Trotz des Banken-Bebens : EZB erhöht Leitzinsen kräftig um 0,5 Prozentpunkte
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Zentrale im Frankfurter Ostend: Turm der Europäischen Zentralbank Bild: Frank Röth
Nicht nur in Amerika gibt es erhebliche Unruhe im Bankensektor. Auch die Schweizer Bank Credit Suisse steckt in schwerem Fahrwasser. Trotzdem entscheidet die EZB sich für die sechste Zinserhöhung in Folge.
Die Europäische Zentralbank hält Kurs: Die Notenbank hebt ihre Zinsen wie geplant um 0,5 Prozentpunkte an. Das kann nach den jüngsten Entwicklungen an den Finanzmärkten schon fast als eine kleine Sensation gelten. Der EZB-Einlagenzinssatz, der im Augenblick auch für die Sparzinsen eine wichtige Rolle spielt, wird damit von 2,5 auf 3 Prozent angehoben. Der eigentliche Leitzins steigt auf 3,5 Prozent.
Das ist die sechste Zinserhöhung in Folge. Wie die Notenbank am Donnerstag nach der März-Sitzung des EZB-Rates mitteilte, will sie damit den Kampf gegen die Inflation fortsetzen.
EZB-Präsidentin Christine Lagarde, die ernst, aber gefasst wirkte, erklärte in der Pressekonferenz nach der Ratssitzung mit Blick auf die jüngsten Börsenturbulenzen, dass die Notenbank über wirksame Instrumente verfüge, um zusätzliche Liquidität bereitzustellen und eine Ausweitung der aktuellen Krise zu verhindern. Der europäische Bankensektor sei mit Blick auf Eigenkapital und Liquidität robust aufgestellt. Die EZB stehe aber bereit, notfalls schnell und kreativ zu handeln, wie das in der Coronazeit passiert sei: „Der EZB-Rat beobachtet die aktuellen Marktspannungen genau und ist bereit, so zu reagieren, wie es erforderlich ist, um Preis- und Finanzstabilität im Euroraum zu wahren.“
Auffällig vage blieb Lagarde im weiteren Ausblick für die künftigen Zinserhöhungen. War unlängst bei der Bundesbank noch diskutiert worden, ob nach März nur „weitere Zinserhöhungen“ oder „weitere deutliche Zinserhöhungen“ folgen sollten, so betonte Lagarde jetzt, man werde „datenabhängig“ entscheiden. Und zwar abhängig von den Inflationsprognosen, von der Entwicklung der Kerninflation, das ist die Inflation ohne stark schwankende Preise wie die für Energie und Lebensmittel. Und abhängig von der Transmission. Dahinter verbirgt sich die Frage, wie die Geldpolitik in den verschiedenen Euroländern ankommt. Hier könnten die Finanzturbulenzen eine Rolle spielen.
Lagarde sagte, der EZB-Rat habe die Entscheidung über die Zinserhöhung nahezu in Rekordtempo gefällt. Eine große Mehrheit der Ratsmitglieder sei dafür gewesen; „drei oder vier“ hätten den Vorschlag nicht unterstützt. Ihre Inflationsprognosen setzte die EZB unterdessen nach unten. Jetzt erwartet sie für das laufende Jahr 5,3 statt 6,3 Prozent Inflation. Im nächsten Jahr 2,9 statt 3,4 Prozent. Und im übernächsten Jahr 2,1 statt 2,3 Prozent. Lagarde hob jedoch hervor, dass die neuen Prognosen vor dem Beginn der Finanzmarktturbulenzen erstellt worden seien.
Aus einem Treffen des EZB-Vizepräsidenten Luis de Guindos mit den EU-Finanzministern war unter Berufung auf anonyme Quellen berichtet worden, dieser hätte die Minister gewarnt, dass man nicht ausschließen könne, dass einzelne Banken auch hierzulande wegen ihres Geschäftsmodells gefährdet sein könnten. Auf der EZB-Pressekonferenz war de Guindos sichtlich bemüht, entsprechende Sorgen eher wieder zu zerstreuen.
Manche Ökonomen hatten vor der Sitzung erwartet, dass die Notenbank das Tempo, mit dem sie ihre Anleihebestände reduziert, erhöht. Darauf hat man offenbar zumindest zunächst verzichtet. Auch über einen Einsatz des TPI-Programms, mit dem die Notenbank reagieren kann, wenn Anleiherenditen aus dem Ruder laufen, habe man nicht zu entscheiden gehabt, sagte Lagarde.
Aufkommende Angst vor einer Finanzkrise
Zweifel an der Entschlossenheit der Währungshüter waren in den vergangenen Tagen aufgekommen, nachdem nach dem Untergang der amerikanischen Silicon Valley Bank auch noch die große Schweizer Bank Credit Suisse in Schwierigkeiten geraten war – und mit erheblichen Kursverlusten am Aktienmarkt klarkommen musste. Es tauchte die Frage auf, ob neben anderen Unterstützungen für Banken auch ein Verzicht auf die Zinserhöhung in Europa notwendig sei.