EZB in der Corona-Krise : Jenseits der Geldpolitik
- -Aktualisiert am
Im Krisenmodus: die EZB an ihrem Sitz in Frankfurt Bild: dpa
Aufgabe der EZB ist es auch, die Kontinuität und Sicherheit von Zahlungen zu wahren. Darauf können sich die Bürgerinnen und Bürger in Europa verlassen. Ein Gastbeitrag.
Die Coronavirus-Pandemie greift massiv in das Leben von Millionen Europäerinnen und Europäern ein. Viele leiden unter den tragischen menschlichen Folgen. Vorrang vor allem anderen hat darum weiterhin die Unterstützung der Gesundheitssysteme und all jener, die mit ganzer Kraft gegen die Pandemie ankämpfen.
Die Bürgerinnen und Bürger in Europa machen sich aber auch Sorgen um ihre wirtschaftliche Situation, weil Einnahmen zurückgehen oder komplett wegbrechen. Um Familien und Unternehmen zu helfen, hat die Europäische Zentralbank (EZB) außerordentliche Maßnahmen ergriffen, die darauf abzielen, für alle Sektoren der Wirtschaft die Finanzierungskosten zu senken und die Verfügbarkeit von Finanzierungen zu verbessern. Sie tragen dazu bei, Arbeitsplätze zu schützen, die Produktion aufrechtzuerhalten und dadurch die Preisstabilität zu wahren.
Aufgabe Bargeldbereitstellung
Die Rolle der EZB beschränkt sich aber nicht allein auf die Geldpolitik. Wir erfüllen eine Reihe weiterer Aufgaben, von denen viele weitgehend unbemerkt bleiben.
Ein gutes Beispiel hierfür ist die Bereitstellung von Zahlungsdienstleistungen. Die Verfügbarkeit von Bargeld und elektronischen Zahlungsmitteln zu sichern, ist nicht nur für die Geldpolitik von wesentlicher Bedeutung, sondern auch für unseren Alltag: für Familien, die ihre Rechnungen begleichen müssen und Gehalts- oder Rentenzahlungen erhalten, ebenso wie für Unternehmen, die Löhne und Gehälter sowie ihre Lieferanten bezahlen müssen.
In Phasen akuter Spannungen geben Verbraucher normalerweise weniger Bargeld aus und machen verstärkt von der Möglichkeit Gebrauch, online zu bezahlen. In der aktuell schwierigen Zeit sorgen wir dafür, dass diese Zahlungsdienste kontinuierlich funktionieren und sicher sind.
Schwerer vorhersehbare Bargeldnachfrage
Aufgrund der Krise lässt sich die Bargeldnachfrage schlechter vorhersagen. So stieg der Wert der pro Woche zusätzlich in Umlauf gegebenen Banknoten Mitte März rasant an und erreichte beinahe seinen historischen Höchststand von 19 Milliarden Euro. Im April sank die Nachfrage nach Bargeld dann wieder, und aktuell ist sie in mehreren Ländern niedriger als sonst.
In diesen Schwankungen spiegeln sich die Auswirkungen der Eindämmungs-Maßnahmen wider: Unmittelbar vor den Lockdowns wurde mehr Geld in Supermärkten und Geschäften ausgegeben und in der Zeit danach waren die Ausgabemöglichkeiten begrenzt. Die Schwankungen zeigen aber auch, dass die Menschen in einer Krise dazu neigen, Bargeld zu horten – ein Trend, den wir auch während der Finanzkrise beobachten konnten.
Das Eurosystem, also die EZB und die nationalen Zentralbanken, plant die Prozesse rund um die Bargeldversorgung (Herstellung, Lagerung, Verteilung und Wiederausgabe von Banknoten) lange im Voraus. Es verfügt über eine strategische Banknotenreserve, um auf unerwartete Entwicklungen reagieren zu können. Deshalb ist das Eurosystem in der Lage, die ständige Verfügbarkeit von Banknoten auch in Krisenzeiten zu gewährleisten.
Da der aktuelle Lockdown aber zahlreiche Aktivitäten behindert und andere gänzlich zum Erliegen bringt, passen wir unsere Prozesse kontinuierlich an, um auch künftig eine ausreichende Versorgung mit Banknoten sicherzustellen. Die EZB steht in ihrer Rolle als Koordinatorin mit den nationalen Zentralbanken in engem Austausch, um mögliche Engpässe etwa beim Druck oder der Bearbeitung von Banknoten zu beheben, den Banknotentransfer neu zu planen, wenn die üblichen Transportsysteme nicht zur Verfügung stehen, oder um in den Ländern die Banknotenbestände in verschiedenen Stückelungen anzupassen.
Ruf nach effizienteren Lösungen
Damit der Umgang mit Bargeld so sicher wie möglich bleibt, arbeiten wir zudem eng mit führenden Laboren zusammen, um das Verhalten von Coronaviren auf verschiedenen Oberflächen zu beurteilen. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass auf Oberflächen wie etwa Plastik in den ersten Stunden 10 bis 100 Mal so viele Vieren überleben wie auf unseren Banknoten.
Aus anderen Analysen geht hervor, dass poröse Oberflächen von Baumwollbanknoten das Virus deutlich schlechter übertragen als glatte Oberflächen wie Kunststoff. Im Vergleich zu anderen Oberflächen, mit denen die Menschen tagtäglich in Berührung kommen, geht von Banknoten insgesamt kein erhöhtes Infektionsrisiko aus.