Mehr von den Jungen lernen
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Zwei finanzielle Welten: Großmutter und Enkel finden als Sparer sehr unterschiedliche Bedingungen vor. Bild: Ostkreuz
Die Generation der Ruheständler stellt die Mehrheit der Wähler. Doch finanzielle Lasten betreffen die Jüngeren. Swiss-Life-Deutschlandchef Jörg Arnold sorgt sich und macht Vorschläge, wie es sich besser gestalten ließe.
Lerne von den Weisen. Dieser Rat ist in unserer Kultur sehr verbreitet. Und mit den Weisen sind meistens die Älteren gemeint. Doch Jörg Arnold, Vorstandsvorsitzender der Swiss Life in Deutschland, dreht diese Relation einfach um. Vor gut einem Jahrzehnt lernte er Pater Martin, Abt des Klosters Einsiedeln, kennen.
In ihrem Gespräch ging es um die Frage, was Manager von Benediktinern lernen können. Im Kloster, so habe Martin ihm erklärt, gehe er für einfache Entscheidungen zu den alten Menschen. Wenn er aber etwas Schwieriges zu entscheiden habe, frage er die Jungen.
Genauso wünsche er es sich für langfristige gesellschaftliche Herausforderungen. Die Jungen beträfen sie stärker als die Alten, deshalb habe ihre Stimme besonderes Gewicht. Als Arnold im vergangenen Jahr mit Vertretern des Bundesjustizministeriums darüber sprach, wie sich die Altersvorsorge verbessern ließe, riet er dazu, mehr Finanzbildung anzubieten.
Gefragt waren aber schnellere Lösungen, habe er gemerkt. „Wir schieben Themen vor uns her, die man angehen muss, aber man lässt es“, sagt er im Gespräch mit der F.A.Z. „Die junge Generation hat keine Stimme in einer vielschichtigen Auseinandersetzung.“
Staat und Haushalte müssen Aufgaben austarieren
Als Anbieter von Lebensversicherungen und Finanzberatung sei Generationengerechtigkeit ein wichtiges Thema. Es gehe darum, die Aufgaben von Staat und Privathaushalten besser auszutarieren. Durch private Beziehungen beschäftige er sich viel mit der Altersvorsorge in Schweden. Obwohl dort eine Aktienrente in der gesetzlichen Säule der Altersvorsorge verankert ist, liefere diese verpflichtende erste Säule gerade einmal 55 Prozent der Alterseinkünfte. In Deutschland dagegen stammten mehr als 70 Prozent aus der ersten Säule. Dieses System lasse sich stabiler aufbauen.
Als Finanzdienstleister mit durchschnittlich jungem Publikum befragt die Swiss Life regelmäßig die Kunden nach ihren Präferenzen. Die jüngere Generation sei bereit, finanzielle Themen anders zu behandeln als die ältere.
Hier scheint sich das Gespräch mit dem Benediktiner Pater Martin bewährt zu haben. „Nach Gesundheit und Reisen war der am weitesten verbreitete Traum in der letzten Befragung mit 35 Prozent Selbstbestimmung. Das schließt finanzielle Selbstbestimmung ein“, sagt Arnold. Die zuletzt deutlich erstarkte Aktienkultur der Jüngeren passe zu diesem Wertewandel.
Die drei Säulen sind trag-, aber ausbaufähig
Dabei gebe es aus Sicht des Swiss-Life-Managers in jeder der drei Säulen (gesetzlich, betrieblich, privat) der Altersvorsorge gute Elemente. So zeige sich in Gesprächen mit Gewerkschaften, dass diese die Logik der Betriebspensionen ohne Zinsgarantie nach dem Sozialpartnermodell durchaus verstehen und gutheißen. „Die Gewerkschaften erlebe ich als bereit. Viele Politiker erlebe ich nicht so“, kritisiert er. Sie verschleppten nötige Reformen und verschöben damit finanzielle Lasten in die Zukunft und damit auf die jüngere Generation.
„Themen, die einen langen Atem verlangen, haben bei uns deutlich zu wenig Priorität“, sagt er. Wenn es um Staatsschulden, die öffentliche Infrastruktur, die Klimawende und die Digitalisierung gehe, werde wegen aktuell drängender erscheinender politischer Probleme nicht früh genug gehandelt. „Wir müssen das langfristige Vorsorgethema angehen und brauchen eine gute Arbeitsteilung zwischen Staat und Privat“, sagt er.
Sparen mit staatlicher Förderung sei richtig
Gemeinsam mit den anderen Lebensversicherern stehe er bereit, in der privaten Säule gute Lösungen anzubieten. Doch die Garantiepflicht in der geförderten Riester-Rente verhindere Geldanlagen mit attraktiven Renditen, weil zu viel Geld für die Absicherung der Garantien benötigt werde. Doch der Grundgedanke des Sparens mit staatlicher Förderung sei richtig. „Wenn Menschen ständig in der Zeitung lesen, dass das System nicht adäquat ist und nichts bringt, ist das die falsche Botschaft“, sagt er.
Die Gesellschaft müsse verstehen, dass die schwache Performance von Riester-Anbietern vor allem damit zu tun hat, dass durch die staatlichen Regeln zu wenig in Aktien angelegt werden konnte. „Wir müssen weg von der Bruttobeitragsgarantie hin zur Sachwertorientierung“, fordert er. Auch Versicherer hätten mit hohen Kostenbelastungen zur negativen Reputation beigetragen.
„Junge Leute brauchen eine institutionalisierte Stimme, um das umzusetzen, was Pater Martin im Kloster macht“, findet Arnold. Bessere Finanzbildung sei wichtig und falle nicht vom Himmel. Zu wenig werde über die Folgen verschleppter Reformen geredet und aus Fehlern gelernt. Und Investoren müssten wieder die Rolle übernehmen, zur Erneuerung der Infrastruktur beizutragen.