Große Baustellen : Druck auf Immobilienkonzern Adler steigt weiter
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„Grand Ouest“: So soll die frühere Oberpostdirektion in Frankfurt am Main nach den Plänen von Consus einmal als Wohnhaus aussehen. Bild: Simulation TBA/Fuchshuber
Derweil die Adler Group bemüht ist, Misstrauen zu zerstreuen, kündigen die Prüfer von KPMG überraschend. Und in Tochtergesellschaften gibt es Lücken in Millionenhöhe. Verwaltungsratschef Kirsten räumt Schwierigkeiten in der Außenfinanzierung ein.
Anteilseigner und Anleihegläubiger der Adler Group haben es seit dem vergangenen Sommer, als sich Leerverkäufer auf das Unternehmen einzuschießen begannen, nicht leicht. Für die Anleihen des Immobilienkonzerns werden an der Börse aktuell rund 62 Prozent des Nominalwerts bezahlt, und statt bei 48 Euro wie im Jahr 2018 steht der Aktienkurs heute bei knapp mehr als 5 Euro. Am Dienstagmorgen dürfte den Aktionären der Schreck in die Glieder gefahren sein, als es zunächst abermals um 10 Prozent im Kurs nach unten ging.
Auslöser waren die Probleme einer der zahlreichen Gesellschaften, die Adler in den vergangenen Jahren erworben hat. Die Consus Real Estate, nach eigenem Bekunden führender Wohnimmobilienentwickler in Deutschlands Top-9-Städten, teilte mit, dass man davon ausgehen müsse, dass ein Verlust eingetreten sei, durch den die Bilanz negatives Eigenkapital aufweisen werde. Auf Beteiligungen und Ausleihungen an verbundene Unternehmen müssten wohl Abschreibungen vorgenommen werden. Hintergrund seien ein Anstieg der Baukosten und ein deutlich niedrigeres erwartetes Projektentwicklungsvolumen. Der Kurs der wenigen, noch börsennotierten Consus-Aktien fiel auf 90 Cent – trauriger Tiefpunkt für eine Aktie, die zum Börsengang vor rund fünf Jahren für 15 Euro verkauft wurde.
Adler teilte mit, man sei „grundsätzlich bereit, Maßnahmen zur Stärkung des Eigenkapitals von Consus zu unterstützen”. In einer Telefonkonferenz sagte der seit Mitte Februar amtierende Verwaltungsratsvorsitzende Stefan Kirsten, man schließe keine Maßnahmen aus. Ein Verkauf sei erst nach Heilung möglich. Die Maßnahmen sollen die Liquidität nicht belasten. Im April hatte Adler fast den gesamten Kaufpreis für Consus von rund einer Milliarde Euro abgeschrieben. Laut Kirsten summieren sich Consus’ Verbindlichkeiten gegenüber Adler auf ebendiese Summe. Man gehe davon aus, dass deren Restrukturierung ausreichen werde, sagte der Verwaltungsratschef in einer Konferenz mit Analysten. Auch personell werde sich bei Consus einiges ändern, der Finanzvorstand sei „schon nicht mehr da“.
Ein weiteres Problemkind des Konzerns ist BCP. Auch da habe sich eine Deckungslücke aufgetan, sagte Kirsten. Hier will Adler mit einer Zwischenfinanzierung von bis zu 200 Millionen Euro eingreifen. Der Wettbewerber LEG hat eine Kaufoption zu Ende September, schließt aber aktuell nicht aus, diese verfallen zu lassen. Auf die Analystenfrage, ob es denn kein Interesse Dritter gegeben habe, BCP zu stützen, antwortete Kirsten, es sei derzeit wohl nicht die beste Visitenkarte, mit der Adler Group assoziiert zu sein. Zumindest hätten einige Banken signalisiert, erst abwarten zu wollen, ob ein Verkauf zustande komme.
Kirsten gab zudem einen Überblick darüber, wie Adler die als intransparent und unzulänglich kritisierten Prozesse und die Struktur des Konzerns verbessern will. So wird der Wirtschaftsprüfer Thomas Echelmayer von Juni an übergangsweise Finanzvorstand. Auch soll Adler künftig stärker als wirtschaftliche Einheit geführt werden. Mit Beratern von PwC soll die Beachtung von Vorschriften verbessert werden, mit denen von PJT eine Mittelflussanalyse durchgeführt und die Finanzierung überprüft werden. Eine internationale Anwaltskanzlei soll Rechtsansprüche gegen das Unternehmen und seine Organe klären. Angesichts des eingeschränkten Testats für den Jahresabschluss 2021 hält es der Verwaltungsrat nicht für angezeigt, eine Dividende für 2021 zu zahlen. Die Einschränkung will Adler nun heilen, um für 2022 ein uneingeschränktes Testat erhalten zu können.
Die Erläuterungen kamen gut an: Der Aktienkurs erholte sich und stabilisierte sich leicht im Plus. Dann aber kam eine faustdicke Überraschung: Hatte Kirsten in den Konferenzen noch angekündigt, dass man mit KPMG als Wirtschaftsprüfer weiterarbeiten werde, so erklärten diese nach der letzten Telefonkonferenz des Dienstags überraschend, dafür nicht mehr zur Verfügung zu stehen. In der Folge stürzte der Aktienkurs abermals ab, bis zum Nachmittag um bis zu 13 Prozent auf ein neues Tief von 5,065 Euro.