Die Risikofreude treibt die Anleiherenditen
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Die EZB betreibt eine falsche Ausgestaltung der Anleihekäufe, sagt Invesco-Chefvolkswirt John Greenwood. Bild: Wolfgang Eilmes
Von wegen zementiert: Die EZB will die Zinsen noch lange niedrig halten, aber die Renditen für Bundesanleihen klettern kräftig. Sie sind nicht die einzigen.
Die Botschaft der Europäischen Zentralbank (EZB) Mitte September ließ an Klarheit keine Wünsche offen. Eine „sehr expansive Geldpolitik sei für längere Zeit nötig“, sagte der inzwischen abgetretene EZB-Präsident Mario Draghi und setzte noch durch, dass der Hauptrefinanzierungssatz auf Null verharrt, der Einlagenzins der EZB für Geschäftsbanken im Euroraum sogar von minus 0,4 auf minus 0,5 Prozent sinkt und die EZB seit Anfang November wieder jeden Monat für 20 Milliarden Euro Anleihen kauft, um die Renditen zu drücken. Damit habe Draghi das niedrige Zinsniveau zementiert, hieß es nach dieser Entscheidung einhellig. Die DZ Bank etwa bekräftigte gerade erst ihre Einschätzung, dass der Hauptrefinanzierungssatz im Euroraum für die nächsten sechs Jahre auf null bleiben werde. Das heißt aber nicht, dass auch die Renditen für längere Laufzeiten auf niedrigem Niveau verharren, im Gegenteil: Bundesanleihen mit zehn Jahren Laufzeit haben seit ihrem Tief Mitte August einen halben Prozentpunkt zugelegt. Das ist eine ganze Menge.

Redakteur in der Wirtschaft.
Auffällig ist, dass die Bundesanleihe mit zehn Jahren Laufzeit ihr Jahresrenditetief mit minus 0,74 Prozent schon Mitte August markierte – genau einen Monat bevor die EZB ihre Zinssenkung vornahm. Die Anleger haben also mit Anleihekäufen die EZB-Entscheidung vorweggenommen und versucht, sich noch zu höheren Renditen einzudecken. Inzwischen aber ist der Kurs der Bundesanleihe mit zehn Jahren Laufzeit wieder auf den tiefsten Stand seit Juli gefallen, und die sich genau gegenläufig entwickelnde Rendite hat sich auf minus 0,25 Prozent erhöht. Das zeigt: Die EZB setzt mit dem Einlagensatz den Zins für eine Nacht und mit dem Hauptrefinanzierungssatz den Zins für eine Woche. Die Anleihekäufe aber üben nur begrenzt Einfluss auf das Zinsniveau aus. Zumindest gibt es weitere Faktoren, die auf Anleihekurse wirken, ansonsten wären die Renditen in den vergangenen drei Monaten nicht dermaßen gestiegen. Zu beachten ist dabei vor allem auch das gestiegene Renditeniveau auf dem wichtigen amerikanischen Anleihemarkt.
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