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EZB-Zinsentscheid : Trotz mehr als 5 Prozent Inflation: EZB lässt den Leitzins unverändert

Notenbankzentrale in Frankfurt: Die EZB gibt sich weiter zurückhaltend. Bild: Picture Alliance

Die Europäischen Zentralbank will trotz aller Kritik weder die Zinsen anheben, noch ihre Anleihekäufe einstellen. Verbal allerdings betont sie die Unsicherheit über die weitere Inflationsentwicklung jetzt stärker. Ein erstes Zeichen für einen Kurswechsel?

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          Europas Notenbank bleibt geldpolitisch weiter zurückhaltend: trotz erheblicher Kritik etwa aus den Banken, und trotz des Voranpreschens der amerikanischen Notenbank in Richtung Zinserhöhungen. Wie der EZB-Rat, das oberste geldpolitische Gremium des Euroraums, am Donnerstag nach seiner Februar-Sitzung mitteilte, bleiben die Leitzinsen erwartungsgemäß unverändert, auch die Anleihekäufe will die Notenbank wie geplant weiterführen. Der Hauptrefinanzierungssatz bleibt bei 0 Prozent, der Einlagensatz für Banken bei minus 0,5 Prozent.

          Christian Siedenbiedel
          Redakteur in der Wirtschaft.

          Der EZB-Rat unter der Führung von EZB-Präsidentin Christine Lagarde teilte nach der Sitzung mit: Im Krisen-Anleihekaufprogramm PEPP sollten im ersten Quartal 2022 „geringere Nettoankäufe von Vermögenswerten“ getätigt werden. Die Ankäufe sollen, wie bereits im Dezember beschlossen, Ende März 2022 eingestellt werden. Erst nach einem Ende der Anleihekäufe wird die EZB ihre Leitzinsen nach eigener Aussage erhöhen. Die EZB betonte, dass die Nettoankäufe „erforderlichenfalls wieder aufgenommen werden“ könnten, „um negativen Schocks im Zusammenhang mit der Pandemie entgegenzuwirken“.

          Auch die Anleihekäufe unter dem älteren Anleihekaufprogramm APP würden wie geplant fortgesetzt. Im zweiten Quartal werden sich die Nettoeinkäufe demnach auf monatlich 40 Milliarden Euro belaufen, im dritten Quartal sollen diese auf 30 Milliarden Euro monatlich abgesenkt werden. Von Oktober an sollen die Ankäufe mit einem Volumen von 20 Milliarden Euro monatlich fortgesetzt werden, ein Ende der Anleihekäufe unter dem APP stellte die EZB nicht in Aussicht.

          Kein Ende der Negativzinsen

          Die Inflation in der Eurozone ist im Januar nicht, wie von vielen Fachleuten erwartet, zurückgegangen. Sie ist sogar noch weiter gestiegen, von 5 Prozent im Dezember auf 5,1 Prozent im Januar. Nun wird die EZB auch ihre Prognosen für die Inflationsentwicklung hochsetzen müssen. Das soll aber erst zur März-Sitzung passieren. Das war als ein Grund dafür genannt worden, warum die EZB im Februar noch keine weitreichenden Entscheidungen trifft. Aktuell erwartet die EZB für die kommenden beiden Jahre jeweils nur eine Inflation im Jahresdurchschnitt von 1,8 Prozent.

          Auch die Negativzinsen für Banken will die EZB also weiter beibehalten. Zuletzt hatte Helmut Schleweis, der Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands, ein Ende der Negativzinsen gefordert. Die Sparkassen stehen schließlich ihrerseits unter Druck, weil sie im Gegenzug immer häufiger von ihren Kunden Negativzinsen verlangen. Auch die Chefs von Deutscher Bank und Commerzbank hatten die Einschätzung vertreten, die Inflation sei „gekommen, um zu bleiben“, und die EZB müsse dagegen etwas tun.

          EZB-Rat betont Unsicherheit über Ausblick stärker

          Allerdings betont die EZB verbal jetzt stärker die Unsicherheit über die weitere Entwicklung der Inflation. Man müsse flexibel bleiben, um darauf reagieren zu können, wenn die Inflation nicht wie erwartet zurückgehen sollte. Vor allem die Falken im EZB-Rat, also die Befürworter einer strafferen Geldpolitik, hatten zuletzt kritisiert, dass die Notenbank sich nicht zu lange in die Zukunft auf ihren aktuell expansiven Kurs festlegen sollte. Auch der neue Bundesbankpräsident Joachim Nagel hatte sich in diese Richtung geäußert: „Bei aller Unsicherheit ist eines ganz klar“, sagte Nagel: „Wenn es die Preisstabilität erfordert, muss der EZB-Rat handeln und seinen geldpolitischen Kurs anpassen.“ Inflation habe schließlich nicht nur wirtschaftliche, sondern auch soziale Kosten: „Menschen mit geringem Einkommen werden härter getroffen, weil sie einen größeren Teil ihrer Einkünfte für Konsumzwecke ausgeben.“

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