EU-Verordnung : Nachhaltige Finanzprodukte sorgen für Regulierungsflut
- -Aktualisiert am
Wegen der Erderwärmung schmilzt in der Arktis das Eis. Die Finanzbranche soll nun zum Klimaschutz beitragen, aber wie lässt sich das messen? Bild: dpa
Vom 10. März an müssen Banken und Fonds offenlegen, welchen Beitrag ihre Anlagen zur Nachhaltigkeit leisten. Doch viele Fragen sind noch offen.
Es steht außer Zweifel, dass der Finanzmarkt einen wichtigen Beitrag zum Klima- und Umweltschutz leisten kann. Denn Banken, Versicherer und Kapitalmärkte sind für nahezu alle Wirtschaftsbereiche von entscheidender Bedeutung. Das haben auch Banken und insbesondere die Fondsgesellschaften erkannt, die nachhaltige, also im Wesentlichen dem Klima- und Umweltschutz dienende Anlageprodukte immer stärker vermarkten.
Das ruft in Kreisen der Politik und der Aufsicht die Sorge hervor, dass einige „Grünfärberei“ betreiben, also nicht ganz so nachhaltigen Anlagen einen grünen Anstrich geben. Das will die EU-Kommission unterbinden und hat deshalb der Finanzbranche eine Offenlegungsverordnung auferlegt, die am 10. März in Kraft tritt. Dann müssen Finanzinstitute regelmäßig über die nachhaltigen Aspekte ihrer Produkte informieren, um Anlegern mehr Transparenz zu bieten und „Greenwashing“ zu vermeiden.
Doch die Umsetzung der Verordnung gestaltet sich schwierig, sowohl in der Kommission als auch in den betroffenen Finanzhäusern. Mit Blick auf das Inkrafttreten der Verordnung sei es noch immer schwierig abzugrenzen, ab wann Fondsprodukte als nachhaltig eingestuft werden sollten, sagt Magdalena Kuper, Abteilungsdirektorin Recht beim deutschen Fondsverband BVI. Ihren Angaben zufolge muss die Kommission nun Fragen der EU-Aufsichtsbehörden dazu beantworten. „Unseres Erachtens reicht aber die verbliebene Zeit nicht aus, um die Hinweise der EU-Kommission bei der Einstufung der Produkte schon zum 10. März zu berücksichtigen.“
Der Teufel steckt im Detail, es geht um die technischen Standards. Unter den Vermögensverwaltern nehmen mit dem näher rückenden Termin die Sorgen zu. „Mit den neuen Anforderungen der Verordnung rollt auf den Finanzsektor eine Regulierungslawine zu“, klagt Marco Herrmann, Geschäftsführer beim Münchner Vermögensverwalter Fiduka.
Schwierige Datenlage
So wolle die EU-Kommission 32 verpflichtende und 18 optionale Indikatoren aus den Bereichen Treibhausgasemissionen, Energieeffzienz, Biodiversität, Wasser, Abfall, Soziales und Mitarbeiter, Menschenrechte sowie Korruption vorgeben. „Anhand dieser Indikatoren müssen wir nachweisen, wie unsere Fonds die Nachhaltigkeitsziele erfüllen. Das wird sehr kompliziert“, fürchtet Herrmann. So würden Daten zur Beurteilung von Unternehmen, deren Aktien oder Anleihen ein Fonds hält, anhand dieser Indikatoren benötigt. Fraglich bleibe auch, wie sich Maßnahmen zur Erhaltung der Biodiversität oder gegen Abholzung von Wäldern objektiv und quantitativ messen ließen.
Diese Research-Kapazitäten müssten große Kapitalanlagegesellschaften noch aufbauen. Alternativ könnten diese Daten eingekauft werden. Diese werden unter anderen von dem Börsenindexentwickler MSCI oder dem kürzlich von der Deutschen Börse erworbenen Aktionärsberater ISS angeboten. „Doch die Ratings für Nachhaltigkeit weisen auch Schwächen auf und können sich von Anbieter zu Anbieter deutlich unterscheiden“, gibt der Fiduka-Geschäftsführer zu bedenken.
Schon sehr lange muss die Bank für Kirche und Caritas aus Paderborn nachhaltige und ethische Aspekte in der Kapitalanlage berücksichtigen, weil ihre Kunden größtenteils aus der katholischen Kirche und deren caritativen Einrichtungen stammen. So verfügt das Institut über einen Filter, der bestimmte, mit katholischen Vorstellungen unvereinbare Investitionen ausschließt. Doch der für nachhaltige Anlagen zuständige Leiter Helge Wulsdorf ist über die Verordnung derzeit alles andere als glücklich: „Es gibt noch einige offene Fragen. Die Verordnung ist sehr allgemein gefasst.“