Historische Finanzkrisen: Großbritannien 1720 : Die Südseeblase kam auch Isaac Newton teuer zu stehen
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Die wachsende Konkurrenz um das Geld der Anleger war es denn auch, die schließlich den Anfang vom Ende der Südseeblase markierte. Auf Drängen der South Sea Company ging die Regierung aufs Schärfste gegen unseriöse Geschäftsgründungen vor. Nach einem im Juni 1720 verabschiedeten Gesetz, waren börsennotierte Gesellschafen nur noch mit staatlicher Genehmigung und dies für einen bestimmten Geschäftszweck erlaubt. Die South Sea Company führte einige Prozesse. Die Aktienkurse der meisten „Blasen“ stürzten ab. Das Gesetz, das eigentlich die Handelsgesellschaft schützen sollte, traf sie später selbst, als es immer schwieriger wurde, neue Mittel einzusammeln.
Mississippi-Spekulation in Frankreich
Das System wurde instabiler. Es kam zu Liquiditätsengpässen als für verschiedene Aktientranchen der South Sea Company Ratenzahlungen der Anleger fällig wurden. Liquidität wurde zudem knapp, weil gleichzeitig die zweite große Finanzmarktspekulation dieser Zeit ins Wanken geriet. Die Südseehausse war eng verwoben mit der auf dem Kontinent stattfindenden Finanzmarktblase: der Mississippi-Spekulation in Frankreich. Ausländer zogen ihr Geld deswegen auch von der Londoner Börse ab.
Das Vertrauen der Anleger wurde nun auf eine harte Probe gestellt. Es mehrten sich fundamentale Bedenken. Die Aktien waren hoch bewertet. Gerüchte über Aktienverkäufe der Unternehmensführung der South Sea Company und anderer großer Investoren schürten schließlich die Verunsicherung. Wiederholt kam es im Sommer 1720 zu Kursrückschlägen. Ihnen folgten zunächst aber immer wieder Erholungen, die durch neuerliche positive Unternehmensmeldungen angestoßen wurden. Die Preise für neue Aktien mussten schließlich gesenkt werden, weil der Marktpreis gefallen war. Die South Sea Company hatte plötzlich Schwierigkeiten, Aktien zu platzieren.
Aktienkurs im freien Fall
Im September schließlich ging der Aktienkurs der South Sea Company in den freien Fall über. Zum Ende des Jahres kostete die Aktie wieder 120 Pfund. Der gesamte Markt kollabierte. Es kam zu Panikverkäufen. Viele Anleger waren schließlich ruiniert. Diejenigen, die den Aktienkauf mit Krediten finanziert hatten, blieben auf ihrem Schuldenberg sitzen. Zahlreiche Unternehmen gerieten in Schieflage und wurden zahlungsunfähig. Dem Kursrutsch an der Börse folgte eine wirtschaftliche Baisse in Großbritannien, von der sich das Land lange nicht erholte. Eine Bankenkrise, die angesichts der Liquiditätsschwierigkeiten hätte drohen können, wurde dagegen verhindert.
Die Regierung suchte nach den Schuldigen der Krise. Behördliche Untersuchungen folgten. Dabei stellte man fest, dass wenigstens drei Minister Bestechungsgelder akzeptiert und spekuliert hatten. Gegen Manager der South Sea Company wurde wegen Betrugs ermittelt. Einige wurden verhaftet, ihre Besitztümer beschlagnahmt. Die South Sea Company selbst gab es noch bis zum Jahr 1853.
Börse komplizierter als die Astronomie
Nicht nur die breite Masse verfiel der Südseehausse. Auch an namhaften Spekulanten, die an dieser Blase beteiligt waren, mangelt es nicht. Eines ihrer berühmtesten Opfer ist sicherlich der Physiker Isaac Newton. Zunächst hatte er mit den Aktien der South Sea Company wohl einen stattlichen Kursgewinn erzielt, sie später jedoch abermals gekauft. 20.000 Pfund soll er schließlich in dem folgenden Kursdebakel eingebüßt haben.
Von ihm stammt denn auch die Aussage: „Ich kann zwar die Bewegungen der Himmelskörper berechnen, aber nicht die Verrücktheit der Menschen.“ Der Schriftsteller Jonathan Swift, der offenbar ebenfalls ein Vermögen verloren hat, soll durch die Südseeblase inspiriert worden sein, „Gulliver's Reisen“ zu schreiben - eine Satire über die britische Gesellschaft. Auch der britische König Georg I besaß Aktien der South Sea Company. Gleichwohl soll er aber zu den Glücklichen gehören, die ihre Anteilsscheine rechtzeitig veräußert haben.