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Ungarische Nationalbank : „Stellen den Markt für Unternehmensanleihen wieder her“

  • Aktualisiert am

Eingangsportal der Ungarischen Nationalbank Bild: AFP

Die Ungarische Nationalbank weist Kritik an ihrem jüngsten Anleihenkaufprogramm zurück. Dieses sei keineswegs industriepolitisch motiviert, sondern integraler Bestandteil der Geldpolitik.

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          Im Juli hat die ungarische Zentralbank ein neues Anleihenkaufprogramm für Unternehmensanleihen gestartet. Ziel des Programms sei es die Liquidität des Marktes für Unternehmensanleihen zu erhöhen. Gegen die Kritik, es handele sich um eine verkapptes nationales Industriefinanzierungsvorhaben, setzt sich die „Magyar Nemzeti Bank“ (MNB) nun zur Wehr.

          Das Wichtigste für eine Zentralbank, die die gesetzlich festgelegten Ziele erreichen wollte, sei dass ihre geldpolitischen Entscheidungen im gewünschten Umfang und mit der gewünschten Geschwindigkeit auf die makroökonomischen Variablen einwirken, auf die sie Einfluss nehmen möchte, kurz die Effizienz des Transmissionsmechanismus der Geldpolitik zu steigern. Wenn nun Unternehmen darauf angewiesen seien, sich auch durch Anleiheemissionen Mittel zu beschaffen, so könne man über den Anleihenmarkt die Entwicklung der Finanzierungskosten wirksamer beeinflussen und so die Erreichung oder Aufrechterhaltung des Inflationsziels erfolgreicher gewährleisten.

          Dabei hätten die Erfahrungen nach der Krise 2007/2008 gezeigt, dass die Transmission umso effizienter sei, je direkter und gezielter die Instrumente der Notenbank wirken. Das „Anleiheprogramm für Wachstum„ (NKP) habe genau das zum Ziel: die Effizienz der geldpolitischen Transmission zu steigern und die Liquidität des Marktes für Unternehmensanleihen zu erhöhen.

          Analogie zum Anleihenkaufprogramm der EZB

          Insofern sieht die MNB das Programm nicht als industriepolitisches, sondern als geldpolitisches Instrument. So gebe es keine Präferenzen etwa für Eigentümer, Branchen oder Unternehmensgrößen, damit sei das Programm wettbewerbsneutral. Tatsächlich zeigten die Unternehmen, die am NKP interessiert seien, ein sehr diversifiziertes Bild. Für die Teilnahme am NKP hätten sich Unternehmen aus dem In- und Ausland und fast allen Branchen registriert. Grundsätzlich könne jedes (Nicht-Finanz-)Unternehmen am Programm teilnehmen.

          Das NKP stütze sich zudem sowohl hinsichtlich seiner Ziele und Parameter in hohem Maße auf das Programm zum Ankauf von Unternehmensanleihen (CSPP) der Europäischen Zentralbank (EZB). Beide Programme bezögen sich auf Nicht-Finanzunternehmen mit Sitz im Inland und es dürften höchstens 70 Prozent eine ausgegebenen Anleihe von der Zentralbank erworben werden.

          Darüber hinaus könnten sowohl EZB als auch MNB sowohl auf dem Primär- als auch auf dem Sekundärmarkt auf die eigene Währung lautende langfristige Unternehmensanleihen kaufen. Beide Programme hätten auch das grundsätzliche gemeinsame Ziel, eben die Effizienz der geldpolitischen Transmission zu verbessern: Während dies beim CSPP die quantitative Lockerung sei, könne das Programm der MNB hinsichtlich der zinspolitischen Ausrichtung als neutrales Instrument betrachtet werden, da dadurch überschüssiges Geld aus Anleihekäufen sterilisiert werde.

          Auch den deutlichen Unterschied in den Mindestvoraussetzungen an die Bonitätseinstufung der annehmbaren Anleihen weiß die Zentralbank zu erklären. Dieser sei grundsätzlich auf die unterschiedliche Einstufung des Länderrisikos in der Eurozone und in Ungarn zurückzuführen. Bei der Ausarbeitung der strategischen Kriterien des NKP‘s habe man unter Berücksichtigung des Länderrisikoratings sowie der
          Merkmale des ungarischen Marktes für Unternehmensanleihen ein erforderliches Mindestrating von „B+“ erarbeitet. Die ungarische Notenbank kaufe wie die EZB Anleihen von Unternehmen, die im Vergleich zum Länderrisikolimit eine niedrigere Einstufung hätten, aber für die Banken kreditwürdig seien. Ungarns Länderrrisiko werde mit “BBB“ bewertet, das des Euroraums mit  AAA. Das Bonitätslimit des CSPP liegt mit „BBB-“ neun Stufen unter AAA, „B+“ fünf Stufen unter „BBB“. Bei neun Stufen unter „BBB“ wäre eine Unternehmensanleihe schon stark ausfallgefährdet, insofern hat die MNB hier weniger Spielraum.

          „In der Praxis können wir beobachten, dass die von den führenden Notenbanken eingesetzten nicht-konventionellen Instrumente wie die Programme zum Kauf von Unternehmensanleihen, zusätzlich zu den konventionellen Instrumenten als Instrumente zur Unterstützung der wichtigsten Ziele der Geldpolitik dienen können, die Märkte mit unzureichender Liquidität wiederherstellen können, um die geldpolitische Transmission zu verbessern“, heißt es von der Zentralbank. „Die MNB gestaltet ihre eigene Geldpolitik und ihr Instrumentensystem unter Berücksichtigung derselben Ziele.“

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