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Singapurs Finanzsektor : Anleger tragen immer mehr Geld nach Asien

Am Marina Bay in Singapur. Bild: AFP

Der Stadtstaat gilt als sicherer Hafen und Einfallstor nach Asien. Auf der Suche nach Sicherheit und Renditen strömt frisches Anlegergeld ins Land, die Fintechs wachsen rasant.

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          Der südostasiatische Finanzplatz Singapur hat von der Geldschwemme in der Niedrigzinsphase enorm profitiert. Das Anlagevolumen im reichen Stadtstaat legte im vergangenen Jahr um weitere 17 Prozent zu, auf nun 4,7 Billionen Singapur-Dollar (2,93 Billionen Euro). „Die Welt schwimmt in Liquidität“, sagte Ravi Menon, der Geschäftsführer der Notenbank Singapurs, der Monetary Authority of Singapore (MAS), am Mittwoch. Die weltweit angesehene Zentralbank feiert in diesem Jahr ihren 50. Gründungstag.

          Christoph Hein
          Wirtschaftskorrespondent für Südasien/Pazifik mit Sitz in Singapur.

          Der Finanzsektor Singapurs werde weiter rasch wachsen, kündigte Menon an. Im ersten Halbjahr habe dessen Wachstumsrate schon bei „rund 6 Prozent“ gelegen. Schon im vergangenen Jahr legten Banken, Fondsmanager und Versicherungswirtschaft mit 5,1 Prozent deutlich zu, während der Rest der Wirtschaft aufgrund von Corona schrumpfte. Allein die Investitionen in Fintechs seien 2020 um 34 Prozent auf nun 1,4 Milliarden Singapur-Dollar gestiegen. Allein im ersten Quartal sammelten sie weitere 650 Millionen Singapur-Dollar ein.

          Das Anlagevolumen auf der Tropeninsel war 2019 um 15,7 Prozent auf 4 Billionen Singapur-Dollar, im Jahr zuvor um 5,4 Prozent gestiegen. Nun blieb die Wachstumsrate knapp hinter dem Rekordanstieg von 19 Prozent 2017 zurück, allerdings von schwächerer Basis aus gerechnet. Menons Stellvertreter Leong Sing Chiong betonte, das Geld der Anleger fließe „auf der Suche nach hohen Renditen durch Singapur nach Asien“. Er wiederholte, dass durch die Übernahme Hongkongs durch Peking allerdings kein spürbarer zusätzlicher Strom von Anlegergeldern zu verzeichnen gewesen sei – obwohl Anwälte und Berater in Singapur seit Monaten berichten, immer mehr Unternehmen und Geschäftsleute prüften eine Verlagerung aus Hongkong in den Stadtstaat.

          Singapurs gesamte Wirtschaftsleistung war 2020 in der härtesten Rezession seit Staatsgründung 1965 um 5,4 Prozent geschrumpft. Die Arbeitslosenrate stieg mit 3 Prozent auf den höchsten Stand seit gut zehn Jahren. „Wir gehen davon aus, dass der Finanzsektor auch in diesem Jahr weitere gute Arbeitsplätze schaffen wird“, sagte Menon nun. Er erklärte, der Geldsektor werde in diesem Jahr wohl rund 6500 Stellen in dem Stadtstaat mit seinen 5,7 Millionen Einwohnern schaffen, insbesondere in Bereichen wie Anlageberatung und Finanztechnologie. Im vergangenen Pandemie-Jahr hatte der Wert immer noch bei 2500 neuen Arbeitsplätzen allein für Singapurer gelegen. Die gesamte Wirtschaftsleistung des reichen Kleinstaates könnte die Obergrenze des von der Regierung geschätzten Wachstumskorridors von 4 bis 6 Prozent durchbrechen, sagte Menon. Der Aktienmarkt an der Börse in Singapur gewann darauf im Tagesverlauf rund ein Prozent.

          Mit Blick auf die in Asien immer wichtigeren Digitalwährungen übt die MAS weiter Zurückhaltung, das allerdings auch bei Verboten: So mahnte Menon, lieber die Risiken für den gesamten Finanzsektor zu minimieren, als nur „die kleinen Spieler“ an die Kette zu legen. Ähnliches gelte für kriminelle Aktivitäten. Nicht die Kryptowährungen, die von Verbrechern gerne genutzt werden, seien das wahre Problem, sondern es gelte, die Aktivitäten von Verbrechern zu unterbinden. „Unser Rat an Privatanleger: Lassen Sie die Finger davon. Sie könnten eine Menge Geld verlieren.“

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