deren Vorstandsvorsitzender Margeir Pétursson gesteht unumwunden zu, dass die Krise schon 2005 absehbar war und geht mit Politik und Finanzaufsicht gleichermaßen hart ins Gericht. Vertrauensmissbrauch ist das Stichwort.
Herr Pétursson, als einziges isländisches Finanzinstitut hat die MP Bank die Krise ohne Staatshilfe überstanden. Wie haben Sie das geschafft?
Vor allem haben wir kein Geld in die Aktien der Großbanken Kaupthing, Landsbanki und Glitnir gesteckt. Spätestens Anfang 2008 war klar, dass es irgendwann zu einem Knall kommen würde. Deshalb haben wir unsere Risiken gegenüber allen isländischen Banken reduziert. Am Ende waren wir nur an einem einzigen Konsortialkredit für eine der Banken beteiligt. Das hat uns zwar immer noch viel Geld gekostet, aber keinem unserer Kunden im Vermögensmanagement ist dadurch ein Schaden entstanden.
Wann hätten Sie deutschen Sparern sagen können, dass Island in so große Schwierigkeiten kommen würde?
Befreundete Banker in Deutschland und Österreich habe ich im Herbst 2007 gewarnt. Aber wir konnten das Spiel nicht abpfeifen, das wäre Aufgabe der Finanzaufsicht gewesen. Wir waren vermutlich die Pessimistischsten hier, aber Lehman habe auch ich nicht vorausgesehen. Danach hatten unsere Großbanken leider keine Möglichkeit zu einem geordneten Kollaps mehr.
Was glauben Sie, wie viel von ihrem in Island angelegten Geld werden die deutschen Banken wiedersehen?
Sehr wenig, unglücklicherweise. Die deutschen Banken haben uns beim Aufbau unserer Infrastruktur geholfen, aber die Isländer haben dieses Vertrauen missbraucht. Es ist hart, sich dies einzugestehen. Zuerst wurden die deutschen Banken falsch informiert, dann hat unsere Regierung in der Krise die Gesetze so verändert, dass Sparguthaben aus den Insolvenzmassen der Großbanken zuerst bedient werden, vor allen anderen Investoren. Am Ende werden darüber vermutlich die Gerichte entscheiden.
Wie fühlt es sich nun an, der letzte verbliebene Privatbanker im Land zu sein?
Es ist eine große Verantwortung; aber wir sind sehr stolz, sie zu tragen. Wir tun unser Bestes, um die Lücke zu schließen. Wir haben rund 6000 Kunden, das sind dreimal so viele wie vor der Krise.
Mit wem haben Sie Geschäfte gemacht, wenn Sie Landsbanki, Kaupthing und Glitnir gemieden haben?
Wir haben uns früh auf Osteuropa spezialisiert, um unsere Risiken zu diversifizieren. Vor allem aber sind wir zum wichtigsten Marktmacher für isländische Staatsanleihen und mit einem Anteil von 30 Prozent auch zum Marktführer in diesem Geschäft geworden. Unser Staat braucht jetzt viel Geld, deshalb ist dieser Markt gewachsen, sein Volumen entspricht in etwa unserer Bilanzsumme.
Machen Ihnen die schlechten Bonitätsnoten der Ratingagenturen für den isländischen Staat keine Sorge?
Nein, nicht solange es um Verpflichtungen des Staats in Kronen geht. Solche Forderungen wird die Regierung immer erfüllen. Immerhin haben wir auf Island ja unsere eigene Zentralbank und unsere eigene Notenpresse. Wir sehen deshalb zuversichtlich in die Zukunft.
Wo kommt Ihr Optimismus her?
Wir haben kein großes Filialnetz und daher niedrige Kosten. Außerdem sind wir die einzige Alternative zu den zusammengebrochenen Banken. Island muss versuchen, in einer freien Marktwirtschaft aus der Krise herauszukommen, ohne den Unternehmergeist zu ersticken.
Vertrauen genießt Island im Rest der Welt nicht mehr. Trifft Sie dies nicht?
In den nächsten Jahren werden wir niemanden in Europa um einen Kredit bitten, so viel steht fest. Aber wegen der Währungsrestriktionen brauchen wir im Moment auch gar kein ausländisches Kapital. Übrigens haben wir selbst erst im August einen vor zwei Jahren aufgenommenen Kredit, hinter dem auch deutsche Banken standen, komplett zurückgezahlt. Das war für uns eine große Erleichterung, vor allem aber für unsere Gläubiger. Dass Isländer ihre Kredite zurückzahlen, ist ja nicht mehr so gewöhnlich.