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Nach Pleite von FTX : Die naiven Krypto-Kunden

  • -Aktualisiert am

Ex-FTX-Chef, Ex-Milliardär Bankman-Fried: Opfer, Dilettant, Betrüger, Fliegenfänger? Bild: via REUTERS

Was Betrug und was schlechtes Management war, wissen wir noch nicht, beides mag bei der FTX-Pleite eine Rolle gespielt haben. Dass es so weit kam, liegt aber auch an der Anlegermentalität.

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          Hat „SBF“, Chef der Kryptobörse FTX, Anleger geprellt? Hat „CZ“, Chef der Kryptobörse Binance, sich auf Kosten der Anleger eines missliebigen Konkurrenten entledigt? Oder war das Managament des Unternehmens FTX einfach nur genauso hemdsärmelig wie das Auftreten von „SBF“ und war es damit schlecht geführt? Fragen, auf die man vielleicht irgendwann, vielleicht aber auch nie eine Antwort erhalten wird. Vielleicht stimmt ja auch alles drei: ein schlecht geführtes Unternehmen, dessen Geschäftsgebaren nicht ganz sauber ist (wobei oft genug das eine das andere bedingt) und das in einer Notsituation von einem Konkurrenten über die Klippe geschubst wird.

          Und wie immer fragt man sich: Wie konnte es so weit kommen? Hat denn keiner gemerkt, dass hier etwas im Argen liegen könnte? Hätte man. FTX bot eine Fülle von Produkten an: Kryptohandel, Kryptohandel auf Kredit, Kryptohandel auf Termin, Aktien in kleinen Häppchen, aber auch einiges an Zinsprodukten. Denn wie jeder der mal mit Recht und mal mit weniger Recht gescholtenen und als anrüchig betrachteten Leerverkäufer von Aktien konnten sich die einen Nutzer auf FTX von den anderen sozusagen alles leihen, was geliehen werden konnte. Wer seine Aktien(-bruchstücke) verlieh, dem wurden dafür, aufs Jahr gerechnet, teilweise 20 Prozent Zinsen (p.a.) in Aussicht gestellt. Und mit seinem „Earn“-Programm bot FTX 5 bis 8 Prozent Zinsen nur dafür, dass Nutzer ihre Vermögenswerte – und das heißt nicht nur Kryptowerte, sondern auch ganz normale Dollar – dort deponierten, jederzeit verfügbar.

          Gab es das nicht schon einmal? Richtig! Wer bis Mai den Stablecoin Terra verlieh, bekam dank des sogenannten „Anchor-Protokolls“ einen jährlichen Ertrag von rund 20 Prozent garantiert. Bekannt ist, dass auch diese Geschichte nicht gut ausging. Die Lehre lautet einmal mehr: Wenn etwas zu schön sei, um wahr zu sein, ist es das in der Regel auch nicht. Wenn amerikanische Banken auf Sparzertifikate mit einem Monat Kündigungsfrist aktuell aufs Jahr gerechnet nicht mehr als 0,5 Prozent Zinsen zahlen, wie hoch muss dann das Risiko sein, wenn man (täglich verfügbar!) 8 Prozent erhält?

          Aber: Krypto ist das neue Wetten, sagte kürzlich ein Kenner der Szene. Viele Krypto-Fans sind eben hart im Nehmen – wie gewonnen, so zerronnen. Hört man sich so manches ältere Influencer-Video auf Youtube an und mit welcher Begeisterung dort Namen wie Celsius, Voyager oder eben auch FTX als tolle Verdienstmöglichkeiten empfohlen werden, fragt man sich schon, bei wem als Nächstes alles futsch ist. Und ob am Ende nicht auch die ganze Szene gefährdet ist.

          Schade nur für die, die das Geschäft ernsthaft betreiben. Jene sind im Lärm der Lockangebote halbseidener oder auch nur schlechter Unternehmer nicht nur weniger gut zu hören, sie haben auch die weniger einfache und wohlklingende Botschaft. Mit Speck fängt man Mäuse und mit Kryptospeck die Mäuse der Kryptofans, die diese bereitwillig dem nächsten Marktschreier hinterherwerfen.

          Martin Hock
          Redakteur in der Wirtschaft.

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