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Altana-Optionen : Dreistelliger Millionenverlust über Nacht

Bild: F.A.Z.

Die Umstellungspraxis der Eurex für die Aktienoptionen von Altana nach der Sonderausschüttung wirft Fragen auf: Nach dem Dividendenregen ist Verkäufern von Kaufoptionen nach Hochrechnungen ein dreistelliger Millionenverlust entstanden.

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          Viele Anleger am Terminmarkt Eurex lecken ihre Wunden. Nach der Sonderausschüttung von Altana am 3. Mai nach Handelsschluss ist Verkäufern von Kaufoptionen (Calls) nach Hochrechnungen ein dreistelliger Millionenverlust entstanden. Gerüchteweise soll auch die Deutsche Bank betroffen sein. Im Gegenzug haben zuvor fast wertlose Calls ihren Besitzern unverhofft gewaltige Gewinne eingebracht. Ursache für die Gewinne und Verluste „über Nacht“ ist eine für den Fall Altana fragwürdige Umstellungspraxis der Basispreise und der Kontraktgrößen der Altana-Aktienoptionen durch die Terminbörse Eurex.

          Hanno Mußler
          Redakteur in der Wirtschaft.

          Zur Erinnerung: Die Dimension der Ausschüttung von Altana stellte mit 34,80 Euro je Aktie - 1,30 Euro reguläre Dividende, 0,50 Euro Bonus und 33 Euro Sonderdividende - gemessen am Kurswert von rund 50 Euro alles bislang am deutschen Aktienmarkt Dagewesene in den Schatten. Viel ist im Vorfeld der Ausschüttung über den Plan des Vorstandes diskutiert worden - vor allem über die steuerlichen Nachteile dieses Vorgehens für die Aktionäre (siehe Sonderausschüttung: Bittere Pille für Altana-Aktionäre). Privatanleger mit Spitzensteuersatz müssen von 34,80 Euro Dividende 8,26 Euro wieder an den Fiskus abgeben. Kirchensteuer kommt noch obendrauf. Für deutsche Kapitalgesellschaften, die weniger als 10 Prozent an Altana halten, ergibt sich eine Gesamtbelastung durch Körperschaft- und Gewerbesteuer in Höhe von 5,57 Euro.

          Steuerlich motivierte Verkäufe

          Beide Anlegergruppen hatten also einen starken Anreiz, Altana-Aktien vor der Ausschüttung zu verkaufen, um die sonst fällige Steuer zu vermeiden. Dieser Anreiz war für ausländische Kapitalgesellschaften wegen einer im Vergleich zu inländischen Gesellschaften unvorteilhafteren steuerlichen Behandlung noch größer. Und Aktienfonds taten sich womöglich auch deshalb leicht mit dem Aktienverkauf, weil für sie die Einjahreshaltefrist nicht relevant ist, innerhalb der Privatanleger Veräußerungsgewinne versteuern müssen. Auch für Kapitalgesellschaften dürfte die Besteuerung möglicher Veräußerungserlöse kaum ein Grund sein, von Verkäufen abzusehen. Denn sie können immerhin 95 Prozent des Veräußerungsgewinns steuerfrei vereinnahmen.

          Bild: FAZ.NET

          Damit war eigentlich klar, dass es vor der Ausschüttung zu vielen steuerlich motivierten Verkäufen der Altana-Aktien kommen würde und dass viele Anleger erst nach der Sonderausschüttung die Aktie wieder anfassen würden. Vorauszusehen war indes nicht, wann ein Überangebot an Altana-Aktien auf den Markt kommen würde, das nur zu einem tieferen Kurs auf Nachfrage in gleicher Höhe stoßen würde. Erst nach dem Mai-Feiertag, an den letzten beiden Handelstagen vor der Ausschüttung, kam es zu starken Umsätzen und hohen Kursverlusten. Am 3. Mai wechselten 41,3 Millionen Aktien und damit jede zweite im Streubesitz liegende Aktie den Besitzer. Bemerkenswert ist, dass die Altana-Aktie unmittelbar vor der Schlussauktion der professionellen Marktteilnehmer noch rund 51 Euro kostete und erst in der Auktion um rund 4,50 Euro abstürzte.

          Außergewöhnlich kräftige Kursbewegungen

          Viele Altana-Aktionäre sind also offenbar erst im letzten Moment vor der Ausschüttung ausgestiegen, um rund 5,60 Euro oder gar mehr als 8 Euro Steueraufwand zu vermeiden. Dafür fragten anscheinend viele Anleger zur ersten Gelegenheit nach der Ausschüttung die Aktie nach. Zumindest eröffnete Altana den Handel am 4. Mai, dem Tag nach der Hauptversammlung, mit 17 Euro. Geht man vom Schlusskurs am 3. Mai von 46,56 Euro aus, hätte die Altana-Aktie nach dem Dividendenabschlag von 34,80 Euro aber rein rechnerisch zu einem Kurs von 11,76 Euro den Handel aufnehmen müssen. Selbst der Tiefstkurs am 4. Mai lag nur bei 16,80 Euro.

          Vielmehr kletterte der Kurs bei hohen Umsätzen und starken Schwankungen am 4. Mai und an den nächsten Tagen kräftig. Nimmt man den Schlusskurs vom 30. April mit 54,49 Euro und zieht davon die Sonderdividende von 34,80 Euro ab, ergibt sich mit 19,69 Euro auch der Kurs, auf dem Altana sich nach drei Handelstagen wieder einfindet. Zwei - vor allem für einen eher für konservative Anleger geeigneten Dax-Wert - außergewöhnlich kräftige Kursbewegungen haben sich ausgeglichen.

          Starke Anpassung der Parameter

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