Neue Regierung in Rom : Die italienische Gefahr
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Von den Herren auf dem Bild geht Gefahr aus: Polizisten in Rom entfernen ein Gemälde das Matteo Salvini und Luigi Di Maio zeigt. Bild: AFP
Italiens neue Regierung ängstigt Europa. Ist das der Beginn der nächsten Euro-Krise?
Nun haben die Märkte doch noch reagiert, wenigstens ein bisschen. Die Ratingagentur Moody’s ließ zum Wochenende wissen, sie prüfe eine Herabstufung der italienischen Bonität. Es gebe ein „beträchtliches Risiko“, dass sich die Finanzlage Italiens spürbar verschlechtere. Der Zinsabstand zwischen italienischen und deutschen Staatsanleihen hat sich im Vergleich zum Vormonat fast verdoppelt, die Rendite für zehnjährige Anleihen des italienischen Fiskus liegt jetzt bei rund 2,5 Prozent. Auch der Wert des Euros gab in den zurückliegenden zwei Wochen nach. Europäische Bankaktien haben bis zu 14 Prozent an Wert verloren, nicht nur italienische.
Die Befürchtungen beziehen sich auf das Koalitionsprogramm der neuen italienischen Regierung von Fünf Sternen und Lega, die ein bislang unbekannter Juraprofessor anführen soll. Das Bündnis will eine Grundsicherung für Arbeitslose einführen, das Rentenalter herabsetzen und die Steuern drastisch senken. Es denkt sogar über die Einführung einer Parallelwährung nach. Wird das alles wahr, würde sich die jährliche Neuverschuldung des Landes verdoppeln oder verdreifachen. Italien würde alle europäischen Vereinbarungen brechen und die Währungsunion mutmaßlich in eine neue Krise stürzen. Die Befürchtungen sind nicht geringer geworden, seit die Parteien einen bekennenden Eurogegner für den Posten des Finanzministers nominiert haben – auch wenn noch unklar ist, ob der Staatspräsident die Personalie bestätigt.
So geht das Schreckensszenario
Das Schreckensszenario geht ungefähr so: Präsident Sergio Mattarella bestätigt in der kommenden Woche die Regierung, die anschließend die Vertrauensabstimmung in beiden Kammern des Parlaments gewinnt, auch wenn sie im Senat nur eine relativ knappe Mehrheit hat. Dann machen sich die Wahlgewinner ans Regieren, ungewöhnlich schnell für italienische Verhältnisse, schließlich haben sie zum ersten Mal ein fixes Programm ausgehandelt.
Die Gesetze über die Mehrausgaben und Mindereinnahmen werden rasch verabschiedet. Das Defizit im Staatshaushalt steigt, sowohl die europäischen Stabilitätskriterien als auch die Schuldengrenze der italienischen Verfassung werden gebrochen. Die Anleger sind verschreckt, die Zinsen auf italienische Staatsanleihen steigen immer weiter. Am Ende kann sich Italien nicht mehr finanzieren, der Euro bricht nach Jahren des Krisenmanagements doch noch auseinander.
Daran gemessen, bleiben die Finanzmärkte noch vergleichsweise ruhig. Der deutsche Aktienindex Dax zeigt sich sogar gänzlich unbeeindruckt. Angesichts der Gewitterwolken mag das überraschen. Aber für die moderate Reaktion gibt es Gründe. Bislang stehen die teuren Pläne nur im Koalitionsvertrag. Selbst im peniblen Deutschland wird nicht alles aus einer solchen Vereinbarung unverändert Wirklichkeit. Auch für Italien gilt: Keines der Gesetze ist schon vom Parlament beschlossen. Niemand weiß, wie lange sich die Regierung der ungleichen Partner halten wird. Bei 945 Abgeordneten und Senatoren gab es in der zurückliegenden Wahlperiode 344 Partei- oder Fraktionswechsler. Weil manche Politiker mehrfach die Reihen wechselten, summiert sich die Zahl der Übertritte sogar auf 540.