Bitcoin-Szene : Internet-Alchemie
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Amerikas größte Bank will in das Geschäft einsteigen
In den kommenden Jahren könnte er da viel zu tun haben. Denn die größte amerikanische Bank denkt laut der Agentur Bloomberg darüber nach, ihren Kunden beim Kauf eines vom Bitcoin abgeleiteten Finanzprodukts unter die Arme zu greifen. Es geht um einen von der großen amerikanischen Terminbörse CME anvisierten Future-Kontrakt, mit dem auf steigende oder fallende Bitcoin-Kurse gesetzt werden könnte. Die Börse erwägt, einen solchen Kontrakt noch in diesem Jahr einzuführen. Dimon würde trotzdem nie raten, auf fallende Bitcoin-Preise zu setzen. Ein Widerspruch? Für Dimon nicht. Ein Bitcoin könnte 100.000 Dollar kosten, bevor die Blase platze, und er wisse nicht, wann es so weit sei. Auch Goldman-Sachs-Chef Lloyd Blankfein spricht von einer Bitcoin-Blase. Star-Investor Warren Buffet riet den Leuten, die Finger von Bitcoin zu lassen, da sie nur eine Illusion seien.
Nun könnte man Bankern und Geschäftemachern wie Buffet, Blankfein und Dimon Geschäftsinteressen unterstellen. Doch selbst der linksliberale Wirtschaftsnobelpreisträger Joseph Stiglitz forderte ein Verbot, da die Digitalwährung „keinerlei sinnvolle soziale Funktion erfüllt“. Die Bundesbank warnt vor dem spekulativen Charakter, die Finanzaufsicht Bafin vor einem Totalverlust, ähnlich wie die Europäische Zentralbank. Die chinesische Zentralbank hat den Handel in Yuan verboten. Und die amerikanische Zentralbank Fed mahnt: Bitcoin könne das Finanzsystem destabilisieren.
Setzen auf die Kryptowährung
Aaron Koenig scheint nicht in die Geschichte vom neuesten Finanz-Hype zu passen. Auf seine Internetseite hat er ein Musikvideo gestellt, in dem er die Vorzüge von Blockchain und Bitcoin besingt. „I bet my money on cryptography – No one will ever see my private key“, singt er. Er wette Geld auf die Verschlüsselung, niemand werde seinen persönlichen Schlüssel sehen. Und im Refrain: „Let our love shine like a blockchain – Open, free, permissionless“. Lass die Liebe glänzen wie eine Blockchain, offen, frei, ohne Erlaubnis. Dazu Gitarren wie bei der Glam-Rock-Band T.Rex. Ist das ernst zu nehmen? „Ich bin davon überzeugt, dass digitales Bargeld die Welt verbessern wird, und dazu möchte ich gern meinen Teil beitragen“, sagt er. Seit vielen Jahren beschäftigt er sich damit, hat zwei Bücher über Bitcoin geschrieben, viele Filme gedreht, mit denen er Geld verdient, und sich vernetzt. „Ich habe den Eindruck, dass es nirgendwo so viele brillante und idealistische Menschen gibt wie in der Bitcoin-Szene.“ Nirgends sonst erlebe er so leidenschaftliche Debatten über technische Fragen. Viele Aktivisten träumten von einer Welt, in der Banken und der Staat kleinere Rollen einnehmen. Er sei von den freiheitlichen Ökonomen Friedrich August von Hayek und Ludwig von Mises geprägt.
Der Enthusiasmus der Szene, die sich überall auf der Welt verabredet, ist vergleichbar mit dem der Befürworter eines bedingungslosen Grundeinkommens. Wie dort fokussiert sich in einer zentralen Idee ein gesellschaftliches Heilsversprechen. Ein Instrument werde Fortschritt bringen, so der Glaube. Koenig aber findet, dass Bitcoin-Freunde sich mehr mit wirtschaftlichen Fragen beschäftigt haben. Digitales Geld bedeute „das Ende des staatlichen Geldmonopols, das schon so viel Schaden angerichtet hat“, sagt Koenig.