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Derivate : Börsenturbulenzen treffen Derivatebesitzer

Bild: F.A.Z.

Viele Aktienkurse und die meisten Derivate haben sich von den jüngsten Börsenturbulenzen schon wieder erholt. Doch die Kurseinbußen haben auch dauerhafte Spuren hinterlassen. Bei einigen Anlagezertifikaten sind Renditeversprechen verfallen, und zahlreiche Knock-Out-Papiere sind wertlos.

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          Viele Aktienkurse haben sich von den jüngsten Börsenturbulenzen schon wieder ein gutes Stück erholt. Gleiches gilt für die meisten Derivate. Bei einigen Finanzprodukten haben die Kurseinbußen gleichwohl dauerhafte Spuren hinterlassen. So sind in den vergangenen Tagen zuhauf hoch spekulative Hebelpapiere, die sogenannten Knock-Out-Produkte, wertlos verfallen. Bei einigen Anlagezertifikaten hingegen - wie Bonuspapieren - sind bestimmte Renditeversprechen hinfällig geworden.

          Kerstin Papon
          Redakteurin in der Wirtschaft.

          Grund hierfür sind die infolge der gestiegenen Nervosität der Anleger heftig schwankenden Aktienkurse. Ein Maß für die Volatilität des deutschen Aktienmarktes ist der V-Dax-New. Er bildet die von den Marktteilnehmern für die nächsten 45 Tage erwartete Schwankungsbreite des Deutschen Aktienindex Dax ab. Derzeit liegt der V-Dax-New bei rund 24 Prozent. Am 17. August erreichte das Volatilitätsmaß inmitten fallender Aktienkurse in der Spitze 30,38 Prozent. An diesem Tag bewegte sich der Dax in einer Spanne von 7190 bis 7500 Punkten. Meist gehen höhere Volatilitäten mit Kursverlusten einher.

          Knock-Outs zählen zu den Hebelpapieren

          Grundsätzlich sind alle derivativen Wertpapiere an die Wertentwicklung eines Basiswertes, einer Aktie oder eines Index, gekoppelt. Erreicht dieser aber nun eine zuvor festgelegte Kursschwelle, was bei stark schwankenden Notierungen vergleichsweise schnell eintreten kann, dann löst dies bei Knock-Out-Produkten das vorzeitige Laufzeitende aus. Der Anleger geht dann leer aus. Knock-Outs zählen wie Optionsscheine zu den Hebelpapieren. Sie verfügen über einen Hebel, so dass Anleger mit einem vergleichsweise geringen Kapitaleinsatz überdurchschnittlich an Kursbewegungen des Basiswertes teilhaben können. Man unterscheidet zwischen Produkten für die Spekulation auf steigende Kurse (Calls) und auf fallende Notierungen (Puts).

          Auch bei einigen Zertifikaten sind bestimmte Kursniveaus relevant. Bei Bonuszertifikaten, die das eingesetzte Kapital zum Teil vor Verlusten schützen, verfällt beim Berühren des Schwellenwertes das Recht auf einen Bonus zum Laufzeitende. Der Anleger nimmt dann nur noch eins zu eins an der Kursentwicklung des Basiswertes teil. Ein Beispiel: Im Zuge der Finanzkrise besonders unter Druck geraten sind Bankenwerte wie die Aktie der Deutschen Bank. Der Aktienkurs fiel am 16. August unter die Schwelle von 90 Euro gefallen.

          Bis zum Ende der Laufzeit ein Höchstbetrag garantiert

          Dies hat dazu geführt, das bei einem Deutsche-Bank-Bonuszertifikat von Sal.Oppenheim (WKN: SCL6WA) die in den Emissionsbedingungen festgelegte untere Barriere verletzt wurde. Der Anleger hat damit den Anspruch verloren, am Fälligkeitstag (22. September 2009) einen Bonusbetrag von 56,56 Euro zu erhalten, bezogen auf einen Preis der Aktie bei Auflage des Zertifikats von 108,44 Euro. Das wäre für ihn aber dann nur interessant, wenn die Aktie zuletzt weniger als 165 Euro kostet. Der Zertifikateinhaber hat aber - anders als bei verfallenen Knock-Outs - noch die Chance, unbegrenzt an Kursgewinnen teilzuhaben, sofern sich die Aktie bis zum Laufzeitende erholt.

          „Auch bei einigen Discount-Zertifikaten, Aktienanleihen oder Expresspapieren können solche relevanten Kursbarrieren eingezogen sein,“ erläutert Holger Bosse, Derivateexperte der Deutschen Bank. Fällt der Basiswert bei einem solchen Discountpapier in einem bestimmten Zeitraum während der Laufzeit nicht unter eine festgelegte Kursschwelle, dann wird dem Anleger zum Ende der Laufzeit ein Höchstbetrag garantiert. Andernfalls wird wieder ein herkömmliches Discount-Zertifikat aus dem Produkt.

          Wenige Zertifikate von aktuellen Turbulenzen betroffen

          Bisher sind allerdings vergleichsweise wenig Zertifikate von den aktuellen Turbulenzen betroffen. Christopher Maaß von Sal. Oppenheim hat errechnet, dass über die einzelnen Produktklassen der Bank hinweg bei etwa 4 bis 5 Prozent der Zertifikate die relevanten Kursschwellen berührt wurden. Dies deckt sich mit Schätzungen anderer Häusern. Der Grund hierfür: Zwar sind die Volatilitäten sprunghaft angestiegen, doch die Kursverluste hielten sich insgesamt in Grenzen. Der Dax hat verglichen zu seinem Rekordhoch im Juli maximal 12 Prozent an Wert verloren.

          Die Knock-Out-Papiere hat es dagegen stärker getroffen. Allein am 16. August sind an der Stuttgarter Börse 1.442 dieser Hebelprodukte wertlos verfallen. Rund 200 seien es an einem normalen Börsentag, erläutert Thorsten Aberle vom Maklerunternehmen Euwax AG. Insgesamt sind derzeit in Stuttgart gut 28.000 Knock-Out-Produkte börsennotiert, ihre Zahl schwankt stark.

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