Cannabis-Legalisierung : Kanadas Dröhnung
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In Kanada ist der Konsum von Cannabis bald legal. Bild: dpa
Kanadas Parlament legalisiert demnächst Marihuana. Schon jetzt versuchen Firmen, sich die größten Marktanteile zu sichern. Auch den Nachbarn Amerika hat man im Blick.
Am Donnerstag wird der kanadische Senat aller Voraussicht nach ein Gesetz verabschieden, das den Verkauf von Cannabis in ganz Kanada freigibt und nicht mehr auf die therapeutische Nutzung beschränkt. Das Unterhaus muss dann noch über einige Zusätze zum Gesetz abstimmen, um eines der größeren politischen Ziele der Regierung des Ministerpräsidenten Justin Trudeaus zu verwirklichen: Die Legalisierung von Marihuana für den ganz gewöhnlichen Konsum.
Für medizinische Anwendung ist Cannabis oder Marihuana in Kanada schon seit 2001 erlaubt. Seitdem haben sich zahlreiche Anbieter gefunden. Einige werden inzwischen an Börsen notiert und bringen es auf Börsenbewertungen von über einer Milliarde amerikanische Dollar.
In den Börsenbewertungen steckt viel Zukunftsmusik: Produzenten und Berater erwarten eine dramatische Ausweitung des legalen Konsums und haben entsprechende Vorbereitungen getroffen: Die beiden kanadischen Marktführer Canopy Growth und Aurora Cannabis, die zugleich die größten Unternehmen in diesem Sektor überhaupt sind, haben ihre Anbauflächen in Gewächshäusern mehr als verdoppelt.
Der Markt wird schon jetzt aufgeteilt
Die Firmen gehen allerdings ein Risiko ein: Bisher hat kein Industrieland Konsum und Produktion von Cannabis gleichzeitig so weitreichend dereguliert wie Kanada es jetzt plant. Die Unternehmen wissen nicht genau, wie viele Kunden auf legales Marihuana umsteigen. Analysten unterstellen den Branchenriesen Canopy und Aurora, ihre Finanzkraft zu nutzen, um die hunderte kleineren Anbieter aus dem Markt zu drängen so wie es Wal-Mart mit Amerikas Tante Emma-Läden gemacht. So formuliert es der Fachjournalist Sean Williams vom Anlegermagazin Motley Fool.
So könnte zumindest in einer Übergangszeit Marihuana sehr billig werden. Das besorgt wiederum kanadische Politiker, die zwei Preispunkte im Auge haben müssen. Das Ziel der Legalisierung ist es, den illegalen Markt auszutrocknen. Deshalb darf das Produkt nach Steuern nicht teurer sein als die illegale Alternative. Andererseits wollen die Politiker sich nicht vorwerfen lassen, so günstiges Marihuana ermöglicht zu haben, dass besonders viele Kanadier zum Konsum animiert werden.
Eine Untersuchung der Analysefirma Archview über die beiden liberalisierten amerikanischen Marihuana-Märkte in Colorado und in Washington State hat interessante Resultate zutage gefördert: In Colorado mit relativ niedrigen Steuern und einer liberalen Politik, was das Angebot von Produktvarianten angeht, ist dem Bericht zufolge der Marktanteil des Schwarzmarktes auf 15 Prozent geschrumpft. In Washington, das auf hohen Steuern und Auflagen besteht, stabilisierte sich der Schwarzmarktanteil bei 50 Prozent.
Das Geschäftsfeld inspiriert Unternehmergeist: In der kanadischen Stadt Niagara Falls, die direkt an den weltberühmten und Millionen von Touristen anlockenden Wasserfällen liegt, lassen die Tourismus-Manager die Einrichtung von Marihuana-Lounges prüfen, um mehr Reisende auf die kanadische Seite zu ziehen. Kanada könnte davon profitieren, dass in den Vereinigten Staaten zwar viele Bundesstaaten Marihuana-Konsum entkriminalisiert haben, aber den letzten Schritt zu flächendeckenden Legalisierung nicht gegangen sind.