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Geldanlage leicht gemacht : Zertifikate zum Selberbauen

Wie läuft der Handel? Bild: AFP

Mit Zertifikaten kann man auf Aktien und Rohstoffe wetten. Dafür braucht man nicht einmal eine Bank.

          3 Min.

          Maßgeschneidert, individuell, persönlich – an allen Ecken wird der Verbraucher mit solchen Worten geködert. Die Wunschküche lassen wir uns am Computer bis ins letzte Detail nach eigenen Vorstellungen entwerfen, und das Auto basteln wir uns mit dem Konfigurator gleich bis zur Farbe der Zierleiste zusammen. Aber beim Sparen müssen wir nehmen, was uns Banken und Fondsgesellschaften vorsetzen. Eine Ausnahme gibt es allerdings: Zertifikate. Sie lassen sich zunehmend selbst bauen – ganz individuell.

          Dyrk Scherff
          Redakteur im Ressort „Wert“ der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.

          Diese Papiere sind beliebter als man denkt. An den Boom vor der Finanzkrise konnten sie zwar nicht mehr anknüpfen. Denn viele Anleger erlitten dabei einen Totalverlust und ließen danach die Finger davon. Aber noch immer stecken in Deutschland 68 Milliarden Euro darin. Zertifikate ermöglichen, auf Basiswerte wie Einzelaktien, Rohstoffe oder Indizes wie den Dax zu setzen und dabei komplexe Anlagestrategien zu verfolgen, die entweder mehr Sicherheit oder mehr Rendite versprechen, als wenn man direkt in den Basiswert anlegt.

          Derzeit gibt es mehr als eine Million Zertifikate auf dem deutschen Markt, täglich kommende Hunderte neue hinzu. Denn es gibt sie in allen möglichen Varianten, mit verschiedenen Laufzeiten, auf Hunderte von Basiswerten und mit allen erdenklichen Anlagestrategien. Daher könnte man glauben, dass für jeden Anleger etwas dabei sein dürfte. Aber es ist mühsam für einen Anleger, das für ihn passende Zertifikat herauszufiltern.

          Idee ist schon ein paar Jahre alt

          Geschätzte 80 Prozent der Zertifikate, die Banken ausgeben, werden mangels Nachfrage nie gehandelt. Sie wurden am Kunden vorbeiproduziert. Das belastet die technischen Systeme der Banken und Börsen, während sich die reinen Emissionskosten mit wenigen Euro je Zertifikat in Grenzen halten.

          So kamen die Banken auf die Idee, die Anleger selbst entscheiden zu lassen, wie ihr Wunschzertifikat aussehen soll, um die Flut an Papieren einzudämmen und dem Anleger die Suche zu erleichtern. Die Idee ist schon ein paar Jahre alt, Vorreiter war die UBS, weitere Banken folgten. Zunächst war die Bastelmaschine nur für Bankmitarbeiter und Vermögensverwalter zugänglich, die auf diese Weise ihren Kunden maßgeschneiderte Zertifikate der eigenen Bank anbieten konnten. Doch mittlerweile haben sich die Möglichkeiten deutlich erweitert. Drei Angebote stehen dabei im Mittelpunkt.

          Bild: F.A.Z.

          Noch am restriktivsten ist die Hypovereinsbank. Mit „onemarkets“ hat sie seit langem ein Angebot für ihre Kunden. Mit „my.one direct“ geht sie nun darüberhinaus. Damit können auch Kunden des Online-Wertpapierhändlers Flatex Zertifikate der Hypovereinsbank selbst erstellen. Sie bestimmen am Computer Basiswert und Laufzeit und bestellen per Mausklick.

          In zwei Minuten ist das Wunschprodukt handelbar

          Innerhalb von zwei Minuten erhält das Wunschprodukt eine Wertpapierkennnummer und ist über Flatex an den Börsen und außerbörslich handelbar. Das Angebot ist auf die riskanten Hebelprodukte beschränkt. Deren Kurse steigen und fallen überdurchschnittlich stark. Legt der Dax zum Beispiel um ein Prozent zu, steigt das Hebelzertifikat um zwei oder drei Prozent. In den kommenden Wochen soll das Angebot auf andere Zertifikatetypen und für Anleger, die nicht bei Flatex Kunde sind, erweitert werden.

          Bild: F.A.Z.

          Auf den Selbstbau-Plattformen von Vontobel und der Commerzbank können die Anleger auch Zertifikate anderer Banken finden und müssen nicht Kunde sein. Vontobel verlangt eine Registrierung, die Commerzbank nur eine Handynummer, an die sie einen Code per SMS schickt, mit dem das Zertifikat freigeschaltet wird.

          Keine Verpflichtung zum Kauf

          Vontobel bietet sowohl eigene als auch die Zertifikate von HSBC Trinkaus & Burkhardt an und will weitere Banken aufnehmen. Die Commerzbank, die ihre Plattform der Börse Stuttgart und dem Finanzinformationsanbieter Onvista zur Verfügung stellt, hat neben den eigenen Zertifikaten auch die der Société Générale im Angebot. Der Kunde bekommt dann für sein Wunschzertifikat unterschiedliche Preise angezeigt und kann entscheiden, welches er kaufen will. Er sollte aber auch prüfen, ob nicht ein gleiches Zertifikat schon auf dem Markt ist und eventuell einen günstigeren Preis bietet. In der Regel sind die Kurse aber fast identisch.

          Eine Verpflichtung zum Kauf gibt es auf keiner der Bastel-Plattformen. Die Erstellung ist überall kostenlos. Die meisten Basiswerte mit etwa 500 aus der ganzen Welt bietet die Commerzbank über ihre beiden Partner. Auch sie will weitere Zertifikatehäuser umwerben, damit der Anleger mehr Auswahl hat. Und bald alle gängigen Zertifikatevarianten anbieten. Die Bank bekommt eine Provision von den Emittenten, wenn die Zertifikate tatsächlich gehandelt werden.

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