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Banken : Das ganz alltägliche Abkassieren

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Volksbanken und Sparkassen nutzen das Vertrauen ihrer Kunden besonders aus, meint die Schutzgemeinschaft der Bankkunden

Volksbanken und Sparkassen nutzen das Vertrauen ihrer Kunden besonders aus, meint die Schutzgemeinschaft der Bankkunden Bild: dpa

Die Banken kennen viele Tricks, um ans Geld ihrer Kunden zu kommen - und sie nutzen sie auch. Denn mit Treu und Glauben hat das Geschäft nicht viel zu tun. Besonders Volksbanken und Sparkassen stehen im Ruf, das Vertrauen ihrer Kunden auszunutzen.

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          Viele Kunden haben es noch, „das gewisse Urvertrauen“ zu ihrer Bank, stellt Rechtsanwalt Jens Graf fest. Aber das sollten sie mal lieber schleunigst ablegen. Dies meint zumindest der Anlegeranwalt, der schon gegen viele Banken vor Gericht gezogen ist. Denn mit Treu und Glauben hat das Geschäft mit Konto und Kredit nur noch wenig zu tun.

          Oder wie sonst sollte man nennen, was viele Banken mit ihren Kunden treiben? Sie schließen mit ihnen Verträge über Zinssätze - die sie in Wirklichkeit gar nicht berechnen. Sie schreiben Geld zu spät auf Konten gut, um erst ein paar Tage Überziehungszinsen zu kassieren. Und sie erheben immer öfter üppige „Entgelte“, obwohl etliche Gerichtsurteile ihnen das längst verbieten. Wie sollte man so ein Geschäftsgebaren nennen?

          „Kalkulierter Rechtsbruch“

          „Banken begehen einen kalkulierten Rechtsbruch“, so sagt es Rechtsanwalt Graf. Weil die Kreditinstitute wahre Meister darin sind, sich über Urteile hinwegzusetzen, die Deutschlands höchste Gerichte seit Jahren im Sinne der Verbraucher fällen. Beispiele gefällig?

          Bild: F.A.Z.

          Vor Jahren urteilte der Bundesgerichtshof (BGH), dass Banken kein Entgelt dafür verlangen dürfen, wenn sie Lastschriften ablehnen, weil ein Konto nicht ausreichend gedeckt ist. Damit handele die Bank aus Eigeninteresse. Sie müsse ja fürchten, das Geld nicht zurückzubekommen. Eine Leistung, für die der Kunde bezahlen müsse, sei das nicht, befand der BGH. Und was taten die Banken?

          Es kostet immer

          Sie strichen das „Rücklastschrift-Entgelt“ aus den Geschäftsbedingungen und erhoben fortan ein „Benachrichtigungsentgelt“. Dafür, dass sie Schreiben verschicken, in denen sie den Kunden über zurückgegebene Lastschriften informieren. Auch die Klausel kippte der BGH: Die Benachrichtigung der Kunden sei eine Pflicht der Banken. Extragebühren dürfe das nicht kosten. Also erfanden die Banken den „Schadensersatz“ für Rücklastschriften. Inzwischen kippte der BGH auch den. Doch viele Banken kassieren ihn trotzdem.

          Es ist nur ein Beispiel von vielen, hat Jochen Schädtler, Vorsitzender der Schutzgemeinschaft für Bankkunden ermittelt: Er durchforstet seit Jahren die Preis-Leistungsverzeichnisse von Banken und hat 1400 Klauseln entdeckt, in denen Banken sich selbst Entgelte zusichern, die Gerichte längst für unzulässig erklärt haben.

          Volksbanken und Sparkassen fallen negativ auf

          „Die setzen sich einfach darüber hinweg“, registriert er kopfschüttelnd. Auch wenn es oft nur ein paar Euro sind, die dem Kunden dabei abgezogen werden: Immer öfter und auch immer üppiger kassieren Banken mit Entgelten ab, beobachtet er. So berechnen manche Banken schon mal 250 Euro für „Sonderleistungen“, ohne die näher zu beziffern. Über eine Dauer von 10 bis 20 Jahren gehen dem Konto so 5000 bis 10.000 Euro flöten.

