Moralische Geldanlage : Investieren für eine bessere Gesellschaft
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Im Landkreis Osnabrück soll ein „Social Bond“-Projekt den Bedarf an konventionellen Unterstützungsprojekten reduzieren. Bild: dpa
Anleger verfolgen heute sensibler, wohin ihr Geld fließt. Die Branche reagiert mit Modellen, die die Wirkung des Geldes Im Blick halten. Wie funktioniert das?
Wie viel Macht Anleger haben, musste zuletzt Blackrock schmerzlich erfahren: Die größte Fondsgesellschaft der Welt hatte nach dem Amoklauf an einer Schule in Florida zunächst noch angekündigt, lediglich den Druck auf Waffenhersteller zu erhöhen und mehr Transparenz einzufordern. Nun schließt sie auf Drängen ihrer Kunden Hersteller und Händler von zivilen Schusswaffen aus ihren Investmentfonds aus.
Das könnte beispielsweise auch amerikanische Einzelhandelsgrößen wie Walmart treffen. Andere Fondsgesellschaften wie State Street und Blackstone hatten bereits im Februar Bedenken zu ihrem Engagement in der Waffenindustrie geäußert. Auch andere große Fonds haben damit begonnen, ihre eigenen Investments zu hinterfragen.
Das zeigt: Immer mehr Anleger stehen kritischer zu der Finanzierung von fragwürdigen Unternehmen oder Projekten. Die Nachhaltigkeit ihrer Investitionen ist für Anleger in den letzten Jahren immer stärker in den Fokus gerückt. Doch das Problem dabei ist: Was genau jetzt nachhaltige Investitionen sind, ist für Investoren meist nur schwer nachvollziehbar.
Findige Fondsanbieter haben diese Marktlücke entdeckt und dabei den Begriff „Impact Investing“ geprägt, frei übersetzt: Wirkungsorientiertes Investieren. Sie unterscheiden sich von herkömmlichen Anlagen, indem eben nicht nur auf die Papiere bestimmter Unternehmen verzichtet wird, sondern in ganz bestimmte Industrien investiert wird, von denen sie sich einen positiven Einfluss auf die Gesellschaft erhoffen. Die Themen sind breit gefächert: Sie reichen von der Unterstützung Bedürftiger über Resozialisierung von Gefängnisinsassen bis hin zu Umweltschutz und besserer Bildung.
Anleger sind direkt an Lösungen zur Nachhaltigkeit beteiligt
Durch „Impact Investing“ sollen Anleger direkt an der konkreten und projektbezogenen Lösung ökologischer oder sozialer Probleme beteiligt werden. Die Problemlösung soll dann messbar werden und ist an die Rendite sowie die Rückzahlung der Finanzierung gebunden. Die Finanzierung läuft unter anderem über sogenannte Social Impact Bonds – kurz SIBs – ab. Auch wenn als Bond tituliert, handelt es sich bei den SIBs eher um eine leistungsbasierte Anlage in Form eines Terminkontraktes. Sie gehören damit zur Gattung der performancebasierten Anlagen, auch „pay for success“ genannt. Zahlungen an die Kapitalgeber fließen erst, wenn das vereinbarte Ziel erreicht wurde.
Das Kapital der Investoren finanziert dann ein Dienstleistungsunternehmen, welches das konkrete Projekt umsetzt. Nach Abschluss der Laufzeit wird von einer externen Partei deren Erfolg geprüft. Die Rückzahlung des investierten Kapitals inklusive Prämie wird dann durch den Auftraggeber, in der Regel die öffentliche Hand, gewährt. Bei Nichteinhaltung des vorab vereinbarten Zieles, trägt der Anleger das volle Risiko.
Ein erfolgreiches Pilotprojekt wurde in Deutschland im September 2013 in Augsburg gestartet, als ein SIB dazu genutzt wurde, benachteiligte Jugendliche in Ausbildung oder Arbeit zu bringen und mindestens neun Monate in dieser zu halten. Als Mittler fungierte Juvat, eine Tochter der Benckiser Stiftung Zukunft. Sie vermittelte zwischen dem Auftraggeber – dem Bayerischen Staatsministerium für Arbeit, Soziales, Familie und Integration –, den Investoren sowie den Partnern. Das Pilotprojekt wurde von drei Stiftungen und der sozialen Investmentfondsgesellschaft Bonventure finanziert. Öffentliche Mittel fließen nur bei nachgewiesener Zielerreichung.
Im Landkreis Osnabrück hat die Bertelsmann Stiftung ein weiteres SIB-Projekt gestartet, das bis September 2021 läuft. Mit Hilfe eines präventiv ausgerichteten Elternprogramms soll die Erziehungsfähigkeiten von Eltern, die individuellen Unterstützungsbedarf haben, gestärkt werden. Damit soll der Bedarf an gängigen Unterstützungsangeboten reduziert werden.
Die Förderung von sozialen Projekten ist noch ein scheues Reh
Momentan sind wirkungsorientierte Investitionen vor allem für Stiftungen interessant. Auch wenn institutionelle Investoren über das größte Anlagekapital verfügen, unterliegen sie einer strengen gesetzlichen Regulierung in Bezug auf ihre Anlagen, so dass das Interesse an wirkungsorientierten Anlagen aufgrund der kleinen Transaktionsgrößen und der wettbewerbsunfähigen Renditen bisher gering ist.
Der Markt für Investitionen in soziale Projekte steckt noch in Kinderschuhen. Unter anderem liegt das an der Unbekanntheit von SIBs und der begrifflichen Nähe zu anderen nachhaltigen Investitionen.
Das Investitionsvolumen in wirkungsorientierte Anlagen betrug im Jahr 2016 rund 22 Milliarden Dollar, soll aber zukünftig noch weiter steigen. Dazu hat das Global Impact Investing Network, ein Netzwerk umwelt- und sozialbewegter Anleger, nun eine Roadmap veröffentlicht, die konkrete Schritte für ein schnelleres Wachstum des wirkungsorientierten Marktes vorschlägt.