Allzeittief : Deutsche-Bank-Aktie kostet so wenig wie nie
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Zentrale der Deutschen Bank in Frankfurt am Main Bild: Marc-Steffen Unger
Die Talfahrt der Deutschen Bank hält unvermindert an. Dass sie einem Geldwäscheverdacht gegen Trump nicht nachgegangen sei, weist die Bank zurück.
Drei Tage vor dem jährlichen Treffen der Aktionäre hat die Hauptversammlung der Deutschen Bank weiteren Zunder erhalten. Der Aktienkurs fiel am Montag mit 6,62 Euro zum Handelsende auf den tiefsten jemals verzeichneten Stand. Ausgelöst hat den jüngsten Kursrutsch vor allem eine neue Studie des Bankanalysten der Schweizer Großbank UBS. Darin empfiehlt UBS-Analyst Daniele Brupbacher, Deutsche-Bank-Aktien zu verkaufen. Die Notierung unterbot daraufhin im Handelsverlauf den am 27. Dezember erreichten Tiefstkurs von 6,678 Euro deutlich und sackte bis auf 6,608 Euro ab..

Redakteur in der Wirtschaft.
Das Kursziel, das Brupbacher nennt, wird jedem Deutsche-Bank-Aktionär weh tun: 5,70 Euro innerhalb der kommenden zwölf Monate. Dieses liegt damit noch einmal rund 14 Prozent tiefer als die aktuellen Tiefstkurse. Etliche Aktionäre könnten auf der Hauptversammlung Vorstand und Aufsichtsrat die Entlastung verweigern. Der amerikanische Vermögensverwalter Blackrock, mit 4,8 Prozent Aktienanteil einer der größten Aktionäre, äußerte sich am Montag abermals kritisch zum Geschäftsmodell. Die Deutsche Bank müsse Antworten auf ihre Schwierigkeiten finden. Blackrock wird auf der Hauptversammlung nicht selbst abstimmen, sondern hat einen Spezialisten damit beauftragt.
UBS-Analyst Brupbacher begründet seine gesenkte Anlageempfehlung mit den schwachen Gewinnaussichten. Im April musste Vorstandschef Christian Sewing nach einem schwachen ersten Quartal das für 2019 gesteckte Ziel aufgeben, die Erträge zu steigern. An einem Gewinn, der einer Eigenkapitalrendite von 4 Prozent entspricht, hält Sewing aber bisher fest. Brupbacher dagegen traut der Deutschen Bank nur zu, dass sie ihren Gewinn nach Steuern von 341 Millionen Euro aus dem Jahr 2018 im Jahr 2019 auf 1,555 Milliarden Euro steigert. Das entspräche einer Eigenkapitalrendite von nur 2,7 Prozent. Nach dem Scheitern der Fusionsgespräche mit der Commerzbank habe die Deutsche Bank noch weniger strategische Optionen.

Deutsche Bank
Aktienkurs in Euro
Kapitalerhöhungen
6.10.2010
90
10,2 Mrd.€
80
30.4.2013
70
3,0 Mrd.€
60
25.6.2014
50
8,5 Mrd.€
40
7.4.2017
30
8,0 Mrd.€
20
10
0
2000
2005
2010
2015
2019
Quellen: Bloomberg; Unternehmen/F.A.Z.-Grafik Brocker

