Staatsanleihen : Italien ist Europas größtes Sorgenkind
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Ist in Italien neben Italien noch Platz für Europa? Bild: dpa
Die Rating-Agentur Moody’s beruhigt: Europas Lage ist stabil. Doch der Blick auf Details offenbart manches, was beunruhigen kann.
Es ist nun fast sieben Jahre her, dass sich der Euroraum in seiner bis dato größten Krise befand. Griechenland wurde zahlungsunfähig und die Renditen spanischer, portugiesischer oder irischer Staatsanleihen stiegen auf ungeahnte Höhen.
Gleichzeitig senkten die Rating-Agenturen ihre Bonitätsnoten, so dass den –amerikanischen – Unternehmen abwechselnd vorgeworfen wurde, die Situation zu verkennen oder aufgrund nationaler Vorurteile die europäischen Länder zu schlecht zu bewerten. Der Ruf nach einer europäischen Rating-Agentur wurde laut.
Nun, sieben Jahre danach, hat sich alles wieder beruhigt. Griechenlands und Irlands Ratings haben sich um fünf Noten verbessert, Portugals um drei, Spaniens um zwei und von der europäischen Rating-Agentur ist weiter nichts zu sehen. Dafür scheint die Krise des Euroraums zwar weiter nur zu schwelen, doch stärker als vielleicht noch vor ein, zwei Jahren.
Was Dietmar Hornung, bei der Rating-Agentur Moody’s geschäftsführender Gesellschafter und für den Bereich Staatsanleihen zuständig, auf der jährlichen „Credit Trends“-Konferenz zu sagen hat, klingt zunächst einmal beruhigend. Das Potential für bessere Bonitätsnoten sei zwar begrenzt, aber insgesamt stelle sich Europa stabil dar.
Und einen Grund, pessimistisch für den Kontinent in seiner Gesamtheit zu sein, gebe es nicht. In Frankreich seien die Chancen auf ein Gelingen der Reformen immer noch gut, auch wenn das Risiko gestiegen sei, dass sie zum Stillstand kämen.
Insgesamt stabil
Das Gesamtbild sei stabil, allerdings auch ein bisschen vertrackt. Zunächst lägen die Bonitätsnoten im allgemeinen immer noch teils deutlich niedriger als vor der Finanzkrise. „Europa ist eine schöne Union, allerdings ist sie unter Stress zerbrechlich“, meint Hornung. Die strukturelle Schwäche des Euroraums besteht fort und seine Fähigkeit Schocks abzufangen, habe sich gegenüber 2008 eher verschlechtert denn verbessert.
2008 sei dieser von den Subprimes, also amerikanischen Hypothekenkrediten schlechter Qualität ausgegangen. Heute könnte aus dem Zulauf zu populistischen Bewegungen ein solcher Schock erwachsen. „‘Mein-Land-zuerst-Politiken‘ wie in Italien könnten Europa in seinen Grundfesten erschüttern“, sagt Hornung
Da werde die bevorstehende Europawahl zum Lackmustest werden. Am Ende könne die Lega auf die Idee kommen, Neuwahlen in Italien auszurufen, wenn sie in den Europawahlen erfolgreich sei. Europa sei derzeit ein Brennpunkt populistischer Bewegungen. Das zeigt auch eine Umfrage unter den Teilnehmern der Konferenz: 78 Prozent erwarten, dass populistische Strömungen stärker werden, gerade in Ländern der europäischen Peripherie.
Auch das Wachstum des Kontinents macht Moody’s Sorgen. Es werde sich in fast allen Staaten des Euroraums verlangsamen, vor allem in den Ländern, die derzeit stark wüchsen, aber eben auch etwa in Italien. Das Auseinanderklaffen der Wachstumsraten sei ein dauerhaftes Problem für die politisch Verantwortlichen.
Auch auf der Verschuldungsseite zeichnet Hornung kein wirklich erfreuliches Bild. Zwar seien die Haushaltsdefizite im Durchschnitt nicht hoch, aber auch diese klafften eben auseinander. 16 Länder trügen mittlerweile eine höher Schuldenlast als 2008. „Italien macht uns am meisten Sorgen. Wir haben dort ein Wachstumsproblem, fiskalische Probleme und eine europakritische Regierung.“ Doch Hornung beruhigt: Es gebe keine akute Krise und die Bonitätsnote – mit „Baa3“ allerdings auch nicht gerade gut und ebenso noch im Bereich des Investmentwürdigen – werde sich in absehbarer Zukunft nicht ändern.
Insgesamt hinterlässt Hornung damit am Ende doch ein Gefühl, das an einen wolkenverhangenen, schwülen Sommertag erinnert. Man erwartet ein Gewitter, von dem man aber nicht weiß, wann es kommt. Oder ob sich die Wolken am Ende doch nicht wieder verziehen - was man natürlich hofft.