Onlinehändler auf Erfolgskurs : Plattformen bereichern die Welt
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Du willst es, du kriegst es: Auf Plattformen wie Amazon erwartet Nutzer ein schier unerschöpfliches Angebot. Bild: iStock
Einkaufen bei Amazon, Hotel buchen über Booking, Essen bestellen bei Lieferando: Plattformen revolutionieren die Wirtschaft und machen Aktionäre reich.
Unser Leben ist in den vergangenen zehn Jahren immer leichter geworden. Wir müssen uns nicht mehr die Mühe machen, überall nach Unterkünften zu suchen, ehe wir verreisen, oder Geschäfte nach Tonträgern zu durchforsten, wenn wir Musik hören wollen, oder Restaurantführer durchblättern, wenn wir Essen bestellen wollen. Unser Leben erleichtert haben Plattformen, auf denen wir Kunden mit den Anbietern direkt zusammengeführt werden. Buchungsportale wie Booking, Fahrdienste wie Uber, Essenslieferanten wie Lieferheld oder Lieferando und soziale Netzwerke wie Facebook haben die Lebensgewohnheiten nachhaltig verändert und tun es weiterhin. Was gut ist für uns Kunden, ist oft schlecht für traditionelle Branchen. Viele Geschäftsmodelle geraten unter Druck, weil junge Internetfirmen auf findige Ideen kommen.
Plattformen funktionieren simpel. Sie stellen keine Waren her, sondern fungieren als ein virtueller Marktplatz, auf dem Fremde ihre Waren und Dienstleistungen tauschen. Uber baut kein eigenes Auto, sondern greift auf Fahrer zurück. Airbnb besitzt kein einziges Hotel, sondern vermittelt Privatzimmer. Apple beschäftigt keine Musiker, sondern stellt Rock, Pop etcetera über die Plattform iTunes zur Verfügung. Der Aufwand ist für die Firmen, die zwischen Anbieter und Konsumenten vermitteln, so überschaubar wie die notwendigen Investitionen. Wer über ausgereifte Algorithmen verfügt, kann auf relativ einfache Weise viel Geld verdienen. Umso mehr, je mehr Nutzer sich auf der Plattform tummeln. „Netzwerkeffekte“ nennt man dies im Fachjargon.
Der Vorsprung ist kaum aufzuholen
Von einer „Plattform-Revolution“ spricht daher Geoffrey Parker, Professor am amerikanischen Massachusetts Institute of Technology (MIT). Das Center for Global Enterprise hat gar „das Zeitalter der Plattformen“ ausgerufen. Die Zeit ist so weit fortgeschritten, dass große Internetplattformen keine Konkurrenz mehr fürchten müssen. „Diese Unternehmen haben beim Sammeln, Analysieren und Verarbeiten von Daten einen Vorsprung, der kaum aufzuholen ist“, sagt Uwe Neumann, der als Analyst der Schweizer Großbank Credit Suisse die IT-Branche beobachtet. Und sollte doch ein anderer pfiffiger Gründer daherkommen und eine ebenso wettbewerbsfähige Plattform ins Leben rufen, so würden die Platzhirsche Apple, Facebook & Co, laut Neumann ihre Stärke ausnutzen. „Die Unternehmen haben so viel Geld angehäuft, dass sie jede Firma kaufen könnten, die eine ähnliche Idee hat.“
Wie sehr die Plattformen unser Leben verändert haben, das spiegelt sich auch an den Börsen wider. Gehörten vor einem Jahrzehnt Energiekonzerne wie Exxon Mobile, Royal Dutch Shell, BP und Gasprom oder Großbanken wie Citigroup oder HSBC zu den zehn wertvollsten Firmen der Welt, so führen heute sieben Internetkonzerne die Liste an. Ein Fünftel des globalen Börsenwerts entfällt auf IT-Firmen, Tendenz weiter steigend. Zu den spannenden Fragen an den Börsen zählen, wann Apple als erster Konzern mehr als eine Billion Dollar wert sein wird und wie viel teurer die Amazon-Aktie noch wird, nachdem sie am Freitag ein Rekordhoch von 1187 Dollar erreichte.
Ein schier unerschöpfliches Angebot
Was alle Internetkonzerne, die über Plattformen verfügen, eint: Sie erzielen 12 Prozent höhere Erlöse und Gewinne als der Durchschnitt der börsennotierten Unternehmen in Amerika. Die jüngsten Ergebnisse haben es eindrucksvoll gezeigt: Als neulich Amazon, Google und Microsoft gleichzeitig sagenhaft starke Quartalszahlen vorlegten, war in Amerika von einem „Super Thursday“ die Rede. Die Technologiefirmen profitieren stark von ihrem Cloud-Geschäft sowie von Marktplätzen, auf denen sie Konsumenten ein schier unerschöpfliches Angebot an Musik, Filmen und vielerlei mehr machen.
„Unternehmen wie Amazon stoßen in Felder vor, in denen sie bisher nicht waren: Lebensmittel, Hardware, Unterhaltung. Dort sind die Marktchancen für die nächsten 10, 15 Jahre groß“, sagt Bernd Köcher, der als Fondsmanager der Deka Bank die IT-Branche besonders im Blick hat. So ist der chinesische Internetkonzern Alibaba in der vergangenen Woche dem Beispiel von Amazon gefolgt und ebenfalls in den stationären Handel eingestiegen. Hatte der amerikanische Online-Händler vor Monaten die Supermarktkette Whole Foods übernommen, so hat Alibaba nun rund ein Drittel an Sun Art erworben, dem größten Betreiber von Warenhäusern in China.