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John Templeton : Der Vater aller Fonds

Sir John Templeton im Jahr 2003

Sir John Templeton im Jahr 2003 Bild: AP

Berühmte Investoren haben ihr Vermögen oft mit unkonventionellen Ideen vermehrt. John Templeton lieh sich in der Krise Geld und kaufte je 100 Aktien von 104 Unternehmen. Ein paar Jahre später war Templeton ein reicher Mann.

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          Berühmte Investoren haben ihr Vermögen oft mit unkonventionellen Ideen vermehrt. Bei George Soros war es die kühne Wette gegen das britische Pfund, die ihm Anfang der neunziger Jahre auf einen Schlag mehr als eine Milliarde Dollar brachte. Und der amerikanische Hedge-Fonds-Manager John Paulson wurde gerade erst berühmt, weil er auf fallende Häuserpreise in Amerika wettete und damit mehrere Milliarden verdiente.

          Norbert Kuls
          Freier Autor in der Wirtschaft.

          John Templeton hatte seine legendäre Anlageidee vor fast acht Jahrzehnten: 1939. Zu diesem Zeitpunkt ächzten die Vereinigten Staaten unter der Weltwirtschaftskrise. In Europa war gerade der Zweite Weltkrieg ausgebrochen. Kurzum: An der amerikanischen Börse war die Stimmung am Boden. Und was machte der damals 26 Jahre alte John Templeton? Er lieh sich 10.000 Dollar und kaufte je 100 Aktien von 104 Unternehmen, die damals für 1 Dollar oder weniger gehandelt wurden. Ein paar Jahre später war Templeton ein reicher Mann. Nur vier der Firmen waren am Ende des Krieges wertlos. Die Kurse der anderen stiegen stark.

          Templeton - einer der Pioniere der Investmentfonds-Branche

          Templeton, der am vergangenen Dienstag im Alter von 95 Jahren starb, war einer der Pioniere der Investmentfonds-Branche. Das Anlegermagazin "Money" nannte ihn 1999 den "wohl besten globalen Aktien-Auswähler des Jahrhunderts". Templeton glaubte fest an die alte Börsenweisheit, niedrig zu kaufen und hoch zu verkaufen. Er beherrschte sie bis zum Extrem, konzentrierte sich auf Staaten, Branchen und Firmen, die stark unter Druck standen, und stieg ein, wenn sie den "Punkt des maximalen Pessimismus" erreicht hatten, wie er das nannte.

          Templeton war ein Selfmademan. Er wuchs in Winchester auf, einer Kleinstadt im Bundesstaat Tennessee, und war der Erste seiner Stadt, der studierte. Er schaffte es an die Eliteuniversität Yale, finanzierte sein Studium teilweise mit Pokergewinnen und erhielt später eines der begehrten Rhodes-Stipendien für ein Studium an der britischen Oxford-Universität.

          Diese internationale Erfahrung dürfte dazu beigetragen haben, dass Templeton als einer der ersten amerikanischen Anleger über die Grenzen schaute. Er suchte auf der ganzen Welt nach unterbewerteten Aktien und gehörte nach dem Krieg zu den Ersten, die in damals noch unbekannte japanische Firmen wie Hitachi oder Fuji investierten. Templeton beteiligte sich auch früh an Firmen in Russland, China und asiatischen Märkten.

          Nach seinem Studium ging Templeton an die Wall Street. Er kaufte 1940 eine kleine Investmentgesellschaft, die er "Templeton, Dobbrow & Vance" taufte. Es war der Grundstock für die spätere Fondsgesellschaft. Den ersten Investmentfonds für Privatanleger gründete er 1954. Das war der Templeton Growth Fund, der zum Aushängeschild der Gesellschaft wurde. Er wurde in Kanada aufgelegt, weil der nördliche Nachbar damals keine Steuern auf Kapitalerträge verlangte und sich so die Abgaben für die Anleger reduzieren ließen. Der Schritt nach Kanada symbolisierte auch die internationale Ausrichtung des Fonds. Die entpuppte sich später als Erfolgsrezept. Von 1954 bis 1992 erwirtschaftete Templeton Growth eine durchschnittliche Jahresrendite von 14,5 Prozent. 1992 wurde die Fondsgesellschaft für 440 Millionen Dollar an den Konkurrenten Franklin verkauft.

          Der Wall Street kehrte Templeton in den sechziger Jahren bereits den Rücken. Er nahm die britische Staatsbürgerschaft an und zog auf die Bahamas - schon damals ein Steuerparadies. Templeton selber sagte, dass seine Anlageergebnisse besser wurden, als er Distanz zu der "Massenmentalität" der Wall Street gewann und sich nicht mehr um die steuerlichen Folgen seiner Anlagen sorgen musste. So verkaufte er große Anteile, bevor die Blase der Technologieaktien im Jahr 2000 platzte. Und er warnte schon vor Jahren, dass die Preise am amerikanischen Häusermarkt gefährlich hoch geklettert seien.

          Templeton - Erfolg im Geschäftsleben und Spiritualität waren verbunden

          Trotz seines Milliardenvermögens blieb sein Lebensstil bescheiden: Er hatte keinen Chauffeur, fuhr selber Auto und verbrachte seine Tage mit Lesen, dem Schreiben von Büchern und der Führung seiner Stiftung. Die hatte er 1987 gegründet - nach dem Verkauf seiner Fondsgesellschaft - mit einem Vermögen von 1,5 Milliarden Dollar. Weil er sich danach vollständig dem karitativen Engagement widmete, wurde er von der britischen Königin Elisabeth geadelt.

          Sir Templeton war auch ein gläubiger Christ, der die Hauptversammlungen der Fondsgesellschaft stets mit einem Gebet eröffnete. Erfolg im Geschäftsleben und Spiritualität waren für ihn untrennbar miteinander verbunden. Er war davon überzeugt, dass unethische Praktiken irgendwann zum Zerfall von Firmen führten. Er finanzierte auch die Suche nach Antworten in Bereichen, die er als die „großen Fragen" betrachtete, wie Wissenschaft, Glaube und die Bestimmung der Menschheit. So ist er Stifter des mit 1,6 Millionen Dollar dotierten Templeton-Preises, der "Fortschritte bei der Religion" würdigt. Die erste Empfängerin dieses Preises war 1973 die Ordensgründerin Mutter Teresa. Auch Philosophen, Physiker, Schriftsteller, Wissenschaftler und prominente Vertreter aller großen Weltreligionen haben den Preis seither erhalten.

          Die John-Templeton-Stiftung finanziert mit 70 Millionen Dollar jährlich wissenschaftlich-theologische Projekte. Eine zweijährige Studie untersuchte etwa die Wirkungen von Gebeten auf 600 Patienten vor einer Operation.

          Auch in Oxford hinterließ Templeton Spuren: Als der Stipendiat dort in den dreißiger Jahren Betriebswirtschaft studieren wollte, wurde er schräg angeschaut. Diesen Studiengang gab es noch nicht. Templeton musste daher auf Jura ausweichen. Erst 1965 gründete Oxford eine Kaderschmiede für den Manager-Nachwuchs, das Oxford Centre for Management Studies. Das wurde nach einer großzügigen Geldspende von John Templeton im Jahre 1983 umgetauft - in Templeton College.

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