          Warum lassen sich Kunden das gefallen? Weil sie oft nicht jeden Kleinstbetrag nachprüfen. Oder zu vertrauensselig sind: „Wenn der Hausbanker sagt: Das geht schon in Ordnung Herr Meyer, dann glauben sie dem“, hört Schädtler oft. Es sind übrigens gerade die Volksbanken und Sparkassen, die dieses Vertrauen besonders ausnutzen, sagt er. Bei den Privatbanken findet er viel seltener unzulässige Klauseln. „Und bei einer Bank haben wir sogar noch gar keine gefunden: bei der Deutschen Bank.“

          Banken umgehen auch EU-Regeln

          Es geht aber nicht nur um unzulässige Gebühren. Auch andere Verbote umgehen Banken trickreich, weiß Rechtsanwalt Graf: Das Verbot der Kick-Back-Zahlungen etwa, das seit 2007 EU-weit gilt. Danach dürfen Banken keine Rückflüsse aus Ausgabeaufschlägen mehr erhalten, die sie bisher als versteckte Provisionen von Fondsgesellschaften bekamen. Dumm nur: Die EU-Regelung ließ eine Ausnahme zu.

          Wenn die Rückzahlungen dazu beitrügen, die Infrastruktur der Bank zu verbessern, seien sie weiterhin erlaubt, heißt es. Darum verteilen Banken nun Merkzettel, auf denen sinngemäß steht: Wir bekommen diese Zahlungen, weil wir nur so in der Lage sind, die Ausführung der Geschäfte zu gewährleisten. Das hält Graf für „nichts anderes als eine vorgeschobene Ausrede: Deshalb bekommt der Kunde keinen besseren Service und erst recht kein Glas Champagner zum Abschluss.“ Aber die Bank bekommt weiterhin viel Geld.

          Uralte Tricks funktionieren immer noch

          Der häufigste Trick aber, mit dem sich Kontoprüfer wie Hans Peter Eibl herumschlagen, ist die Wertstellung: Wird Geld bar aufs Konto eingezahlt oder überwiesen, muss es schnellstmöglich gutgeschrieben werden. Auch darauf pochen Gerichte. Doch bei rund jeder dritten Buchung arbeiten Banken erst noch ein paar Tage mit dem Kundengeld, regt sich Eibl auf. Denn gleichzeitig rutscht der Kunde oft in den Überziehungszins.

          Noch mehr Geld geht den Verbrauchern bei Zinsgeschäften und Krediten verloren. Denn Banken rechnen gern falsche Zinssätze ab, erlebt Eibl oft: Kreditkunden haben Verträge in der Hand, in denen ihnen die Bank einen Zinssatz von sagen wir 10 Prozent zusichert. Doch sie berechnet in Wahrheit 11,5 Prozent. Ohne mit der Wimper zu zucken. Sie muss es nicht einmal erklären, „denn ohne technische Hilfe und Gutachter merken Sie das nicht einmal“, sagt Eibl.

          Je nach Kredithöhe zahlen Kunden so mehrere tausend Euro pro Jahr drauf. Die Bank aber wirbt mit ihren niedrigen Zinsen. Selbst diejenigen, die den Banken auf die Schliche kommen, beschweren sich meist nicht: „Weil sie oft Angst haben, dass ihnen die Bank den Kredit ganz kündigt.“ So bleibt für die Gerichte noch viel zu tun, wenn sie wollen, dass die Banken ihren Kunden endlich wieder treu sind, damit die den Glauben nicht ganz verlieren.

          Was Bankkunden selbst tun können :

          Liste besorgen: Fragen Sie in Ihrer Bankfiliale nach dem vollständigen Preis-Leistungs-Verzeichnis. Nur damit können Sie die Konditionen von Banken wirklich vergleichen. Kunden haben Anspruch auf die Herausgabe der Liste. „Potenzielle“ Kunden auch. Denen händigen Banken die Listen aber oft ungern aus.

          Nicht abwimmeln lassen: Oft antworten Bankmitarbeiter, die Liste sei „gerade nicht zur Hand“, „beim Chef“ oder „zu umfangreich“. Im Gegenzug bieten sie an: „Was wollen Sie denn genau wissen? Ich gucke das gern nach.“ Bleiben Sie hartnäckig und bestehen Sie auf der Liste.

          Verwechslungsgefahr: Vorsicht, das Preis-Leistungs-Verzeichnis ist nicht der Preisaushang. Der liegt meist offen aus. Er listet aber nur einen Bruchteil der Entgelte auf. Meist nur die gängigsten.

          Im Netz nachsehen: Einige Privatbanken haben ihre Preisverzeichnisse ins Internet gestellt.

          Entgelt zurückfordern: Eine Liste aller unzulässigen Bankgebühren hat die Schutzgemeinschaft für Bankkunden erstellt. (www.schutz-vor-banken.de.) Zudem halten Verbraucherzentralen Musterbriefe bereit, mit denen Kunden ihr Geld zurückfordern können.

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