Strategie : Führt die Häusermarktkrise zur Kreditklemme?
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Immer mehr Zahlungsausfälle bei amerikanischen Hypotheken und zunehmende Pleiten bei Immobilienfinanzierern führen zu einem unguten Gefühl. Immer öfter kommt die Frage auf, ob die Häusermarktkrise zur Kreditklemme führen kann.
Am amerikanischen Häusermarkt geht es zur Sache - und die internationalen Anleger scheinen es nicht wahrnehmen zu wollen. Denn die Hauspreise in den Vereinigten Staaten steigen nicht nur nicht mehr, sondern sie fallen in vielen Regionen.
Diese Entwicklung hat den lange Zeit positiv wirkenden Wirtschaftsmultiplikator im Immobilienbereich nicht nur abgebrochen, sondern er scheint immer weitere negative Kreise zu ziehen.
Gewinnwarnungen und Abschreibungen bei Hausbauunternehmen
Auf der einen Seite stehen die Hausbauunternehmen selbst, die in den vergangenen Wochen mit deutlichen Gewinnwarnungen und hohen Sonderabschreibungen auf Immobilien- und Landbestände auf den Markt kamen. Gleichzeitig haben sie auch ihre Investitionen deutlich zurückgefahren. Das alleine schon dämpft die wirtschaftliche Entwicklung, da die Geschäfte von Lieferanten im Baustoff- oder Maschinenbereich schlechter laufen. Eine Gewinnwarnung bei Caterpillar, die fallenden Holzpreise in Nordamerika und die verhaltene Perspektive von Unternehmen wie Whirlpool sprechen für sich.
Das ist aber nicht alles. Denn auf der anderen Seite stehen die Hausbesitzer, die in den vergangenen Jahren über Umschuldungsmöglichkeiten zusätzliche Einkommensquellen erschließen und auf diese Weise ihren Konsum hoch halten konnten. Dieser Effekt fällt nun weg und führt ebenfalls zu dämpfenden Wirkungen. Kein Wunder, dass der Chicago Fed National Activity Index schon seit Monaten unterdurchschnittliches Wachstum anzeigt.
Verluste und Pleiten bei Immobilienfinanzierern
Bisher haben sich sehr wahrscheinlich die Effekte der Entwicklung in ihrer Gesamtheit noch gar nicht vollständig gezeigt, sondern sie kommen erst nach und nach zur Erscheinung. Das lässt sich unter anderem an den zunehmenden Ausfällen auf dem Markt für zweitklassige (Subprime) Hypothekenkredite ablesen. So hat HSBC Holdings in der vergangenen Woche auf die von seiner amerikanischen Hypothekensparte vergebenen Kredite für das Jahr 2006 rund 20 Prozent mehr abgeschrieben, als die Analysten mit 8,8 Milliarden Dollar erwartet hatten. Einen Tag später vermeldete New Century Financial, die Nummer zwei auf dem amerikanischen Subprime-Markt, dass man mit einem Verlust im vierten Quartal rechne und die Finanzergebnisse der ersten drei Quartale des vergangenen Jahres neu bewerten werde.
Wenig später meldete mit ResMAE, ein weiterer Subprime-Kreditgeber, Konkurs an und erhöhte damit die Zahl der Pleiten seit Dezember des vergangenen Jahres auf 21. Am Dienstag verlor die Aktie von NovaStar Financial im nachbörslichen Handel rund ein Drittel ihres Wertes, nachdem das Unternehmen einen Verlust für das vierte Quartal des vergangenen Jahres und einen sehr verhaltenen Ausblick für die kommenden Jahre bekanntgegeben hatte. Auch NovaStar ist und war im Subprime-Segment aktiv.
Von engeren Kreditvergabekriterien zur Kreditklemme?
Es zeigt sich immer deutlicher, dass viele Immobilien in den vergangenen Jahren extreme riskant finanziert wurden, so dass die Käufer sie aufgrund der inzwischen erhöhten Leitzinsen nicht halten können. HSBC identifizierte in seinem Hypothekenbestand vor allem nachrangig besicherte oder so genannte „Piggyback“-Darlehen als diejenigen, die durch steigende Zinssätze Einbußen erleiden könnten, wenn bei variabel verzinslichen Hypotheken in den kommenden Jahren Neuverhandlungen über die Zinssätze anstehen.
Nach Angaben der Mortgage Bankers Association stellten Subprime-Hypotheken in der ersten Hälfte des Jahres 2006 einen Anteil von 19 Prozent an den insgesamt vergebenen Hypothekenkrediten. Das alleine ist schon einmal nicht wenig. Vor allem dann nicht, wenn die Banken und Finanzierungsunternehmen als Folge der steigenden Anzahl von Ausfällen und Zwangsversteigerungen nun ihre Kreditvergabekriterien verschärfen. Dieser Schritt dürfte vielen Verbrauchern den Zugang zu Krediten erschweren und auf diese Weise den Konsum bremsen.
So gleichen die sukzessive eintreffenden schlechten Nachrichten der vergangenen Monat immer mehr einer Zeitlupenversion der Kreditklemme von 1998 im Gefolge der Schuldenprobleme Russlands und der Pleite des Hedge-Fonds Long-Term Capital Management. Selbst die amerikanische Zentralbank scheint langsam skeptisch zu werden.
In diesem Sinne dürfte es ratsam sein, nicht nur verbriefte Kreditderivate aller Art sehr kritisch und skeptisch zu betrachten. Entsprechende Indizes tendieren aufgrund der Ausfälle einzelner Tranchen kräftig nach unten. Gleichzeitig stimmt es auch nachdenklich, dass der Wachstums- und Gewinnerwartungsoptimismus der Anleger sehr groß ist, während die Volatiliäten extrem tief sind. In diesem Sinne sind Absicherungsstrategien bestehender Positionen im Moment nicht nur günstig, sondern dürften auch ratsam sein.