Hans-Jürgen Kuhl : „Ich habe Millionen Dollar gefälscht“
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Hans-Jürgen Kuhl im Geldregen gefälschter Dollar-Noten Bild: Stefan Finger
Der Künstler Hans-Jürgen Kuhl hat im großen Stil Blüten fabriziert und ging dafür ins Gefängnis. Heute ist er ein freier Mann, aber der Reiz des Fälschens bleibt.
Herr Kuhl, das Bundeskriminalamt (BKA) sagt, Ihr gefälschter Dollar war von außerordentlicher Qualität. Macht Sie das stolz?
Nein. Wenn ich heute noch mal einen Dollar machen würde, wäre der noch besser, noch viel besser. Und wenn dann jemand vom amerikanischen Geheimdienst sagen würde: „Der ist echt“ – dann wäre ich stolz.
Würden Sie am liebsten morgen wieder loslegen?
Hach, ich darf ja nicht mehr. Mein Staatsanwalt sagt, beim nächsten Mal gibt es lebenslänglich. Und ich will nicht im Gefängnis sterben.
Vier Jahre haben Sie gesessen. So weit hätte es nie kommen müssen. Sie waren doch ein gefragter Designer und Künstler, haben auch so genug verdient.
Ja, bis in die neunziger Jahre ging es mir sehr gut. Ich habe damals die Hotpants nach Deutschland geholt. Kumpels von mir hatten die in Paris und London entdeckt. Ob ich die nicht nachmachen könnte? Klar, habe ich gesagt, aber nicht in diesem puffigen Leder. Ich habe die in bunt gemacht, mit Blümchen. Das lief wie verrückt. Ich hatte drei Mitarbeiter, wir haben den ganzen Tag nur Hotpants hergestellt. Das war mein Einstieg in die Modewelt. Danach habe ich lange Zeit die Avantgardisten der Mode beliefert. Das waren die Top-Modehäuser in Deutschland.
Wie sah ihr Leben zu der Zeit aus?
Party, nur Party. Frauen, Drogen. Ich war schon immer ein Nachtmensch. Köln hatte eine gute Szene. Tabu, Lupe, Papa Joe’s – das waren alles gute Jazzkneipen. Wir haben das Geld nur so verprasst.
Waren Sie reich?
Ja, sicher. Ich habe ja nie gespart. Es gab Zeiten, da hatte ich 30.000 Mark Taschengeld im Monat.
Warum haben Sie mit der Mode aufgehört?
In den Achtzigern kam der Safari-Look nach Deutschland. Da hatte ich keine Lust drauf, wir leben doch in Europa. Ich durfte nichts mehr selbst entscheiden, ständig wollte mir irgendjemand reinreden. Ich habe dann mit den Pop-Art-Bildern im Warhol-Stil angefangen.
Sie haben Warhols gefälscht?
Nie gefälscht! Mit dem gleichen Stil und der gleichen Technik wie Andy Warhol, aber mit anderen Farben und etwas kleiner. Das lief super. Meine Bilder waren ja viel günstiger als die Originale, aber besser als die Poster in den Museumsläden. Ich habe Warhol dann einmal auf einer Vernissage getroffen. Er hat mich gebeten, doch wenigstens den Dom, den ich viel verkauft habe, von der anderen Seite zu zeichnen, damit er seinem Original nicht ganz so ähnlich sieht.
Von den falschen Warhols zum falschen Dollar ist es da nicht mehr weit, oder?
Ja. Meine ersten Blüten habe ich 1998 gedruckt. Das lief aber nicht gut. Ich wurde verhaftet, als ich an verdeckte BKA-Ermittler verkauft habe. Ich hatte 15 Monate auf Bewährung, meine Firma war im Arsch, dazu die Strafzahlungen. Ich sag immer, das hat mich unterm Strich eine Million gekostet.
Trotzdem haben Sie Ihre Lektion offenbar nicht gelernt und es noch einmal probiert.
Plötzlich war ich verschuldet, zum ersten Mal in meinem Leben war Geld ein Thema. Und der Sinan, mein Mitarbeiter im Atelier, hat immer gesagt: In drei bis sechs Monaten könnte ich schuldenfrei sein und noch eine Million obendrauf haben. Der kannte Leute in Albanien. Ich sollte wieder drucken, der Sinan hätte den Absatz geregelt. Außerdem hatte ich eine Idee, wie ich die Qualität der Blüten verbessern konnte. Der Reiz war da.
Was war die Idee?
Der echte Dollar ist sehr fein bedruckt, solche Linien bekommt man nur im Offset-Druck hin. Das Problem ist aber: Dieser Druck ist flach, die leichten Erhöhungen und das Erhabene vom Stahlstich fehlen. Selbst ein Laie fühlt den Unterschied. Ich hatte dann die Idee mit dem UV-Lack. Das ist ein Lack, der in Sekundenschnelle knallhart wird, der nicht wegsackt. Ich habe dann die mit Offset vorgedruckten Scheine durch den UV-Druck gejagt. So stand auch die Hundert schön heraus.