Wirtschaftskrise in der Türkei : Erdogan will den Leitzins halbieren
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Erdogans Zinspolitik stößt auf die Ablehnung der Investoren. Bild: Getty
Der türkische Staatschef will trotz hoher Inflation die Zinszügel lockern. An den Märkten kommt das schlecht an. Die Lira verliert deutlich.
Der türkische Präsident Tayyip Recep Erdogan hat in bisher ungekannter Deutlichkeit Zinssenkungen von der nominell unabhängigen Zentralbank verlangt. „So Gott will, werden wir den Zinssatz auf einstellige Werte senken und diese Zahl dann weiter reduzieren. Wir sind entschlossen“, sagte Erdogan in einer Rede vor Abgeordneten seiner regierenden AK-Partei im Parlament von Ankara. Damit verringere man auch die Belastung für den Haushalt. Bisher hatte er nur unspezifische Zinssenkungen verlangt.

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Zugleich kündigte er an, auch die Inflation auf einstellige Werte reduzieren zu wollen. Die Rate der Geldentwertung war in den vergangenen sechs Monaten stetig gestiegen, aktuell liegt sie bei 16,2 Prozent. Um sie zu bekämpfen hatte der im März abgelöste Zentralbankchef die Leitzinsen in schneller Folge von 10,25 auf 19 Prozent angehoben und damit Vertrauen an den internationalen Märkten gewonnen. Devisen flossen ins Land, die Lira konnte ihre erheblichen Vorjahresverluste verringern.
Lira verliert weiter an Boden
Der von Erdogan ernannte neue Notenbankgouverneur Sahap Kavcioglu, der dritte Zentralbankchef in zwei Jahren, hatte unlängst erklärt, es sei nicht klar, ob die Notenbank den Leitzins auf der nächsten Sitzung in der kommenden Woche senken werde. Die Prognose dürfte nach Erdogans Intervention hinfällig sein. Die Lira verlor im Tagesverlauf gegenüber Dollar und Euro weiter an Boden und notierte 0,7 Prozent schwächer um 8,19 Lira je Dollar. Bei der aktuellen Inflationsrate von 16,2 Prozent liefe eine Halbierung des Leitzinses auf eine deutlich negative Verzinsung hinaus. Anleger dürften das kaum akzeptieren.