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Schweizer Krisenbank : Großaktionär steigt bei Credit Suisse aus

In der Schweizer Krisenbank Credit Suisse gäbe es so einiges in Ordnung zu bringen: Finanzinvestor David Herro zweifelt zu sehr – und hat alle Aktien verkauft. Bild: Reuters

Harris Associates hat alle Aktien der Schweizer Großbank verkauft. Der Finanzinvestor zweifelt an der Zukunft des Geschäfts.

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          Es gibt viele Gründe dafür, warum der ohnehin grottenschlechte Börsenkurs der Credit Suisse (CS) in den vergangenen vier Wochen um 14 Prozent auf 2,75 Franken gefallen ist. Nun ist ein weiterer hinzugekommen: Der amerikanische Finanzinvestor und ehemalige Großaktionär Harris Associates hat sämtliche CS-Aktien verkauft und ist damit aus der Schweizer Großbank ausgestiegen. Dies gab David Herro, Vize-Chef von Harris Associates, in einem Interview mit der „Financial Times“ bekannt.

          Johannes Ritter
          Korrespondent für Politik und Wirtschaft in der Schweiz.

          Harris Associates gehörte zu den langjährigen Anteilseignern der Credit Suisse und besaß zwischenzeitlich rund 10 Prozent der Bank. Im Gefolge der Ende Oktober aufgegleisten Kapitalerhöhung von 4 Milliarden Franken, die den Einstieg für die Saudi National Bank ebnete, schraubte Harris Associates seinen Anteil schrittweise auf 3 Prozent herunter. Nun haben die Amerikaner auch diesen Rest verkauft.

          „Es stellt sich die Frage nach der Zukunft des Geschäftsbereichs. Es hat große Abflüsse aus dem Wealth Management gegeben“, sagte Herro mit Blick auf das Stammgeschäft mit vermögenden Privatkunden. Wie berichtet, haben CS-Kunden allein im vierten Quartal 2022 netto 111 Milliarden Franken von der skandalgeplagten Bank abgezogen. Das Gesamtjahr beendete die CS mit einem Verlust von 7,3 Milliarden Franken, während viele ihrer Rivalen, darunter auch die UBS und die Deutsche Bank, Milliardengewinne einfuhren. Auch im laufenden Jahr erwartet der CS-Vorstand einen nennenswerten Fehlbetrag.

          Herro ist nach Angaben der „FT“ nicht davon überzeugt, dass sich mit dem geplanten Konzernumbau, der mit einer Abspaltung und Umstrukturierung der Investmentbank sowie einer Stärkung des Vermögensverwaltungsgeschäfts einhergehen soll, das Blatt wenden wird. Er moniert die hohen Kosten und die mangelnde Transparenz hinsichtlich der Transaktion mit dem früheren CS-Verwaltungsrat Michael Klein. Der Amerikaner spielt eine tragende Rolle bei der geplanten Revitalisierung der Einheit „Credit Suisse First Boston“, die perspektivisch an die Börse geführt werden soll. Unzufrieden zeigt sich Herro auch hinsichtlich der Erlöse aus dem Verkauf des Geschäfts mit verbrieften Produkten. Der Finanzmanager hebt zudem hervor, dass sich viele europäische Finanzwerte dank der steigenden Zinsen in eine ganz andere Richtung entwickelten: „Warum sollte man in etwas investieren, das Kapital verbrennt, wenn der Rest des Sektors es jetzt erwirtschaftet?“

          Eine Sprecherin der CS reagierte mit zwei allgemeinen Sätzen auf die Vorhaltungen Herros: „Wir haben klare strategische Ziele gesetzt und bereits große Fortschritte erzielt. Wir konzentrieren uns auf die erfolgreiche Umsetzung der Strategie, um unsere Ziele zu erreichen und sicherzustellen, dass die neue Credit Suisse mittelfristig einen nachhaltigen Wert für alle unsere Interessengruppen liefert.“ Den Ausstieg von Harris Associates als Aktionär wollte die Sprecherin nicht kommentieren.

          In der zweiten Februarhälfte hatte David Herro die Credit Suisse angesichts des niedrigen Aktienkurses als Übernahmekandidaten bezeichnet. Ein großer Konkurrent wie JP Morgan könne die Bank, die weit unterhalb des Buchwerts gehandelt wird und nur noch 11 Milliarden Franken auf die Börsenwaage bringt, billig kaufen, einige Teile der Vermögensverwaltung und der Investmentbank behalten und andere Teile verkaufen oder beispielsweise das (vergleichsweise ertragsstarke) Schweizer Geschäft an die Börse bringen, sagte Herro der Schweizer Zeitung „Finanz und Wirtschaft“. Im Lichte des nun erfolgten Ausstiegs aus der CS klingen diese Äußerungen freilich wie der Versuch, den Aktienkurs der Bank nach oben zu bringen, um die eigenen Verluste in Grenzen zu halten.

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