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Geldpolitik : Banken erwägen höhere Negativzinsen für Kunden

Raiffeisenbank Gmund Bild: Reuters

Wie reagieren die Banken, wenn die EZB die Zinsen weiter senkt? Verbraucherschützer sehen rechtliche Grenzen.

          3 Min.

          Die Raiffeisenbank Gmund am Tegernsee hatte zu den ersten genossenschaftlichen Banken in Deutschland gehört, die negative Zinsen für Privatkunden mit großen Spareinlagen eingeführt hatten. Jetzt denkt Bankvorstand Josef Paul zumindest darüber nach, diese Zinsen weiter ins Negative zu verschieben, wenn die Europäische Zentralbank (EZB) ihre Zinsen für Einlagen der Banken bei der Notenbank weiter senkt. „Eine Entscheidung ist in unserem Haus noch nicht gefallen“, sagte Paul der F.A.Z.. „Konsequent wäre aber eine Weitergabe an die Verursacher“, ist die persönliche Meinung des Bankvorstands. Mit „Verursacher“ meint der Bankmanager diejenigen Leute, die sehr große Einlagen bei der Bank für einige Zeit parken und das Institut so in die Bredouille bringen, selbst negative Zinsen für Einlagen bei der EZB zahlen zu müssen.

          Christian Siedenbiedel
          Redakteur in der Wirtschaft.

          Die Deutsche Skatbank in Altenburg, die ebenfalls zu den Pionieren der Negativzinsen unter Deutschlands Banken gehört hatte, sieht zwei Möglichkeiten, wie sie auf noch stärker negative Zinsen der Notenbank reagieren könnte. Die Bank sehe einer Entscheidung der Notenbank für eventuelle Zinssenkungen mit Interesse entgegen, sagte eine Banksprecherin: Für diesen Fall habe die Bank „mehrere Handlungsoptionen“, wie beispielsweise die Weitergabe des erhöhten Negativzinses an ihre Kunden – oder aber eine Absenkung der betraglichen Freigrenzen, von denen an der Negativzins wirksam wird. „Ob eine solche, beziehungsweise welche Variante für unser Haus zur Umsetzung kommt, hängt von den konkreten Maßnahmen der Europäischen Zentralbank ab“, sagte die Sprecherin. Bislang verlangt die Bank von Privatkunden von 500000 Euro an auf dem Tagesgeldkonto oder von einer Million Euro auf dem Girokonto an 0,4 Prozent – Geschäftskunden zahlen von 250000 Euro an 0,5 Prozent.

          Nach Erhebungen der Internetplattform Biallo verlangen im Augenblick 112 Banken und Sparkassen in Deutschland ein „Verwahrentgelt“ oder „Negativzinsen“, in den weitestgehenden Fällen schon von 100000 Euro an. Die EZB hat signalisiert, dass eine weitere Absenkung der negativen Einlagenzinsen für Banken in absehbarer Zeit möglich wäre. Eine Umfrage unter Ökonomen ergab, dass viele eine Herabsetzung dieser Zinsen um 0,1 bis 0,2 Prozentpunkte im September oder Oktober für wahrscheinlich halten. Zugleich gibt es aber auch eine Diskussion darüber, die negativen Einlagenzinsen für Banken zu staffeln wie beispielsweise in der Schweiz. Das könnte kleinere Banken unter Umständen entlasten.

          Die Möglichkeiten sind sehr begrenzt

          Offenbar könnten auch weitere Banken auf die Idee kommen, nach einer Zinssenkung der EZB künftig Negativzinsen von ihren Kunden zu erheben. „Die Möglichkeiten, die zusätzlichen Belastungen über Entgelte und Zinsen weiterzugeben, sind zwar begrenzt“, sagte Hans-Walter Peters, der Präsident des Bundesverbands deutscher Banken. Aber der Druck steige weiter, sie auszuschöpfen. „Ich persönlich könnte mir etwa vorstellen, dass viele Banken auf Dauer nicht mehr umhinkönnen, die zusätzlichen Belastungen auch in der Breite an Privatkunden weiterzugeben“, sagte Peters. „Doch das muss natürlich jedes Institut selbst entscheiden.“

          Aus der Bankenbranche hört man, der Unmut in den Instituten sei mittlerweile groß. Wenn die EZB die Zinsen noch mal senke und keine Aussicht auf eine Besserung signalisiere, könnten manche Häuser ihre Zurückhaltung bei Negativzinsen für Kunden aufgeben. Das gelte einmal für Unternehmenskunden, insbesondere wenn diese neben einer großen Einlage keine sonstige Beziehung zu der jeweiligen Bank unterhielten. Zudem könnten die wirklich vermögenden Privatkunden stärker mit Negativzinsen belastet werden, wie das beispielsweise die Hamburger Sparkasse gemacht hatte.

          Diese verlangt für Guthaben auf dem Giro- und Tagesgeldkonto von 500000 Euro an einen Negativzins von 0,4 Prozent. Zudem geistere im Moment die ominöse Zahl von 100000 Euro durch die Debatten, von der an künftig Negativzinsen fällig werden könnten. Für die breite Masse der Kunden mit kleineren Einlagen hingegen seien Negativzinsen weniger wahrscheinlich. Zum einen, weil das technisch nicht so einfach umzusetzen sei – zum anderen erscheine das auch unter Marketinggesichtspunkten nicht vorteilhaft für eine Bank.

          Die Verbraucherzentralen warnten die Banken

          Die Verbraucherzentralen warnten die Banken unterdessen, es gebe rechtliche Grenzen für Negativzinsen. Dafür haben die Verbraucherschützer vor mehreren Gerichten gestritten. „Rechtlich klar ist, dass Finanzinstitute von Verbrauchern nicht einfach per Änderung in ihrem Preisaushang sogenannte Negativzinsen verlangen dürfen, statt wie bislang Guthabenzinsen zu zahlen“, sagte Niels Nauhauser, Finanzfachmann der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg.

          Einlagen seien rechtlich Darlehen des Kunden an die Bank. Das deutsche Darlehensrecht kenne weder den Begriff der Negativzinsen noch den der Strafzinsen, sagte Nauhauser: „Selbstverständlich gehen wir Beschwerden von Verbrauchern nach, von denen rechtswidrige Entgelte verlangt werden, und prüfen dabei auch juristische Möglichkeiten.“ Rechtlich davon abzugrenzen seien individuell grundsätzlich zulässige Entgeltvereinbarungen für Verwahrverträge.

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