Interview : „Japan hat eine falsche Geld- und Fiskalpolitik“
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In der Zwischenzeit könnte die Versuchung im Glauben liegen, eine falsche Politik müsste Wirkung zeigen, wenn man sie nur genügend verstärke. Sobald die amerikanische Konjunktur bis Ende des Jahres völlig abgekühlt hat - Alan Greenspan redetet von einer Ein-Drittel-Wahrscheinlichkeit für eine Rezession-, dürfte Japan wahrscheinlich zur ZIRP, also zur Nullzinspolitik zurückkehren. Dafür wird sich aber niemand interessieren, wenn in Amerika gleichzeitig die verschiedenen Blasen im Derivate-, Hedge-Fonds-, Structured-Finance- und Buy-Out-Bereich platzen. Schlussendlich geht dann die Fed zu einer Nullzinspolitik über - und in den Vereinigten Staaten könnte sie mit der Zeit sogar wirken.
Was passiert mit Japans riesigen Schulden?
Das Land hat gar nicht so viele Schulden. Es hat riesige Vermögen, alleine schon die Währungsreserven von 20 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Der Öffentliche Sektor hat zwar große Schulden, aber sie werden überschätzt. Die Antwort ist hoch technisch und die Kernaussage ist: Das Land hat zwar große Schulden, aber sie sind verkraftbar.
Die Bruttoschulden des Öffentlichen Sektors liegen bei 170 Prozent des Sozialproduktes, diese Zahl ist allerdings auf die Definition des Öffentlichen Sektors zurückzuführen. So enthält er beispielsweise nicht die Bank of Japan. Die Yenkosten der Reserven werden als Schulden im öffentlichen Bereich verbucht, das Vermögen dagegen im Finanzsektor eingetragen. Alleine das reduziert die Schuldenquote um 20 Prozent des Sozialproduktes. Zieht man die Finanzvermögen der Regierung noch ab, so erhält man eine Schuldenquote von 90 Prozent des Sozialprodukts - das ist viel, aber nur die vierthöchst der OECD-Staaten.
Abgesehen davon werden die realen Vermögenswerte nicht berücksichtig. Und der Öffentliche Sektor Japans hat davon mehr als viele andere, auch wenn der Wert wahrscheinlich überschätzt wird. Wirft man auch sie in die Waagschale, so liegt die Verschuldung noch bei etwa 40 Prozent des Sozialproduktes. Das ist immer noch viel, wenn man bedenkt, dass andere Staaten Überschüsse haben.
Großbritannien wies im Jahr 1947 ein Verhältnis von Staatsschulden zu Bruttoinlandsprodukt von 300 Prozent aus - es wurde getrieben durch Verstaatlichungen, die gleichzeitig das Vermögen steigerten. Frau Thatcher hat dazu beigetragen, die Schulden durch die Privatisierungen abzubauen.
Kein Land hat bisher die Schuldenquote deutlich reduziert, indem es über eine längere Zeit große Budgetüberschüsse erzielte. Im Gegenteil, strukturelle Budgetkürzungen bremsen das Wachstum so, dass die Quote sogar steigen kann. Denn zyklisch zunehmende Ausgaben holen die zwischenzeitlich möglichen Fortschritte zurück und geringes Nominalwachstum macht den Nenner der Kennzahl kleiner.
Nur deutliches Nominalwachstum reduziert die Schuldenquoten deutlich, denn die Schulden bedienen sich selbst, solange eine Wirtschaft expandiert: Bei einer Bruttoverschuldung von 170 Prozent, einem realen Wachstum von zwei Prozent und einer Inflationsrate von zwei Prozent - also bei einem Nominalwachstum von vier Prozent - reduziert jedes Budgetdefizit, das weniger als 1,7 x 4% = 6,8% beträgt, automatisch das Verhältnis zwischen Schulden und Bruttoinlandsprodukt.