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Geldpolitik : EZB will nicht zu taubenhaft erscheinen

Die EZB beabsichtigt, die Zinsen im März noch mal um 0,5 Prozentpunkte anzuheben. Danach soll aufgrund neuer Projektionen über das weitere Vorgehen entschieden werden. Bild: dpa

Am vergangenen Donnerstag gab es nach der EZB-Zinssitzung eine regelrechte Rally am Anleihenmarkt. Sie währte aber nicht lange. Die Inflationsbekämpfung kann noch nicht am Ende sein.

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          Es war eine ungewöhnliche Reaktion am vergangenen Donnerstag. Christine Lagarde, Präsidentin der Europäischen Zentralbank (EZB), kündigte eine Zinserhöhung um 0,5 Prozentpunkte an, und dann noch eine zweite für März in derselben Größenordnung. Und was machen die Finanzmärkte? Sie reagieren, als ob die Notenbank ein „taubenhaftes“ Signal gegeben hätte – als ob Lagarde für die Zukunft niedrigere Zinsen in Aussicht gestellt hätte.

          Christian Siedenbiedel
          Redakteur in der Wirtschaft.

          Die Aktienmärkte waren in Partystimmung und die Rendite der Bundesanleihe mit zehn Jahren Laufzeit fiel deutlich auf zeitweise 2,09 Prozent. Der Euro wertete gegenüber dem Dollar ab.

          Seither versuchen Vertreter des EZB-Rates, diese Botschaft wieder etwas einzufangen – die EZB selbst hatte schon am Freitag auf dem Kurznachrichtendienst Twitter jenen Teil der Rede Lagardes noch einmal veröffentlicht, in dem diese sich zu einer Geldpolitik bekannte, die bei Bedarf auch nach April restriktiv bleibt (F.A.Z. vom Samstag).

          „Geldpolitik muss die Zähne zeigen“

          Am Montag nun hob das österreichische EZB-Ratsmitglied Robert Holzmann hervor: „Die Geldpolitik muss weiterhin ihre Zähne zeigen, bis wir eine glaubwürdige Annäherung an unser Inflationsziel sehen.” Gediminas Šimkus, Notenbankchef von Litauen, führte aus, dass die für den nächsten Monat geplante Anhebung der Zinsen um einen halben Prozentpunkt womöglich nicht die letzte sein werde. Und Peter Kažimír, Notenbankchef der Slowakei, unterstrich, der Kampf gegen die Inflation sei „noch lange nicht gewonnen”.

          Derweil kursieren verschiedene Erklärungen, warum die Märkte Lagardes Äußerungen so „taubenhaft“ deuteten. Einerseits nahmen viele die Ankündigungen für die Zeit nach April als unklar und widersprüchlich wahr. Andererseits hatten die Finanzmärkte zuvor auf die Inflationszahlen, die einen unerwartet starken Rückgang der Inflationsrate im Januar von 9,2 auf 8,5 Prozent zeigten, nicht sehr stark reagiert – als ob sie zunächst eine Bestätigung der EZB für diese Entwicklung abgewartet und dann umso stärker reagiert hätten.

          Rendite der Bundesanleihe steigt wieder

          Dafür, dass die Märkte den Notenbanken in der vergangenen Woche nicht richtig geglaubt hätten, spielten wohl die stärker als erwartet zurückgegangenen Inflationsraten eine Rolle, meint jedenfalls Stefan Schneider, der Deutschland-Chefvolkswirt der Deutschen Bank.

          Marc Ostwald von ADM Investor Services sprach von einer Überreaktion am Donnerstag. Die Märkte seien hinsichtlich der Zinsentwicklung von „Wunschdenken“ geprägt gewesen.

          „Die Fed und die EZB haben vorige Woche gesagt, dass sie die Zinsen weiter anheben würden, aber die Märkte haben ihnen nicht geglaubt“, sagte Joost van Leenders, Investmentstratege bei Van Lanschot Kempen. Das scheine sich aber zu ändern. Die von der EZB veröffentlichte Umfrage unter professionellen Prognostikern zeigte, dass die Erwartungen für die Gesamt- und Kerninflation im Jahr 2025 oberhalb des Zielwerts von 2 Prozent liegen.

          Die Rendite der Bundesanleihe mit zehn Jahren Laufzeit war schon am Freitag wieder gestiegen, am Montag lag sie zeitweise bei 2,29 Prozent.

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