Fondsmanager im Gespräch : „In Amerika gibt es noch Zinsen für alle“
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Die Euphorie ist verflogen: Börsenhändler in Frankfurt Bild: dpa
Aus Sicht des obersten Fondsmanagers der Vermögensverwaltung DJE Kapital sind deutsche Aktien nicht teuer. Trotzdem ist er vorsichtiger geworden und hält mehr Anleihen und Liquidität.
Hongkong, Taiwan, Nordkorea, Iran, Kashmir – die Welt sorgt sich gerade um viele internationale Konflikte. Was sollten Anleger mit Blick auf diese Risiken ändern?
Internationale Krisen gibt es schon immer. Durch das mobile Internet und die sozialen Medien erscheinen uns diese Ereignisse allgegenwärtig. Das ist der Unterschied zur Welt von gestern. Der amerikanische Aktienindex hat sich seit dem vergangenen Jahrhundert im Durchschnitt weit nach oben bewegt. Daran konnten auch zwei Weltkriege nichts ändern. Selbst wenn China Militär nach Hongkong schickt, wird sich der Westen dort wohl nicht direkt einmischen und würde es bei Appellen belassen. Mit Blick auf regionale Konflikte wie in Kaschmir fragen sich Investoren vor allem, ob das die Weltwirtschaft entgleisen lässt. Das ist sehr unwahrscheinlich. Allerdings kann es passieren, dass eine Konfliktpartei eine rote Linie überschreitet oder auf den falschen Knopf drückt.
Mit dem amerikanischen Präsidenten setzt ausgerechnet einer der mächtigsten Entscheider auf Eskalation. Wie gefährlich ist das für die Märkte und die Wirtschaft?
Trump ist meines Erachtens kein Kriegstreiber, obwohl er in vielerlei Hinsicht zu kritisieren ist. Er hat den erst angedrohten Militärschlag gegen Iran abgeblasen, was für Entspannung sorgte. Auch der Konflikt um Nordkoreas atomare Aufrüstung stand kurz vor der Eskalation, doch dann hat Trump die Sache sanft ausgehen lassen. Investoren und Anleger haben sich inzwischen daran gewöhnt, dass sich Krisen und Entspannung schnell abwechseln. Der Dax hat sich vom Einbruch nach der Eskalation des Handelskriegs einigermaßen erholt. Aber im vierten Quartal könnte Amerika neue Zölle auf europäische Autos einführen. An den Märkten herrscht daher eine sonderbare Stimmung: Es geht nach oben, aber ohne Euphorie.
Gibt es trotzdem Änderungen bei der Strategie ihrer Fonds und wie sehen die aus?
Wir sind vorsichtiger geworden und halten mehr Bares. Eine einzelne Liquiditätsquote kann ich nicht nennen, die ist von Fonds zu Fonds verschieden. Zudem investieren wir mehr in sichere Anleihen.
Aber die bringen doch nichts mehr.
Das stimmt nur zum Teil. Zwar weisen weltweit Anleihen im Umfang von umgerechnet 15 Billionen Dollar negative Renditen auf. Doch in Amerika gibt es noch Zinsen für alle. Auf dem amerikanischen Markt gibt es anders als in Europa keine negativen Zinsen. Privatanleger, Pensionsfonds und Versicherungen können dort nach wie vor mit Anleihen verdienen. Auch in den Schwellenländern Brasilien, Indien oder Russland finden sich Anleihen mit guter Verzinsung.
Können Anleger der Politik in Schwellenländern über den Weg trauen ?
Die Börse liebt Autokraten, wenn sie für Stabilität sorgen. In Brasilien hat sich der nationale Aktienindex Bovespa seit Bolsonaros Amtsantritt nahezu verdoppelt. In der Türkei dagegen bringt Erdogan die Märkte und die Wirtschaft kräftig durcheinander.
Also doch lieber deutsche Aktien – oder ist der Zug nach den Kursanstiegen seit 2012 abgefahren?
Deutsche Aktien sind nicht teuer. Sie sehen nur teuer aus, weil der Aktienindex Dax üblicherweise als Performanceindex gezeigt wird. Das heißt, der Index berücksichtigt neben den Kursanstiegen auch die Dividenden und geht zudem davon aus, dass die Ausschüttungen gleich wieder angelegt werden. Schauen wir uns den Dax dagegen als Kursindex an – also ohne Dividenden – steht er aktuell bei nur rund 5200 Punkten. Das ist niedriger als Mitte des Jahres 2000. Wirklich hoch sind die Aktienkurse dagegen in Amerika.
Trotzdem sind Ihre Fonds vorsichtig und horten Liquidität. Wird da Negativzins fällig?
Die Banken stellen uns negative Zinsen in Rechnung, die unseren Fonds belastet werden. Viele mögen das nicht, aber das ist vor allem Psychologie. Wenn wir Aktien verkaufen, um einem bevorstehenden Kursrückgang auszuweichen, macht das die Negativzinsen auf die Bankguthaben mehr als wett. Wer keine Negativzinsen will, kann zum Beispiel in Dollar anlegen statt in Euro.
Zur Person
Dr. Ulrich Kaffarnik ist Mitglied im Vorstand der Vermögensverwaltung DJE Kapital und verantwortlich für das Fondsmanagement.