Deutsche Bank
Aktienkurs in Euro
90
80
Kapitalerhöhungen
6.10.2010
30.4.2013
70
10,2 Mrd.€
3,0 Mrd.€
60
25.6.2014
7.4.2017
50
8,5 Mrd.€
8,0 Mrd.€
40
30
20
10
0
1999
2001
2003
2005
2007
2009
2011
2013
2015
2017
2019
Quellen: Bloomberg; Unternehmen/F.A.Z.-Grafik Brocker
Brupbacher erwähnt nicht, ob die Deutsche Bank mit seinem Arbeitgeber, der UBS, über eine Zusammenlegung der Fondssparten beider Häuser verhandelt. Die Gespräche zwischen DWS und UBS, über die die F.A.Z. berichtet hat, stocken angeblich. Am Montag hieß es aus ähnlichen Quellen, der größte europäische Vermögensverwalter Amundi habe Kaufinteresse an der Mehrheit der seit 2018 börsennotierten DWS.
Für Analyst Brupbacher wiegen vor allem die mittelfristigen Gewinnaussichten schwer. Sewing peilt 10 Prozent Eigenkapitalrendite an, aber auch nur „in einem normalisierten Geschäftsumfeld“. Dieses sieht Brupbacher bis auf weiteres nicht. Das Zinsniveau werde niedrig bleiben, die Erträge im Investmentbanking brächen weg und die große Bilanzsumme müsse finanziert werden, was die Deutsche Bank verwundbar mache für externe Schocks. Brupbacher hat seine Gewinnerwartungen für 2020, 2021 und 2022 um jeweils 25, 18, und 12 Prozent verringert. Sewing hält an einem Kapitalmarktgeschäft mit globalem Anspruch zwar bislang fest. Aber die Investmentbankingsparte arbeitete die beiden vergangenen Quartale mit Verlust. Deshalb prüft die Deutsche Bank, wo sie sich verkleinern kann. Auch Fondsmanagerinnen wie Alexandra Annecke von Union Investment, einem der größeren Aktionäre, fordern dies: „Eine Anpassung der Investmentbankstrategie ist überfällig. Ohne Einschnitte im Investmentbanking ist es unserer Meinung nach nicht möglich, die Renditeziele zu erreichen“, sagte Annecke der F.A.Z.
Brupbacher vermutet, dass für eine radikale Schrumpfung des Investmentbankings der Deutschen Bank das Geld fehle. Er hält es für möglich, dass die Deutsche Bank nochmals ihr Eigenkapital erhöhen muss. In den Jahren 2010, 2013, 2014 und 2017 hat die Deutsche Bank neue Aktien für 29,7 Milliarden Euro Aktien verkauft. Heute ist die Bank als Ganzes nicht einmal 14 Milliarden Euro wert. Ihren höchsten Kurs erreichte die Deutsche-Bank-Aktie am 14. Mai 2007. Bereinigt um die Kapitalerhöhungen betrug der Höchstkurs damals 92,05 Euro. Damals, kurz vor Ausbruch der Finanzkrise, wähnte sich die Deutsche Bank mit den großen amerikanischen Investmentbanken wie JP Morgan, Goldman Sachs und Citgroup auf Augenhöhe. Zuletzt erreichte JP Morgan im ersten Quartal 9,2 Milliarden Dollar Gewinn, die Deutsche Bank umgerechnet nicht einmal 400 Millionen Dollar.
Zur geringen Profitabilität kommen Rechtsrisiken und zuletzt häufiger Geldwäschevorwürfe hinzu. Am Wochenende berichtete die Zeitung „New York Times“, Mitarbeiter der Deutschen Bank hätten eigentlich einige Tranksaktionen von Unternehmen des amerikanischen Präsidenten Donald Trump, damals ein großer Kreditkunde, und seines Schwiegersohns Jared Kushner der Finanzaufsicht melden wollen. Die Spezialisten im Kampf gegen Geldwäsche hätten mit Hilfe einer Software 2016 und 2017 verdächtige Transaktionen nach Russland entdeckt. Nach Trumps Wahl hätten sich Spezialisten der Deutschen Bank auch die Konten in seinem Firmenimperium vorgenommen und verdächtige Aktivitäten festgestellt. In beiden Fällen aber habe die Deutsche Bank entschieden, die Berichte ihrer eigenen Ermittler nicht an das amerikanische Finanzministerium weiterzuleiten. Eine Kontrolleurin wirft der Bank laut dem Bericht der „New York Times“ vor, sie versetzt und schließlich entlassen zu haben, um sie zum Schweigen zu bringen.
Die Deutsche Bank wies die Vorwürfe am Montag zurück und betonte, sie habe in den letzten Jahren ihr Personal für den Kampf gegen Finanzkriminalität aufgestockt und die Kontrollen verstärkt. Ohne Trump oder Kushner zu nennen, sagte ein Sprecher der Bank der F.A.Z.: „Zu keiner Zeit wurde ein an der Prüfung beteiligter Mitarbeiter daran gehindert, als potentiell verdächtig eingestufte Aktivitäten zu melden. Darüber hinaus ist der Vorwurf, dass jemand versetzt oder entlassen wurde, um Bedenken in Bezug auf einen Kunden zu unterdrücken, falsch.“