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Schwedisches Fintech : Klarna will Verschuldung von Kunden verhindern

  • -Aktualisiert am

Snoop Dogg wirbt für das schwedische Fintech Klarna. Bild: Klarna

Der schwedische Finanzdienstleister wurde in der Vergangenheit immer wieder dafür kritisiert, jungen Menschen die Schuldenaufnahme zu erleichtern. Mit den neuen Änderungen will das Unternehmen dieses Problem angehen.

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          Sowohl der Rapper Snoop Dogg als auch Pop-Star Lady Gaga haben schon in auffälligen Werbespots für den schwedischen Bezahldienstleister Klarna geworben. Das Unternehmen zählt zu den Fintech-Granden Europas mit einer geschätzten Bewertung von mehr als 45 Milliarden Dollar. Kein anderes nicht an der Börse notierte Unternehmen in Europa ist wertvoller.

          Dabei ist das gehypte Unternehmen mit dem rosa Logo in den vergangenen Jahren mit seinem Erfolg und der dahinterliegenden Idee auch immer wieder in die Kritik geraten. Klarna zählt neben Affirm und Afterpay zu den global größten „Buy Now, Pay Later“-Anbietern, das heißt „heute kaufen und später zahlen“. Das Konzept ist nicht neu, hat aber in den letzten Jahren einen rasante Entwicklung erlebt. Sowohl der Rechnungs- als auch der Ratenkauf zählen zu dem Konzept.

          Dabei wurden immer wieder wurden Warnungen laut, dass sich vor allem junge Menschen über Klarna schneller verschulden könnten, auch weil der effektive Jahreszins für den Ratenkauf mit 14,79 Prozent vergleichsweise hoch ist. Auf der Social-Media-Plattform Tiktok trenden nicht zuletzt Kurzvideos von jungen Klarna-Nutzern, die ihre offenen Forderungen mit dem Hashtag „#Klarnaschulden“ posteten. Von diesem Image – verschuldet, aber hip – versucht sich Klarna aktuell zu lösen und hat einige Produktänderungen verkündet.

          Keine revolvierenden Kredite mehr

          So will Klarna künftig keine revolvierenden Kredite mehr anbieten. Bei diesen Krediten wird zunächst eine Höchstgrenze festgelegt, die nicht überschritten werden darf, ein Enddatum gibt es dagegen in der Regel nicht. Wie viele kleinere oder größere Beträge aufgenommen und zurückgezahlt werden, und wie oft, spielt dabei keine Rolle, solange der Maximalbetrag nicht überschritten wird.

          Zwar bedeutet das höhere Flexibilität, aber auch höhere Zinsen. Das Unternehmen will in der Zukunft alle Kredite mit einem festen Enddatum versehen. Die revolvierenden unbefristeten Kredite wären dann Geschichte.

          Neben dem Ratenkauf war es Klarna-Kunden bisher auch möglich, bestellte Waren bei einem der rund 400.000 Partnerhändler wie H&M oder Nike über Klarna erst 14 Tage ohne weitere Gebühren nach der Bestellung zu bezahlen. Diese Frist des Kaufs auf Rechnung will der schwedische Finanzdienstleister nun auf 30 Tage erweitern. Ein Schritt, den auch schon der US-Konzern Paypal gegangen ist – einer der großen Klarna-Konkurrenten. Den Verbrauchern soll so mehr Zeit gegeben werden, ihre Waren auch sicher zu erhalten, bevor sie die Zahlung tätigen. Auch soll es mit der Funktion „Pay in 3“ die Möglichkeit geben, Einkäufe in drei zinslosen Raten im Abstand von 30 Tagen zu zahlen.

          Kunden, die vergessen, ihre Rechnungen zu zahlen, will das Unternehmen zudem noch häufiger an die Rückzahlung erinnern. So soll es eine zusätzliche Zahlungsfrist von 45 Tagen geben – mit zusätzlichen Mahnungen. Die Nutzer sollen dabei über alle möglichen Kommunikationsmittel erreicht werden: Ob E-Mail, Post, oder Klarna-App.

