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Derivate : Mini-Future- Zertifikate - Mit der richtigen Sau zum Renditeziel

  • Aktualisiert am

Ihr Metzger verdient gut daran. Warum sollten Sie es nicht auch tun? Probieren Sie es doch mal mit einem Mini-Future auf mageres Schweinefleisch. Aber nur, wenn sie das Risiko lieben.

          3 Min.

          Futures umgibt die Aura des geheimnisvollen Zockens. Die Händler in den bunten Jacketts, die die Fernsehbilder um geheimnisvolle Gesten bereichern, stammen in der Regel von der britischen Futurebörse Liffe. Einst Eingeweihten vorbehalten, wollten Banken in den vergangenen Monaten verstärkt Privatanleger zum Investieren in die Zukunft von Palladium, Orangensaft und Schweinebauch gewinnen.

          Das Mittel der Wahl sind dabei nicht die eigentlichen Futures, sondern Mini-Future-Zertifikate, die auf den Futures basieren. Ein Future ist ein Terminkontrakt. Die niederländische Bank ABN Amro, einer der Hauptemittenten von Mini-Future-Zertifikaten, bewirbt gerade beispielsweise die Zertifikate auf die Futures von Lebendrindern, Mastrindern und magerem Schweinefleisch. Futures setzen auf Preisveränderungen, je nachdem auf steigende oder fallende Kurse.

          Haus und Hof auf's Schwein gesetzt

          Dabei wird der zugrundeliegende Basiswert, also etwa das magere Schweinefleisch nicht tatsächlich gekauft. Statt dessen wird nur eine prozentuale Sicherheitsleistung (Margin) erbracht, um einen eventuellen Verlust aus einem Futuregeschäft decken zu können. Setzt der Anleger nun auf steigende Schweinefleischpreise und wird die Sau tatsächlich teurer, wird der Gewinn dem Marginkonto gutgeschrieben.

          Da nur ein geringer Kapitaleinsatz erbracht wird, aber sich die Gewinne auf den vollen Wert des Schweinefleischs beziehen, läßt sich ein stark überproportionaler Gewinn erzielen. Laufen die Kurse aber in die falsche Richtung, so wird der Sicherungsbetrag aufgezehrt. Der Anleger muß nachschießen oder die Verluste realisieren. Da Kurse unbegrenzt steigen können, können besonders beim Setzen auf fallende Kurse im Futures-Handel Haus und Hof verloren gehen, wenn man nicht rechtzeitig aussteigt. Insbesondere die zeitlich begrenzte Laufzeit macht die Geschäfte riskant. Denn am Verfallstag ist Zahltag.

          So geht's

          Dieser Gefahr tragen die Mini-Future-Zertifikate Rechnung. Zum einen besitzen die Zertifikate kein Laufzeitende, sondern werden am Ende der Laufzeit des zugrundeliegenden Future einfach auf den nächsten Future übertragen. Zum anderen sind die Papier mit einem inneren Stop-Loss versehen, sozusagen eine Art automatisierter Broker, der die Verluste begrenzt.

          Das Zertifikat funktioniert wie folgt: Aktuell kostet das Short-Zertifikat auf mageres Schweinefleisch 4,34 Euro. Der zugrundeliegende Future steht bei 65,75 Euro, der Finanzierungslevel steht derzeit bei 117 amerikanischen Cents. Bei letzterem handelt es sich um die Summe aus Kapitaleinsatz und dem aktuellen Preis des Schweinefleischs.

          Die Differenz zwischen dem Finanzierungslevel und dem Preis des Zertifikats (da das Papier ein Bezugsverhältnis von 1:10 hat hier mal 10 gerechnet) finanziert der Anleger der Bank vor, die ihm dafür täglich einen Bruchteilsbetrag gutschreibt. Das bedeutet, daß auch bei unverändertem Future-Preis für Schweinefleisch der Kapitaleinsatz sinkt und die Rendite des Anlegers steigt. Dieser geht in die Wertentwicklung des Zertifikats ein.

          Stop-Loss mit wenig Wirkung

          Die Stop-Loss-Marke wird als Prozentsatzabschlag vom Finanzierungslevel berechnet. Aktuell liegt dieser Stop-Loss bei einem Future-Preis von 107,64 amerikanischen Cents. Je länger der Anleger nun das Zertifikat hält, um so stärker sinkt der Finanzierungslevel und der Stop-Loss steigt - nach 30 Tagen auf 107,62.

          Wirksam wird der Stop-Loss, wenn der Schweinefleisch-Future diesen Preis erreicht hat. In diesem Fall wird der Handel ausgesetzt, der Basiswert verkauft - und der Anleger erhält den Restwert. Dieser berechnet sich aus der Differenz zwischen Finanzierunglevel und Stop-Loss-Marke unter Berücksichtigung des Bezugsverhältnisses, beträgt also derzeit etwa 77 Cents. Der Verlust betrüge dann rund 82 Prozent. Bei einer entsprechend hohen Gewichtung der Mini-Futures reicht das immer noch, um sich zu ruinieren.

          Indes liegt ja derzeit der Basispreis weit vom Stop-Loss entfernt. Deswegen ist auch der Hebel des Zertifikats (also die Renditechance) mit 0,99 ziemlich gering. Fällt der Basispreis um einen weiteren Dollar (1,5 Prozent), steigt der Wert des Zertifikats um rund neun Cents (2,2 Prozent).

          Anders dagegen das Long-Zertifikat, das auf steigende Preise für mageres Schweinefleisch setzt. Der Hebel beträgt aktuell 3,7. Das liegt daran, daß der Basispreis nur noch 13,09 Cents vom Stop-Loss entfernt ist. Steigt der Basispreis um einen weiteren Dollar (1,5 Prozent), fällt der Wert des Zertifikats um knapp 13 Cents (2,9 Prozent).

          Spielen bitte nur mit Spielgeld

          Im Moment aber scheint eher geboten zu sein, auf fallende Fleischpreise zu setzen. Das Short-Zertifikat hat in den vergangenen sechs Monaten 60 Prozent hinzugewonnen, während das Long-Zertifikat 47 Prozent verloren hat.

          Allein das zeigt die ganze Problematik dieser Anlageform. Bewegen sich die Schweine in die richtige Richtung, kann man reich werden. Laufen sie in die falsche, kann man arm werden. So ähnlich wie bei Rot und Schwarz beim Roulette.

          Das Wichtigste beim Investieren in Futures ist, daß man seinen Appetit zügelt, wenn man mal erfolgreich auf der richtigen Sau geritten ist. Denn übergroßer Hunger auf Rendite aus dem Future-Handel kann im Hungertod des Depots enden. Wer also schon mit Rindern und Schweinen spielen will (oder Palladium oder oder), sollte das auch nur mit Spielgeld tun.

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