Fintechs : Viel Technik, weniger Geschäftssinn
- -Aktualisiert am
Die elektronische Überprüfung der Identität durch Authada hält Finlab für vielversprechend. Bild: Authada
Der Fintech-Investor Finlab erwartet mehr von der Branche. Oft scheint die Faszination der Technik wichtiger als das Geschäftsmodell. Zudem sei das Verbrauchergeschäft „ziemlich abgegrast“.
Der Rummel um Fintechs, also junge Unternehmen, die durch neue Technik die Branche der Finanzdienstleistungen zu revolutionieren versprechen, war in den vergangenen Jahren groß. Viel Beteiligungs- und Wagniskapital floss in die Start-ups. Als Finanzierer auf die Branche spezialisiert ist auch die in Frankfurt ansässige Finlab. Der „Frühphaseninvestor“ ist aktuell direkt und indirekt an 23 Unternehmen beteiligt. Das bekannteste davon dürfte Deposit Solutions sein, Sparern am ehesten über die Plattform Zinspilot vertraut.
Mit der Entwicklung der eigenen Beteiligungen ist Vorstandsmitglied Stefan Schütze recht zufrieden, blickt aber ansonsten überraschend kritisch auf die Branche und das nicht nur wegen der Vorgänge um den Zahlungsabwickler Wirecard. Daran beteiligt war Finlab nie. „Zahlungsabwickler waren für uns als Frühphaseninvestor zum Zeitpunkt unseres Starts in 2015 schon generell viel zu groß. Das ist zwar ein spannendes Geschäftsfeld, aber da wächst das Geld auch nicht auf den Bäumen. Es ist vor allem Volumengeschäft.“ Im Sepa-Raum sei für die Anbieter kaum etwas zu verdienen, im internationalen Zahlungsverkehr sehe es besser aus. „Im Allgemeinen aber sind Abwickler für uns zu hoch bewertet.“
Auch von anderen Bereichen ist Schütze nicht sehr überzeugt, gerade wenn es um Verbraucherlösungen geht. Vielfach brächten neue Start-ups Kopien anderer Geschäftsmodelle. „Als Transferwise sich neben dem Platzhirsch Western Union im Geschäft mit Auslandsüberweisungen etablierte, war das innovativ und hat funktioniert. Aber auf der Finovate-Messe kamen andere Fintechs mit der gleichen Idee. Nach Transferwise können diese alle nur noch Nischenplayer werden – selbst wenn ihre Technik noch einen Tick ausgefeilter sein sollte als die von Transferwise.“
Auch an so manchem Online-Broker zweifelt Schütze. „Womit verdient man denn noch Geld, wenn man keine oder nur minimale Transaktionsgebühren verlangt? Also muss man Kosten sparen, und das heißt, dass die Servicequalität leidet und im ganzen Segment die Margen erodieren.“ Einige Broker wie Nextmarkets könnten die Abwicklung von Aktienordern mit Margen aus dem Handel von Differenzkontrakten ausgleichen. „Am Ende aber ist das ein Verdrängungswettbewerb. Denn die Zahl der potentiellen Kunden nimmt nicht zu.“ Im Geschäft mit Endverbrauchern gehe es vor allem um Markenbildung. Dem Robo-Advisor Scalable etwa sei das gelungen oder Vergleichsplattformen wie Check 24. Da sei einfach nichts mehr zu holen. „Im Allgemeinen ist das Endverbrauchergeschäft ziemlich abgegrast“, sagt Schütze.
Ganz anders sei das im Unternehmensgeschäft, auf das sich Finlab nun mehr konzentriere. Die Banken seien in einem tiefgreifenden Wandel durch Digitalisierung, aber auch auf der Compliance-Seite, da kämen innovative Lösungen gerade recht. „SaaS, Software as a Service – da kann man noch Geld verdienen.“ Und da sei man mit den eigenen Beteiligungen auch gut positioniert, wie etwa mit dem E-ID-Identifikationsdienst Authada. Schütze verspricht sich hier auch einiges von der Durchsetzung des Online-Ausweises im Behördenverkehr.
Das Thema Blockchain stehe dagegen erst noch am Anfang. Dabei hat Schütze nicht so sehr Kryptowährungen und digitale Wertpapiere im Auge. „Nach Inkrafttreten des Kryptoverwahrungsgesetzes wurde die Bafin mit einer hohen zweistelligen Anzahl von Zulassungsanträgen überschwemmt. Bei den Verwahrlösungen gibt es auch einen Preiskampf, und die verwalteten Volumen werden noch gering sein. Wir sehen das Ganze daher eher als ein Übernahmethema – also dass etablierte Player sich die Technologie eines der Startups in diesem Gebiet einverleiben.“
Die wahre Musik spiele kurzfristig eher in Bereichen wie dem Gaming, wo Kryptowährungen etwa den Erwerb von virtuellen Gegenständen erleichtern. Langfristig aber denkt Schütze an revolutionärere Anwendungen, etwa das Lieferketten-Management. Hier sei man dran. „Das hat Potential, weil es viele Vorteile bietet. Man kann etwa den Weg eines Teils von der Produktion bis zur Auslieferung und Nutzung inklusive Abrechnung für den Kunden genau nachvollziehen. „Nicht zuletzt könnte dann kaum noch ein Teil ,vom Laster fallen‘“, fügt er augenzwinkernd hinzu.