
Anlage-Kommentar : Gold als sicherer Hafen? Von wegen!
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Goldbarren werden in einem Werk von Ögussa in Wien sortiert. Bild: Reuters
Es funkelt noch, doch seinen Glanz hat es bei den Anlegern derzeit verloren: Gold ist out – aus guten Gründen.
Die aktuell unruhigen Zeiten sind gut fürs Gold. Jedenfalls nach der Theorie. Es herrscht einige Unsicherheit auf der Welt, verursacht von der amerikanischen Regierung und ihren Handelskonflikten mit diversen Ländern. Die Türkei steckt in argen Turbulenzen, Schwellenländer geraten unter Druck, in China machen sich Wachstumssorgen breit, ein geregelter Austritt Großbritanniens aus der EU ist mehr als fraglich, und in Italien irrlichtert die Regierung. In solch unruhigen Zeiten haben Anleger immer gerne Gold gekauft, um sich gegen allzu starke Wertschwankungen abzusichern. Vom „sicheren Hafen“ ist seit jeher die Rede.
Doch grau ist alle Theorie. Praktisch ist Gold außer Mode unter den Anlegern. Als sicheren Häfen der Stunde sind andere gesucht: Bundesanleihen beispielsweise, deren Renditen wieder stark gesunken sind, vor allem aber der Dollar. Die amerikanische Währung ist stark gestiegen und hat damit den Goldpreis, der in Dollar berechnet wird, stark nach unten gedrückt.
In der zurückliegenden Woche fiel eine Feinunze Gold auf weniger als 1200 Dollar, kostete zeitweise 1160 Dollar und damit so wenig wie seit Anfang 2017 nicht mehr. Seit Anfang Juni haben Anleger fast vier Milliarden Dollar aus Gold-ETF abgezogen, in den vergangenen Tagen blieben die Abflüsse stark. Hedgefonds wetten so stark auf einen weiteren Preisverfall des Edelmetalls wie seit mehr als zehn Jahren nicht. Selbst die Inder als die größten Schmuckliebhaber halten sich zurück, weil die Rupie stark abgewertet hat und Gold damit viel teurer wurde. Der Negativtrend mag vielen übertrieben erscheinen, vor allem den Gold-Fans, die dem Edelmetall einen Wert zusprechen, der viel höher ist als der aktuelle Preis.
Es gibt aber gute Gründe, eher amerikanische Staatsanleihen zu kaufen als einen Barren Gold. In den Vereinigten Staaten gibt es nämlich wieder Zinsen. Schon zweijährige Staatsanleihen werfen rund 2,6 Prozent ab. Amerikas Wirtschaft rechtfertigt das Vertrauen in den Dollar: Das Wachstum ist höher als in Europa und anderswo, die Arbeitslosigkeit niedrig und die Konsumlust der Amerikaner groß.
Selbst wenn es zu einer Konjunkturabkühlung kommt: Bis auf weiteres wird die amerikanische Notenbank weiter die Zinsen anheben, anders als die Europäische Zentralbank, und der Dollar wird gefragt bleiben. Gold zu halten bringt keine Zinsen, es kostet sogar.