Ein Investor zum Fürchten : Paul Singer lehrt deutsche Konzernlenker das Fürchten
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Im Verteidigungsmodus
Wer recht hat, lässt sich von außen schwer entscheiden. Fakt ist, dass Elliott stets in ähnlicher Weise vorgeht: Zu Beginn steht oft ein Brief an Vorstand oder Aufsichtsrat, so war es auch im Falle von Thyssen-Krupp. Freundlich im Ton, aber hart in der Sache schreiben die Elliott-Vertreter auf, was ihnen an der aktuellen Unternehmensstrategie missfällt, und dringen auf einen Termin mit dem Management. Erst zu diesem Zeitpunkt erfährt die Welt, dass Elliott zu den Anteilseignern gehört, denn oft bleibt der Fonds unter der Schwelle von drei Prozent, ab der er sein Engagement öffentlich machen muss.
Manchmal scheinen sich Vorstand und Fonds hinter den Kulissen wirklich zu einigen, aber häufig genug schaltet das jeweilige Unternehmen dann in den Verteidigungsmodus. Investmentbanken, Rechts- und Kommunikationsberater leben mittlerweile gut davon, die Abwehr zu orchestrieren – sie bereiten viele Unternehmensvorstände gegen hohe Gebühren auf diesen Moment vor („Anti-Activist-Advice“). Darum wissen die Vorstände genau, dass Elliotts schärfste Waffe nicht der oft überschaubare Anteil ist, den der Fonds am Unternehmen hält, sondern die Öffentlichkeit. Denn dies ist in der Regel der zweite Schritt: Reagiert der Vorstand nicht in der gewünschten Weise auf Elliotts Vorschläge, macht der Fonds sie öffentlich. Zwar liegt auch Paul Singer nicht mit allen seinen Investments richtig. Aber aufgrund der erfolgreichen Historie seines Fonds steigen in diesem Moment häufig auch andere Anleger ein und lassen den Kurs des jeweiligen Unternehmens steigen. An der Börse hat sich dafür der Name „Elliott-Effekt“ eingebürgert.
Singer und seine Leute versuchen so, die Unterstützung anderer größerer Anteilseigner zu gewinnen. Bei Thyssen-Krupp war dies die schwedische Investorengruppe Cevian, zweitgrößter Thyssen-Krupp-Aktionär. Wenn selbst solche Allianzen nicht zum gewünschten Ergebnis führen, geht Elliott manchmal sogar noch einen Schritt weiter. Im Falle des Energiekonzerns Uniper beispielsweise forderte der Fonds eine sogenannte Sonderprüfung – ein juristisches Instrument, mit dem Aktionäre die geschäftlichen Maßnahmen des Vorstandes überprüfen lassen können. Es hat auch mit dem Einsatz dieses Instruments zu tun, dass Elliott als gnadenlos gilt.
Aber fürchten sich Vorstände womöglich nur deswegen, weil nach Elliotts Auftauchen häufig ihr Job auf dem Spiel steht? Oder verursacht der Fonds in Wahrheit zwar großen Wirbel, jedoch ohne dass Unternehmen davon profitieren, wie ein häufiger Vorwurf lautet? Endgültig klären lässt sich dies nicht. Aber viel spricht für Ersteres. Aktivisten, so unangenehm ihr Auftreten auch sein mag, legen nun mal den Finger in die Wunde. Dies mag Vorstände ihr gutbezahltes Amt kosten, führt aber in vielen Fällen zu einer längerfristigen Verbesserung des Aktienkurses, wie eine Studie der Harvard Law School für den Zeitraum von 1994 bis 2007 herausgefunden hat. Leider mangelt es noch an aktuelleren Untersuchungen.
Trotzdem sind all dies schlechte Nachrichten für Werner Baumann, den Vorstandsvorsitzenden des Bayer-Konzerns. Seit einiger Zeit hält sich nämlich hartnäckig das Gerücht, Elliott sei bei der Leverkusener Firma eingestiegen.
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