Fintechs : Neues aus der Digitalfabrik
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Sieht so die Zukunft aus? Deutsche-Bank-Chef John Cryan eröffnet das Innovationslabor im Silicon Valley. Bild: Peter DaSilva
Überall sprießen kleine Unternehmen aus dem Boden, welche die Bankenbranche verändern möchten. Doch was wollen die Fintechs genau?
Betritt man den ersten Stock der Hackeschen Höfe in Berlin, fragt man sich unweigerlich, wo man sich gerade befindet. Alles ist mit bunten Ikea-Möbeln eingerichtet, überall stehen Computer herum, und es erinnert an Start-up-Atmosphäre. Und das alles soll zur Deutschen Bank gehören, zu den Anzugträgern aus den Frankfurter Zwillingstürmen?
Ja, in der Tat. Hier, auf mehr als 500 Quadratmetern, will die Deutsche Bank die Zukunft nicht verschlafen. Luc Mériochaud leitet dieses Berliner Labor. Er arbeitete selbst bei der Deutschen Bank, studierte Ökonomie und Kunstgeschichte, arbeitete mehrere Jahre als Investmentbanker in New York sowie London und war schließlich mehrere Jahre lang Unternehmensberater bei McKinsey – man könnte sagen, er kennt die Branche aus allen Blickwinkeln. Gemeinsam mit unabhängigen Entwicklern soll das größte deutsche Geldinstitut fit gemacht werden für die Herausforderungen, welche die digitale Zukunft bereithält.
Großbanken arbeiten mit Fintechs zusammen
Damit liegen sie voll im Trend. Auch die Sparkassen lassen ihr neues Produkt „Yomo“ von einem Hamburger Fintech entwickeln. Die Commerzbank hat „Neugelb“ gegründet, die an der technischen Modernisierung mitarbeiten soll, und unterstützt mit dem Main-Incubator seit Jahren Fintechs mit Geld und Zugang zu Wissen.
Fintech, so nennen sich die kleinen Programmierschmieden, bei denen oftmals nur wenige Leute an modernen Programmen und Anwendungen für die Finanzbranche arbeiten. Auch die Deutsche Bank geht mit ihren Laboren in London, dem Silicon Valley und auch Berlin den gleichen Weg.
Die Ziele sind ehrgeizig. Mehr als 500 Ideen von Fintechs sollen jährlich untersucht werden, dazu sitzen noch einmal 400 Leute in der Nähe von Frankfurt in einer Digitalfabrik. Neu sind derlei Ideen freilich nicht. Die Deutsche Telekom arbeitet zum Beispiel schon seit mehr als zehn Jahren in den „T-Labs“ mit Start-ups zusammen. Doch die Banken suchen die Nähe zu den Start-ups, wie auch viele Fintechs die Nähe zu den Banken suchen.
Fintechs froh über Kooperation
Und die Fintechs sehen diese Nähe zur Bankenbranche offensichtlich sehr positiv. Eine Studie der Beratungsagentur Roland Berger kam zu dem Schluss, dass 86 Prozent der Fintechs sogar darauf hoffen, mit Banken wie Versicherungen zusammenzuarbeiten. Dazu befragten die Münchner Unternehmensberater 248 Fintechs in 18 europäischen Ländern.
Viele der kleinen Software-Schmieden arbeiten sowieso nur an einzelnen Lösungen für Probleme im Finanz- und Versicherungsbereich und hoffen darauf, Abnehmer dafür zu finden. Damit ist es gar nicht möglich, die gesamte Bankbranche überflüssig zu machen. So sehen zwei Drittel der befragten Unternehmen auch nicht, dass die Etablierten in der Finanzbranche durch die Fintechs ersetzt werden könnten.
Veränderungen und nicht Revolution als Ziel
Das größte Wachstumspotential sieht die Fintech-Branche im Moment in den Bereichen Investition und Vermögensverwaltung, Zahlungsdienstleistungen und Crowdfunding. „Wir haben im Finanzsektor viele Institute mit sehr alten Datenverarbeitungssystemen, zum Teil 25 bis 30 Jahre alt“, sagt Wolfgang Hach, einer der Studienautoren bei Roland Berger. Dies sei besonders bei Versicherungen so, die einen hohen Anteil selbst entwickelter Software haben. Fintech-Firmen schätzten die Lage realistisch ein, meint Studienmitautor Martin Krause-Ablass. „Sie verändern die Finanzindustrie, können aber nicht im Alleingang eine Revolution einleiten.“
Doch so schön eine solche Umfrage ist, dazu muss auch gesagt werden: Es braucht auch nicht Dutzende oder Hunderte Unternehmen, um die Branche abzulösen. Es gibt auch nur ein AirBnB, ein Uber, ein Facebook, ein Google – alles Unternehmen, die ihre jeweilige Branche durch Innovationen teilweise oder komplett auf den Kopf gestellt haben.
Einfache Regeln für kleine Unternehmen
Georg Fahrenschon, Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes (DSGV), fordert unterdessen für kleine und dadurch risikoärmere Institute weniger und einfachere Regeln. Zwar zielt Fahrenschon damit auf kleinere Banken, doch auch Fintechs wie N26, die längst eigene Konten anbieten, könnten davon profitieren. Zu glauben, es gebe den einen Regulierungsansatz, der für alle Institute passt, habe sich als Fehleinschätzung herausgestellt, so der Sparkassenpräsident.
Als Vorbild nennt er dabei die Kriterien der Europäischen Bankenaufsicht: Wer weder systemrelevant noch anderseits systemisch ist, dem sollten einfachere Regeln auferlegt werden. Das zeigt: Die Fintechs werden ernst genommen, offensichtlich auf allen Ebenen.