          Daten öffentlich machen

          Darüber hinaus will das Unternehmen für mehr Transparenz sorgen und auf der sogenannten Wikipink-Website Informationen dazu zur Verfügung stellen, welche Klarna-Produkte am häufigsten verwendet werden, wie der Konzern genau Geld verdient – etwa über die Mahngebühren, wie sich die Nutzung von Klarna auf den SCHUFA-Score der Kunden auswirkt und Statistiken dazu, wer die App überhaupt nutzt. Diese Daten sollen ab Montag öffentlich zur Verfügung stehen.

          So sollen beispielsweise nur 3 Prozent aller deutschen Klarna-Kunden bei Einkäufen die Ratenzahlung nutzen. 49 Prozent zahlten auf Rechnung, die restlichen 48 Prozent begleichen den Betrag sofort. An Inkasso-Unternehmen geht rund 1 Prozent aller Rechnungen. Auch soll der Anteil derjenigen, die eine Mahngebühr erhalten bei den 18 bis 25-Jährigen bei 10,5 Prozent liegen – das sei laut Klarna zumindest das gleiche Niveau wie auch in anderen Altersgruppen.

          Fehler machen und dazulernen

          Ob der plötzliche Sinneswandel daher kommt, dass die Kritik Klarna gegenüber in der Vergangenheit immer lauter wurde? Darauf antwortet Klarna-Gründer und Chef Sebastian Siemiatkowski der F.A.Z., dass das Unternehmen vor 17 Jahren gegründet wurde. Damals sei er 23 Jahre alt gewesen – und man habe ein simples Konzept gehabt. Zu dem Zeitpunkt habe man nicht reflektiert, ob die Produkte gut oder schlecht gewesen seien. Man habe sich an größeren Unternehmen orientiert – und diese hätten es genauso gemacht. Das habe auch eine Weile funktioniert.

          Schon lange im Geschäft: Sebastian Siemiatkowski hat Klarna 2005 gegründet.
          Schon lange im Geschäft: Sebastian Siemiatkowski hat Klarna 2005 gegründet. : Bild: Good Thanks Media

          Man habe sich dann aber schon gefragt: Ist das wirklich gut für den Kunden? Generell sollten Menschen nur mit dem Geld zahlen sollten, das sie auch haben, so der Klarna-Chef. Natürlich hätten viele Kredite einen sinnvollen Zweck – sie müssten aber auch dementsprechend angepasst werden. Kredite sollten so aufgesetzt werden, dass es möglich sei, sie in einer angemessenen Zeit zurückzuzahlen. Das Konzept revolvierender Kredite würden dazu nicht mehr passen. Der Ratenkauf sei ein sehr beliebtes Produkt, und durchaus sinnvoll. Es müsse aber auch eine Verbindung zwischen der Lebensspanne eines Produktes geben und wie lange man es abbezahle, das habe Klarna zu dieser Entscheidung bewogen. Das gehöre auch zum Geschäft dazu: Fehler machen und dazulernen.

          Anteil an Mahngebühren abgenommen

          Auf die Frage, ob sich die Entscheidung der Produktänderungen auf die Einnahmen auswirken, antwortet der Klarna Chef: Definitiv habe das Auswirkungen auf den Umsatz und die Profitabilität. Positive Effekte haben die Produktänderungen dennoch: In Schweden, wo die Änderungen schon seit dem vergangenem Jahr gelten, ging der Anteil der Rechnungen mit Mahngebühren um 61 Prozent zurück.

          Und wer sich für eine Finanzierungsoption entschied, zahlte seine Schulden 20 Prozent schneller ab. Vom Unternehmen heißt es, dass man die Konkurrenz in Deutschland herausfordern wolle, dem Beispiel zu folgen.

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