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Technische Analyse : Dem Dax stehen schwierige Monate bevor

  • -Aktualisiert am

August und September sind mit weitem Abstand die schlechtesten Monate für den Dax. Bild: Reuters

Der Leitindex fällt, während Euro und Gold steigen. Unser Autor erklärt, warum das so ist.

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          Ab heute sollte man als Anleger die Ohren anlegen: August und September sind mit weitem Abstand die schlechtesten Monate für den Dax. Beide zusammen haben im jährlichen Durchschnitt der vergangenen 45 Jahre einen Verlust von rund 2,5 Prozent beschert. Das wirklich Spannende daran: Kein anderer der verbleibenden zehn Monate kann diesen beiden Spaßverderbern auch nur annähernd das Wasser reichen. Von Oktober bis Juli einschließlich verbucht der Dax seit Mitte der siebziger Jahre im Durchschnitt Monat für Monat stets Gewinne. Hieb- und stichfeste Gründe dafür fanden sich bislang nicht. Vielleicht liegt es einfach auch nur daran, dass wir auf der Nordhalbkugel im August und September meist Besseres zu tun haben, als uns von zappelnden Kursen die Sommerlaune verderben zu lassen.

          Die aktuelle, saisonunabhängige Technik des Dax: Er unterbot erst vor kurzem den Aufwärtstrend, der ihn seit dem Corona-Tief bei 8255 Punkten begleitet hatte, reißt dabei zum ziemlich schlechtesten Zeitpunkt eine Lücke („Gap“) nach unten, brockte wesentlichen Indikatoren „negative Divergenzen“ ein, und der jüngste Ausflug zum neuen Zyklushoch bei 13.313 Punkten wurde viel zu schnell wieder gekontert. Darüber hinaus ist die Stimmung unter den Anlegern momentan unter 13.000 Dax-Punkten besser als sie drüber war und der gesamte Rest der aktuellen Technik löst gerade nach dem schwachen Donnerstag auch nicht unbedingt Begeisterungsstürme aus. Mit anderen Worten: Es ist angerichtet. Die nächsten neun Wochen dürften ihrer Statistik Ehre machen.

          Gold steigt, weil Krise ist und der Euro legt zu

          Ganz anders ist es um den Goldpreis bestellt. Nach einer sich allen Widerständen und extremen technischen Widrigkeiten widersetzenden Rallye hat er neue historische Bestmarken über 1900 Dollar erzielt und die Marke von 2000 Dollar bislang nur knapp verfehlt. Auch wenn es bei den Edelmetallen schon mal richtig wild zur Sache gehen kann und man die eine oder andere zwischenzeitliche Entwicklung eher mit Vorsicht genießen sollte: Neue Allzeithochs sind grundsätzlich die ziemlich beste Bestätigung eines Aufwärtstrends überhaupt. Technische Argumente, die für ein jähes, nachhaltiges Ende der Rallye sprechen würden, sind auch deshalb de facto nicht existent.

          Der Goldpreis wird wahrscheinlich weiter signifikant zulegen. Ob 300, 500 oder gar noch mehr Dollar mit Blick auf die nächsten sechs bis 12 Monate hinzukommen werden, lässt sich nur schwer abschätzen. Aber selbst wenn der weitere Anstieg moderat verlaufen und die Anstiegsdynamik geringer werden sollte, kann man sich gut ausmalen, wie es in den Augen der Anleger um die Welt bestellt ist. Wenn Gold wirklich der Krisenindikator schlechthin sein sollte, dürfen wir wohl schon mal anfangen, uns warm anzuziehen. Weit lieber wäre mir deshalb, wenn man die Motivation derjenigen, die jetzt Gold kaufen, darin suchen dürfte, dass es im Gegensatz zu erstklassigen Anleihen keine Zinsen kostet. Allerdings fehlt mir dafür der Glaube. Gold wurde zu fast allen Zeiten immer – wenigstens – auch als Krisenvorsorge gesehen.

          Bild: F.A.Z.

          Schließlich ein Blick auf den Devisenmarkt und damit auf die vielleicht wichtigste Entwicklung der vergangenen Wochen überhaupt: Der Euro hat den Dollar Mores gelehrt. Es ist mehr als nur beeindruckend, mit welcher Dynamik er rund 10 Cent zulegen und dabei vor allem die mächtige Widerstandszone zwischen rund 1,15 und 1,16 Dollar überwinden konnte. Mich fasziniert, wie unsere Gemeinschaftswährung, der viele schon des Öfteren das letzte Geleit gegeben haben, derzeit dem Währungsfels der vergangenen Jahrhunderte die Hacken zeigt. Natürlich können auch Überlegungen zu Zinsunterschieden und deren künftigen Entwicklung maßgeblich hinter der Kauflaune für den Euro stehen. Die Vertrauensfrage spielt aber mit Sicherheit auch eine Rolle: Kein Investor wird sich eine Anlage ans Bein binden, deren Untergang für ihn beschlossene Sache ist. Auch deshalb käme für mich alles andere als weitere Gewinne des Euro gegenüber dem Dollar in den kommenden zwölf bis achtzehn Monaten schon sehr überraschend.

          Technisch reicht die Luft für den Euro erst einmal bis in Regionen um 1,20 bis 1,21 Dollar. Dort verbauen mächtige horizontale Widerstände und der langfristige Abwärtstrend erst einmal den Weg. Ich räume dem Euro dennoch schon heute zumindest eine 50-prozentige Chance auf Kurse zwischen 1,25 und 1,30 Dollar ein. Der aktuelle Euro-Anstieg dürfte demnach keine Eintagsfliege und auch kein Techtelmechtel mit bereits feststehendem Ablaufdatum sein. Er markiert vielmehr mit einiger Wahrscheinlichkeit eine mittel-, vielleicht sogar langfristige Wende. Exportorientierten Unternehmen dürfte das zwar nicht so sehr gefallen. Dennoch war eine starke Währung für eine Wirtschaftsregion meist besser als eine schwache – und das sicher nicht nur deshalb, weil es sich mit ihr günstiger reisen lässt.

          Der Dax fällt, während Euro und Gold steigen? Das könnte schon passen: Unser Leitindex fällt, weil Krise ist, Gold steigt, weil Krise ist und der Euro legt zu, weil die 50 amerikanischen Sterne wirklich schon mal heller leuchteten.

          Der Autor leitet die Staud Research GmbH in Bad Homburg.

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