Die Unabhängigkeit der Notenbanken ist bedroht
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Das Gebäude der Europäischen Zentralbank vor der Frankfurter Skyline Bild: dpa
Die mühsam erkämpfte Unabhängigkeit der Kreditinstitute wird weltweit – teils brutal, teils subtil – eingeschränkt. Gehen in Zukunft Geldpolitiker und Regierungen Hand in Hand?
Der brutalste Angriff auf die Unabhängigkeit findet derzeit in der Türkei statt. In der ihm eigenen rabiaten Weise hat Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan den Notenbankgouverneur Murat Cetinkaya aus dem Amt gedrängt und durch seinen Vize ersetzt. Cetinkaya habe „die Märkte verunsichert“, behauptete Erdogan. „Wir haben es für notwendig erachtet, unseren Freund, der sich hier in der Geldpolitik nicht an Anweisungen gehalten hat, auszutauschen“, fügte der islamisch-autoritäre Staatschef später hinzu. Tatsächlich hatte sich der Notenbankchef nicht genug dem Wunsch Erdogans nach niedrigeren Leitzinsen gebeugt, während die Inflationsrate mit 16 Prozent noch immer das Dreifache des Zielwerts beträgt. Nun sind die Märkte erst recht verunsichert, die türkische Lira wertete abermals ab.
Auch in anderen Ländern gibt es, wenn auch nicht so brutal und offensichtlich, eine Tendenz, die Notenbankunabhängigkeit zu beschädigen. Seit mehr als einem Jahr schießt der amerikanische Präsident Donald Trump immer wieder per Twitter-Salve gegen die Notenbank, die Federal Reserve, und besonders ihren Präsidenten Jerome Powell. Den hatte Trump Anfang 2018 selbst ausgewählt und zunächst sehr gelobt. Doch dann kühlte die Beziehung ab, weil die Fed nach Ansicht Trumps eine zu restriktive Geldpolitik fuhr. Ab Sommer 2018 titulierte Trump Powell öffentlich als „wohl verrückt“; er sei „sehr unzufrieden“ darüber, dass die Fed Leitzinserhöhungen erwägt. Im Frühjahr 2019 scheiterte Trumps Versuch, in das Fed-Entscheidungsgremium zwei ihm genehme und ergebene, aber nicht sonderliche kompetente Kandidaten zu setzen. Nun nimmt er einen zweiten Anlauf für die Neubesetzung. Erfreut kann er sein, dass die Fed nun Leitzinssenkungen ins Auge nimmt.
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