Börse : Die stillen Verbündeten des Hochfrequenzhandels
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Der Hochfrequenzhandel ist reizvoll, aber keineswegs harmlos Bild: © Paul Price/Ikon Images/Corbis
Die Europäische Union will den schnellen Börsenhandel regulieren. Dafür gibt es Gründe, aber der Hochfrequenzhandel erfüllt auch wichtige Aufgaben.
Hochfrequenzhändler sind der Schrecken mancher Börsenteilnehmer und vieler Beobachter. Hochfrequenzhändler sind Marktteilnehmer, die mit Hilfe von Computerprogrammen im Bruchteil von Sekunden Kauf- und Verkaufsaufträge an den Börsen stellen. Weil diese Programme viel schneller als Menschen agieren, machen sie Angst. Hochfrequenzhändler werden vor allem an den amerikanischen Finanzmärkten für allerlei schnelle Kurseinbrüche, die sogenannten „Flash Crashes“, verantwortlich gemacht.

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Diese Kurseinbrüche, die sich meist ohne Vorwarnung innerhalb weniger Sekunden oder Minuten einstellen, werden zwar oft von ebenso schnelle Kurserholungen abgelöst. Aber die Furcht existiert, dass solche Computerprogramme einmal eine schwere und womöglich dauerhafte Baisse am Aktienmarkt einleiten, unter der auch viele langfristig orientierte Anleger leiden. Eine Möglichkeit, sich gegen eine unter Umständen selbstverstärkende kurzfristige Baisse zu wehren, besteht in der vorübergehenden Aussetzung des Börsenhandels als Folge überdurchschnittlich großer Kursveränderungen innerhalb kurzer Zeit. Dies ist eine jener Maßnahmen, die von der Europäischen Union im Rahmen weiterer Finanzmarktregulierungen erwogen werden.
Bedeutung von Privatanlegern geht zurück
Es gibt gute Gründe, das Treiben der Hochfrequenzhändler, auf die an vielen großen Börsen heute deutlich mehr als 70 Prozent der Umsätze entfallen, genau zu beobachten. Es besteht nach heutigem Kenntnisstand aber auch kein Grund, den Hochfrequenzhandel grundsätzlich zu verdammen. Vielmehr ist der sehr schnelle Börsenhandel ein Kind seiner Zeit: Er profitiert einmal vom technischen Fortschritt, der heute einen sehr viel rascheren Börsenhandel erlaubt als früher. Der Hochfrequenzhandel profitiert aber auch von grundlegenderen Veränderungen im Aktiengeschäft, auf die vor einiger Zeit der große norwegische Pensionsfonds, einer der größten Aktienanleger der Welt, hingewiesen hat.
Am Aktienmarkt hat sich die Struktur der langfristig ausgerichteten Anleger in den vergangenen Jahrzehnten geändert. Die Bedeutung der Privatanleger, die vor allem in Ländern wie den Vereinigten Staaten, Großbritannien und in der Schweiz nicht gering war, ist deutlich zurückgegangen. Im Gegenzug hat die Bedeutung von Großanlegern zugenommen. Hierzu zählen neben anderen Versicherungen, Banken, Investment-, Pensions- und Staatsfonds. Diese Großanleger handeln oft mit sehr großen Stückzahlen am Aktienmarkt.
Strategien der Hochfrequenzhändler sind keineswegs neu
Gleichzeitig ist aber auch als Folge eines Wettbewerbs von Handelssystemen eine Fragmentierung des Aktienhandels zu beobachten. Neben die traditionellen Börsen sind wenig regulierte inoffizielle Handelsplätze für Großanleger, die sogenannten „Dark Pools“, getreten. Der Wunsch von Anlegern, große Aktienpakete schnell handeln zu können, und die gleichzeitige Fragmentierung des Handels passen aber nicht recht zusammen. Ein Großanleger, der an einem Handelsplatz schnell eine bedeutende Menge Aktien kaufen oder verkaufen will, muss damit rechnen, nicht schnell genug Handelspartner zu finden. Hier nun schlägt die Stunde von Marktteilnehmern, die auf eigene Rechnung an solchen Märkten Geschäfte machen. Solche Eigenhändler hat es an den Börsen immer gegeben, und der norwegische Pensionsfonds weist auch darauf hin, dass die Strategien der Hochfrequenzhändler keineswegs neu sind.