Norwegischer Staatsfonds : Der mächtigste Fonds der Welt
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Norwegens Ölvorkommen haben das Land reicht gemacht. Bild: dpa
Wenn Norwegens Staatsfonds seine Anlagestrategie ändert, zittern Konzerne und Regierungen. Neuerdings setzt der Fonds zunehmend auf riskantere Anlagen.
Wer hierzulande an Staatsfinanzen denkt, der denkt in der Regel zuerst an Schulden: Die durchschnittliche europäische Regierung ist schon stolz, wenn die Neuverschuldung nicht von Jahr zu Jahr größer wird. Nicht so die Norweger. Das Öl in der Nordsee hat das kleine skandinavische Land in den letzten Jahrzehnten reich gemacht. Und statt das Geld auszugeben, haben die Norweger gespart. Im Jahr 1997 legten sie mit den Erträgen aus dem Ölgeschäft einen Fonds auf, der mit den Milliarden Aktien, Anleihen und seit einiger Zeit auch Immobilien auf der ganzen Welt kauft. Nur in Norwegen investiert der Fonds nicht, damit sich die Manager von der norwegischen Zentralbank, die ihn verwalten, nicht für die Höhe der Investitionen in heimische Betriebe rechtfertigen müssen.
878 Milliarden Dollar oder rund 650 Milliarden Euro verwaltet der Ölfonds heute, mehr als jeder andere Staatsfonds auf der Welt. Seit seiner Gründung haben die Manager des Fonds eine Durchschnittsrendite von knapp sechs Prozent erzielt, die allerdings in den letzten Jahren größer geworden ist: Im Jahr 2013 erwirtschafteten sie stolze 16 Prozent. Doch das ist den Norwegern nicht genug, deswegen setzt der Fonds neuerdings zunehmend auf riskantere Anlagen, etwa in Schwellenländern. Investitionen in Europa werden dafür zurückgefahren. Von den Erträgen darf die norwegische Regierung jedes Jahr vier Prozent ausgeben. Der Rest wird angelegt, damit die Norweger auch dann noch von ihrem Reichtum zehren können, wenn ihre Ölreserven einmal erschöpft sind.
Die schier unerschöpfliche Menge an Geld, die dem Fonds für seine Investitionen zur Verfügung steht, gibt ihm enorme Macht auf globalen Kapitalmärkten. Mehr als sechzig Prozent seines Kapitals stecken in Aktien, der Rest - bis auf etwa ein Prozent Immobilieninvestitionen - in Staatsanleihen. Er hält rund zweieinhalb Prozent aller Unternehmensaktien in Europa und besitzt Anteile an mehr als 8000 Unternehmen weltweit. Dem Fonds gehören zum Beispiel Nestlé-Aktien im Wert von mehr als sechs Milliarden Dollar und deutsche Staatsanleihen im Wert von rund 12 Milliarden Dollar. Viele institutionelle Anleger orientieren sich an den Entscheidungen der Norweger, die ein Ethikrat streng kontrolliert.
Staatsfonds will sich angeblich aus der Politik heraushalten
Wenn der Fonds seine Investitionsentscheidungen bekanntgibt, zittern deswegen regelmäßig die Manager großer Konzerne auf der ganzen Welt. Denn der Ethikrat führt eine schwarze Liste mit Unternehmen und Staaten, deren Papiere der Fonds nicht kaufen darf, weil sie den ethischen Ansprüchen der Norweger nicht genügen. Darauf stehen zum Beispiel Waffenfirmen und Tabakkonzerne, aber auch Bergbauunternehmen, die nach Ansicht der Norweger nicht umweltfreundlich genug agieren, oder Textilproduzenten, die nicht genug für die Menschenrechte tun. Nach der Finanzkrise kritisierte der Fonds offen die Bonuszahlungen bei Banken wie Goldman Sachs, an denen er Anteile hält.
Nach eigenem Bekunden will sich der Staatsfonds zwar aus der Politik heraushalten und nicht als Propagandist des norwegischen Gesellschaftsmodells agieren. Doch letztlich hat die schwarze Liste kombiniert mit den Ölmilliarden genau diese Funktion. Und die Liste wird länger: Im Moment wird diskutiert, ob die Investitionen des Fonds in Russland angesichts der Krise in der Ukraine noch tragbar sind. Allerdings sind die ethischen Prinzipien in Norwegen nicht unumstritten: Gerade in Krisenzeiten erschweren sie es nämlich, ausreichend lukrative Anlagen für das Ölgeld zu finden.
Gerade hat der Fonds angekündigt, dass er den Einfluss, den seine Unternehmensbeteiligungen ihm über die Entscheidungen der jeweiligen Firmen geben, künftig noch aktiver nutzen will. Bislang warteten die Norweger immer bis nach der Hauptversammlung der Unternehmen, an denen sie Anteile halten, um ihr Abstimmungsverhalten bekanntzugeben, also ihre Meinung zu unternehmerischen Entscheidungen darzulegen. Nun wollen sie das schon im Vorfeld tun. Weil die Anlagestrategie und die ethischen Prinzipien des Fonds als vorbildlich gelten, dürften sich viele Anleger in Zukunft an seinem Stimmverhalten orientieren. Damit hätte der Fonds einen klaren Einfluss auf wichtige Geschäftsentscheidungen. Gut möglich, dass er etwa übertriebene Bonuszahlungen bei Banken künftig nicht mehr nur kritisiert, sondern verhindert.