Devisenmarkt : Neue Tiefs sind beim rumänischen Leu nicht vom Tisch
- Aktualisiert am
Bild: Tai-Pan
Auf tiefem Niveau hat sich der rumänische Leu zum Euro zwar stabilisiert. Nachdem die Notenbank überraschend die Zinsen gesenkt hat, sind aber neue Rekordtiefs möglich.
Mit einer Überraschung wartete am Mittwoch die Notenbank auf. Denn die da getroffene Entscheidung, die Leitzinsen erstmals seit anderthalb Jahren um 25 Basispunkte zu senken, kam für die meisten Marktteilnehmer unerwartet. Wie die meisten anderen Volkswirte hatte etwa die Experten der WGZ Bank mit einem unveränderten Leitzinssatz von 6,25 Prozent gerechnet.
Begründet wurde der Schritt von den Verantwortlichen mit dem Ziel, die Kreditvergabe der Banken und die schleppende Wirtschaftserholung anzukurbeln. Das ist auch bitter nötig, rechnen die Analysten von Raiffeisen Research doch für 2011 nur mit einem realen Wirtschaftswachstum von 1,5 Prozent. Und auch 2012 soll die Zuwachsrate mit 1,8 Prozent lediglich moderat ausfallen.
Aber obwohl der Zinsbeschluss die Mehrheit der Marktteilnehmer auf dem falschen Fuß erwischte, fiel die Reaktion an den Finanzmärkten relativ gelassen aus. Der Leu reagierte jedenfalls kaum auf die Entscheidung. Auch am Freitag bewegt sich die rumänische Landeswährung zum Euro mit 4,3420 Leu auf einem Niveau, das bereits seit Anfang Oktober Gültigkeit hat.
Analysten sehen Leu-Kurs weiter in einer engen Spanne
Die seitdem seitwärts tendierenden Notierungen stellen aber lediglich eine Stabilisierung auf einem tiefen Niveau dar. Denn in den Monaten zuvor hatte sich der Kurs ausgehend von einem Ende April zugunsten der rumänischen Währung erreichten Jahreshoch von 4,0680 Leu kontinuierlich abgeschwächt.
Und wie es nach Abschluss der momentan laufenden Konsolidierung mit der Notiz weitergehen wird, lässt sich aktuell noch nicht mit Sicherheit sagen. Bei der Nordea Bank hat die zuständige Analystin Elisabeth Andreew ihr kurzfristiges Kursziel zwar leicht von 4,25 auf 4,35 Leu angepasst. Aber das ebenfalls leicht von 4,10 auf 4,25 Leu korrigierte langfristige Kursziel signalisiert, dass sie unter dem Strich nicht mit allzu viel Bewegung rechnet.
Bei Raiffeisen Research wird der Kurs im ersten Halbjahr 2012 bei etwas höheren 4,35 Leu gesehen, doch auch diese Vorhersage beinhaltet kaum Volatilität. Es wird sich aber erst noch zeigen müssen, ob der Leu bereits wirklich aus dem Schneider ist. Viel wird letztlich davon abhängen, wie es mit der Stimmung und der Risikobereitschaft in der internationalen Anlegerschaft weiter gehen wird. Denn diese war zuletzt maßgeblich richtungsweisend für die Kursentwicklung.
Bleibt die Risikoaversion hoch, könnte dies auch der rumänischen Währung erneut zusetzen. Denn im volkswirtschaftlichen Datenkranz gibt es Schwachstellen, auf denen die Investoren am Devisenmarkt in Krisenzeiten gerne herum hacken. Neben der fehlenden konjunkturellen Dynamik ist da vor allem das strukturelle Defizit in der Handels- und Leistungsbilanz (Raiffeisen Research prognostiziert für 2011 ein Minus von 4,5 Prozent gemessen am Bruttoinlandsprodukt) zu nennen. In diesem Jahr fiel das Stopfen dieser Lücken zwar relativ einfach, doch das Umfeld könnte sich bei einer nochmaligen Verschärfung der europäischen Schuldenkrise auch noch einmal eintrüben.
Volkswirte rechnen mit weiteren Zinssenkungen
Abzuwarten bleibt auch, wie es die Anleger aufnehmen werden, wenn die Volkswirte mit ihrer Prognose von weiter fallenden Leitzinsen Recht behalten sollten. So rechnen die Erste Bank und die Raiffeisenbank unisono bis Mitte 2012 mit einer weiteren Rücknahme des bereits jetzt rekordtiefen Leitzinses auf 5,5 Prozent. Die Europäische Zentralbank, die bekanntlich ebenfalls gerade erst ihre Zinsen gesenkt hat, dürfte bis dahin zwar auch eine expansive Geldpolitik fahren, der Leu wird aber erst beweisen müssen, wie er mit tieferen Zinsen zurechtkommen wird. Eine Bürde stellen zudem die früher nicht selten auf ausländische Währungen ausgestellten Kredite dar.
Positiv hervorzuheben sind aber immerhin die an der Inflationsfront erzielten Fortschritte. Im September schwächte sich die Teuerung von 4,25 Prozent im August auf 3,45 Prozent ab. Das entsprach dem tiefsten Stand seit dem Ende des Kommunismus und erstmals seit fünf Jahren wird nun sogar ein Rückfall in das von der Notenbank vorgegebene Inflationsziel von 3 Prozent für möglich gehalten.
Ein Schritt in die richtige Richtung war sicherlich auch der von der Regierung auf den Weg gebrachte Sparhaushalt. Dieser sieht für das kommende Jahr eine Senkung des Defizits unter die Maastricht-Grenze von drei Prozent vor. Außerdem bekräftigten Ministerpräsident Emil Boc und Nationalbankchef Mugur Isarescu erst jüngst wieder ihren Plan, bis 2015 der europäischen Währungsunion beitreten zu wollen.
Charttechnisch gesehen steckt der Leu zum Euro wie bereits erwähnt momentan in einer Seitwärtsbewegung fest. Kommt es daraus irgendwann zu einem Ausbruch, ist der Weg nach oben für den Leu mit etlichen Widerständen bestückt. Nach unten gibt es im Falle von einem Bruch des Jahrestiefs bei 4,3577 Leu dagegen mit dem im Juni 2010 aufgestellten Rekordhoch von 4,3929 Leu zugunsten des Euro nur noch eine wesentliche Stütze. Und ein Test dieser Marke kann angesichts des skizzierten Umfeldes aktuell noch nicht völlig von der Agenda gestrichen werden.